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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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ist märchenhaft. Madame de Montespan ist eine strahlende Schönheit, die sämtliche Botschafter zur Bewunderung hinreißt. Sie besitzt Geist, ausgesuchte Höflichkeit und eine ganz persönliche, ungemein reizvolle Ausdrucksweise. Alle Menschen, die in ihrem Dienst stehen, machen sie sich zu eigen. Man erkennt sie daran. Sie will nur von der Leibgarde eskortiert ausgehen.
Als ich dort war, trug die Marschallin de Noailles ihre Schleppe. Die der Königin wurde von einem einfachen Pagen getragen. Sie verfügt über eine Flucht von zwanzig Räumen im ersten Geschoss. Die Königin hat nur elf Räume im zweiten…«
    Angélique sah nachdenklich auf. Verfolgte die Marquise de Sévigné etwa eine heimliche Absicht, indem sie ihr den Glanz und die Herrlichkeit der Montespan beschrieb? Diese bezaubernde, gütige und duldsame Frau hatte die schöne Athénaïs stets sehr streng beurteilt. Sie bewunderte sie, ohne Sympathie für sie zu empfinden. »Seht Euch vor«, hatte sie Angélique wiederholt gewarnt. »Athénaïs ist eine Mortemart. Schön wie das Meer, aber ebenso wild. Sie wird Euch verschlingen, wenn Ihr ihr in die Quere kommt!«
Es war etwas Wahres daran. Angélique hatte es am eigenen Leibe erfahren. Weshalb war es dann Madame de Sévigné so sehr darum zu tun, sie von Athénaïs’ Triumph zu überzeugen? Hoffte sie, sie werde sich in ihrem Stolz getroffen fühlen, nach Versailles zurückkehren und um einen Platz kämpfen, auf den sie keinen Wert legte? Madame de Montespan war die Favoritin. Nur für sie hatte der König Augen. Nun, so stand ja alles zum besten…
Es klopfte leise, und Barbe erschien mit dem kleinen Charles-Henri an der Hand.
»Unser braver Cherubim möchte gern seiner Mama guten Tag sagen.«
Angélique streifte das Kind mit einem lächelnden Blick.
»Gewiss«, sagte sie zerstreut. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Nichts regte sich im Park, von dessen vergilbenden Baumkronen das letzte Sonnenlicht gewichen war.
»Kann er hier ein bisschen spielen?« fuhr Barbe fort.
»Es macht ihm so viel Freude! Aber es ist ganz hübsch kalt im Zimmer. Madame hat das Feuer herunterbrennen lassen.«
»Leg ein paar Scheite auf.«
Der Knabe blieb an der Tür stehen. Er hielt einen Stock in der winzigen Faust, an dem vier Windmühlenflügel befestigt waren. Sein langes Samtkleidchen war vom gleichen Blau wie das seiner großen Augen. Ein blauer, mit weißen Federn besetzter Samthut saß auf seinen glänzenden, goldblonden Locken, die über seinen Kragen fielen. Angélique lächelte ihm geistesabwesend zu. Es machte ihr Freude, ihn prächtig herauszuputzen, denn er sah wirklich reizend aus. Doch wozu dieser Aufwand, hier, wo niemand ihn bewundern konnte?
»Ich kann den Kleinen also hierlassen, Madame?« beharrte Barbe.
»Nicht doch. Ich habe keine Zeit. Ich muss an Madame de Sévigné schreiben. Ihr Bote reitet morgen zurück.«
Mit vorwurfsvollem Blick griff Barbe seufzend wieder nach der Hand ihres Schützlings, der sich fügsam hinausführen ließ. Allein geblieben, schnitt Angélique eine Feder zu, aber sie beeilte sich nicht mit dem Schreiben. Sie wollte vor allem nachdenken. Eine innere Stimme, gegen die es kein Nicht-hören-Wollen gab, sagte ihr immer wieder: Versailles wartet auf dich.
War es wirklich so? Vielleicht vergaß Versailles sie, und das war es ja, was sie gewollt hatte. Doch ihr unausgefülltes Dasein bedrückte sie schwerer als sonst.
Ein Diener erschien und fragte, ob Madame ihr Abendessen in ihrem Zimmer oder im Speisesaal einzunehmen wünsche. In ihrem Zimmer natürlich! Drunten war es eisig kalt, und es grauste ihr davor, sich allein an der langen, mit Silber beladenen Banketttafel niederlassen zu müssen.
Als sie dann am Kamin saß, vor sich auf einem Nipptisch kleine vergoldete Schüsseln, denen köstliche Düfte entstiegen, wurde sie sich plötzlich bewusst, dass sie auf dem besten Wege war, eine verblühende adlige Witwe zu werden.
Kein Mann war neben ihr, der nachsichtig über ihre kindische Naschhaftigkeit lachte, der ihre Hände bewunderte, die sie heute vormittag zwei Stunden lang mit Seerosenessenz und Lotwurzcreme eingerieben und gebleicht hatte. Der ihr Komplimente über ihre Frisur machte.
Angélique lief zu ihrem Spiegel, musterte sich lange und aufmerksam und fand sich vollendet schön. Sie seufzte bekümmert.
    Am nächsten Morgen fuhr eine staubbedeckte Kutsche vor. Monsieur und Madame de Roquelaure, die nach ihren Besitzungen im Armagnac reisten, hatten einen kleinen Umweg

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