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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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sich aufwärmen und stärken konnte, begab sie sich wieder hinauf und setzte sich, das Schreiben beglückt von allen Seiten betrachtend, vor den Kamin. Wenn es auch nur der Brief einer Freundin war – Angélique empfand ihn als willkommene Ablenkung.
Der Herbst war nahezu vorüber. Der Winter stand bevor, und der Winter war, weiß Gott, trübselig auf Plessis. Das hübsche Renaissanceschloss, dazu geschaffen, ländlichen Festen als Rahmen zu dienen, wirkte vor dem Hintergrund des entlaubten Waldes von Nieul wie erstarrt. Wenn es dunkelte, drang zuweilen das Geheul der Wölfe in den Park herüber, und Angélique fürchtete sich vor der Wiederkehr jener grausigen Abende, die sie im vergangenen Jahr nach dem Tode ihres Gatten fast an den Rand des Wahnsinns gebracht hatten.
Der Frühling hatte ihren Schmerz ein wenig gelindert. Sie war zu Pferde über die Felder gestreift. Doch allmählich hatte das eintönige Landleben ihr Gemüt aufs neue verdüstert. Der Krieg lastete schwer auf den Bauern. Die streitbaren Bewohner des Poitou drohten wieder einmal, die Steuereintreiber in den Fluss zu werfen, und es kam zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen katholischen und protestantischen Dörfern. All dessen überdrüssig geworden, weigerte sich Angélique, den auf sie einstürmenden Klagen ihr Ohr zu leihen. Sie zog sich immer mehr von den Menschen zurück.
Der nächste Nachbar war der Verwalter Molines.
Ein Stück weiter lag Monteloup, wo ihr Vater zwischen der Amme und Tante Marthe langsam dem Grabe entgegenging. Und kein anderer Besuch war zu erwarten als der Monsieur du Croissecs, eines grobschlächtigen Landjunkers, der ihr beharrlich den Hof machte und den loszuwerden sie sich vergeblich bemühte.
Ungeduldig erbrach sie das Siegel und begann zu lesen.
»Meine Teuerste«, schrieb die Marquise, »ich komme zu Euch mit einem Gemisch aus Vorwürfen und Herzlichkeiten, aus dem Ihr herauspicken mögt, was Euch beliebt, um am Ende, wie ich hoffen will, zu erkennen, wie sehr mein Interesse Euch noch immer gilt. Ihr habt mich in den letzten Monaten schmählich vernachlässigt. Zurückgezogen von der Welt lebend, gewährt Ihr Euren Freundinnen nicht einmal den Trost, Euch in der schweren Zeit, die Ihr durchmacht, zu stärken. Über Eure Flucht ist Ninon ebenso betrübt wie ich. Ich, die ich nach dem Verzicht auf die Liebe mein Herz mit freundschaftlichen Gefühlen angefüllt habe, sehe mich, da meine Freundschaft verschmäht wird, meines einzigen Gutes beraubt.
Genug der Vorwürfe. Ich fahre in diesem Ton nicht fort, weil ich Euch zu sehr liebe – wie es übrigens auch andere tun, die keineswegs alle männlichen Geschlechts sind. Denn dank Eures Charmes, Eures schlichten Wesens findet Ihr selbst vor denen Gnade, die Euch als Rivalin betrachten könnten. Man vermisst Euch. Die Mode zögert und ist unsicher, weil Euer guter Geschmack nicht seine Zustimmung erteilt hat. Daher wendet man sich an Madame de Montespan, die ebensoviel Geschmack hat wie Ihr und die Euch nicht vermisst. Endlich herrscht sie allein und kann ihren Triumph zur Schau tragen, ohne sich Hemmungen auferlegen zu müssen. Um so weniger, als ihr Gatte nun den Lohn für seine üblen Späße empfangen hat. Der König hat ihm fünftausend Livres in die Hand gedrückt und ihm befohlen, sich ins Roussillon zu verfügen und einstweilen nicht mehr von der Stelle zu rühren. Ob er das letztere befolgen wird, steht dahin. Im Augenblick ist er jedenfalls dort. Was Madame de Montespan betrifft, so ist sie schöner denn je, und der König hat nur Augen für sie. Die arme La Vallière ist nur noch ein Schatten, dazu verurteilt, zwischen den Lebenden herumzuirren. Der König war des sentimentalen Romans, der sanften Tränen überdrüssig. Er wollte eine Mätresse haben, die ihm Ehre macht, eine, die anspruchsvoller, härter ist. Hart, das wird sie wohl sein. Alle Welt wird an ihr zerschellen. Ich sehe am Hof keine Frau, die ihr gleichkäme und sie in ihrem Spiel übertrumpfen könnte. Ich meine: im Augenblick, denn Ihr seid ja nicht da. Das weiß sie auch. Sie nennt Euch, wenn sie von Euch spricht, ›diese armselige Kreatur‹…«
Außer sich vor Zorn hielt Angélique inne, las jedoch weiter, da niemand zur Hand war, demgegenüber sie ihrer Entrüstung hätte Luft machen können.
    »Dank ihren Anregungen wird Versailles zu einem wahren Wunderwerk. Ich war vergangenen Montag dort und konnte mich an all den Herrlichkeiten nicht satt sehen. Alles ist himmlisch möbliert, alles

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