Angelique und der Koenig
empfindlich, scheu und vertrage Zutraulichkeiten ihm fremder Menschen absolut nicht. Der Mönch übersetzte. Lächelnd murmelte der Perser ein paar Worte ins Ohr der Stute, dann legte er beide Hände auf ihre Nüstern. Ceres zuckte zusammen, ließ sich jedoch ohne Widerstreben das Maul öffnen und das Gebiss untersuchen, ja sie leckte die braune, von Ringen glitzernde Hand, die sie hinterher streichelte.
Angélique war es, als sei sie von einer Freundin verraten worden. Sie vergaß darüber das Rad und den ächzenden armen Teufel auf dem Schafott. Sie selbst war es, die sich als höchst empfindlich erwiesen hatte, und sie schämte sich ihres Verhaltens, als der Perser die Hände über seinem goldenen Dolch kreuzte und sich mit dem Ausdruck tiefen Respektes mehrmals verneigte.
»Seine Exzellenz sagt, dies sei das erste dieses Namens würdige Pferd, das er seit seiner Landung in Marseille erblicke. Er fragt, ob der König von Frankreich viele dieser Art besitze.«
»Ganze Ställe voll«, versicherte sie ungeniert.
Der Bey zog die Stirn kraus und sprach schnell und zornig auf den Geistlichen ein.
»Seine Exzellenz ist befremdet, dass man es in diesem Falle nicht für angebracht gehalten hat, ihm einige davon als ein seines Ranges würdiges Geschenk zu schicken. Der Marquis de Torcy hat ihm seine Aufwartung gemacht und ist samt den Pferden wieder abgezogen... unter dem Vorwand, Seine Exzellenz der Botschafter des Schahs von Persien wolle ihm nicht… sofort... nach Paris... folgen... und er sagt…«
Die Zungenfertigkeit des Persers wuchs im gleichen Maße wie seine Wut, und sein Dolmetscher hatte alle Mühe nachzukommen.
»…und er sagt, dass er noch keine seines Ranges würdige Frau zu sehen bekommen habe... dass man ihm keine zum Geschenk gemacht habe... dass diejenigen, die er sich habe kommen lassen, nicht einmal einem ›Cunbal‹, einem Lastträger aus den Basaren, zugesagt hätten und dass sie widerlich schmutzig gewesen seien... Er fragt, ob Euer Erscheinen endlich ein Zeichen sei, dass Seine Majestät der König von Frankreich... sich entschließe, ihn mit den Ehrungen zu bedenken, die ihm zukämen?«
Angélique sah ihn verblüfft an.
»Ihr stellt mir recht merkwürdige Fragen, mein Vater«, sagte sie.
Ein leises Lächeln hellte das Antlitz des Jesuiten auf. Trotz seiner strengen Züge schien er noch jung, aber seine krankhafte Gesichtsfarbe zeugte von einem langen Aufenthalt im Nahen Orient.
»Ich begreife durchaus, Madame, wie peinlich es Euch berühren muss, solche Worte aus meinem Munde zu hören. Wollet indessen bedenken, dass ich seit fünfzehn Jahren dem Hof des Schahs von Persien als Dolmetscher angehöre und dass es meine Pflicht ist, die Gespräche so wortgetreu wie möglich zu übersetzen.«
In leicht humorigem Ton fügte er hinzu:
»Im Verlauf von fünfzehn Jahren habe ich Gelegenheit gehabt, gar manche ähnlicher Art mit anzuhören… und wiederzugeben. Aber ich bitte Euch, antwortet Seiner Exzellenz.«
Angélique zögerte.
»Ich bin in größter Verlegenheit«, sagte sie schließlich. »Ich komme nicht als Abgesandte. Ehrlich gesagt, ich komme sogar ohne des Königs Wissen, der, soviel ich weiß, kein sonderliches Interesse an dieser persischen Botschaft hat.«
Das Gesicht des Jesuiten erstarrte, und seine gelben Augen bekamen einen eisigen Ausdruck.
»Das ist eine Katastrophe«, murmelte er. Er fand es sichtlich schwierig, ihre Antwort zu übersetzen. Glücklicherweise wurde Soliman Bachtiaris Aufmerksamkeit durch das immer jammervoller werdende Geschrei des Delinquenten abgelenkt. Während der Unterhaltung hatte der Scharfrichter sein Werk vollendet und den Verurteilten am Wagenrad festgebunden. Gerade war es mit seiner erbarmungswürdigen Last aufgerichtet worden. Stundenlang würde der Unglückliche im eisigen Wind nun mit dem Tod ringen, von Krähen umschwärmt, die sich bereits auf den benachbarten Bäumen versammelten.
Der Perser stieß einen Ausruf des Unwillens aus und erging sich aufs neue in ärgerlichen Reden.
»Seine Exzellenz beklagt sich, dass ihm das Ende der Hinrichtung entgangen ist«, sagte der Jesuit, zu Monsieur de Jarnoux gewandt.
»Ich bedaure sehr, aber Seine Exzellenz unterhielt sich mit Madame.«
»Es hätte sich geziemt, die Hinrichtung so lange zu unterbrechen.«
»Ich lasse ihn um Entschuldigung bitten, mein Vater... Sagt ihm, dass das in Frankreich nicht üblich sei.«
»Kümmerliche Entschuldigung!« seufzte der Pater. Er bemühte sich indessen, den Zorn seines
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