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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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gefasst machen, in Ungnade zu fallen.
»Was ist?« beharrte der König. »Ihr scheint Euch gefährlichen Überlegungen hinzugeben? Ich hoffe, Ihr tut mir nicht den Schimpf an, den Auftrag abzulehnen, den ich Euch soeben erteilte.«
»Nein, Sire, nein. Läge das in meiner Absicht, hätte ich Euch nicht angehört. Hält mich Euer Majestät der Illoyalität fähig?«
»Ich traue Euch alles zu«, antwortete der König düster. »Ihr gedenkt mich also nicht im Stich zu lassen?«
»Gewiss nicht.«
»Was ist Euch also? Warum schaut Ihr plötzlich so merkwürdig drein?«
»Mir ist kalt.«
Der König warf ihr einen verwunderten Blick zu.
»Kalt?«
»Das Feuer ist erloschen, Sire. Wir befinden uns mitten im Winter, und es ist zwei Uhr früh.«
Ludwigs Gesicht drückte belustigtes Erstaunen aus.
»Hinter Eurer Stärke verbirgt sich also Empfindlichkeit? Ich bin es nicht gewohnt, dass sich jemand in dieser Hinsicht beklagt.«
»Man getraut sich nicht, Sire. Man fürchtet zu sehr, Euer Missfallen zu erregen.«
»Ihr hingegen…«
»Ich fürchte es ebenfalls. Aber noch mehr fürchte ich mich davor, krank zu werden. Wie könnte ich dann die Befehle Eurer Majestät ausführen?«
Der König sah sie versonnen lächelnd an, und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass dieses stolze Herz einer unvermuteten Empfindung fähig war: der Zärtlichkeit.
»Schön«, sagte er in entschlossenem Ton, »ich möchte mich noch eine Weile mit Euch unterhalten, aber ich will nicht, dass Ihr Schaden an Eurer Gesundheit nehmt.«
Er knöpfte seinen Leibrock aus dickem braunem Samt auf, zog ihn aus und legte ihn um ihre Schultern. Sie spürte, wie die Ausströmungen seiner männlichen Körperwärme sie einhüllten, vermengt mit jenem leichten, durchdringenden Irisparfüm, das der Monarch bevorzugte und das ihr seine verwunderliche und beklemmende Gegenwart zu Bewusstsein brachte. Es bereitete ihr ein geradezu sinnliches Vergnügen, die mit goldenen Borten besetzten Aufschläge des weiten Kleidungsstücks über der Brust zusammenzuziehen. Für eine Weile schloss sie die Augen. Als sie sie wieder aufschlug, sah sie den König vor dem Kamin knien. Er schichtete Holzscheite auf und stocherte in der Glut, um das Feuer aufleben zu lassen.
»Bontemps gönnt sich ein wenig Ruhe«, meinte er, wie um sich seiner unangemessenen Haltung wegen zu entschuldigen, »und ich möchte, was unsere Unterredung betrifft, keinen anderen ins Vertrauen ziehen.«
Er richtete sich wieder auf und rieb sich die Spuren der Arbeit von den Händen. Angélique erschien er wie ein Fremder, der in diesem Augenblick im Raum aufgetaucht war. In Hemdsärmeln, mit seiner langen, bestickten Weste, deren Schnitt seinen kräftigen Oberkörper erkennen ließ, wirkte er wie ein junger Bürgersmann. Wie ein umgänglicher, ein wenig schüchterner Jüngling, der in seiner Kindheit gar manches Mal Not erlitten, der das harte Lagerleben kennengelernt hatte, aber auch die Flucht auf bodenlosen Landstraßen, die zerfallenden Schlösser, in denen 1649 der flüchtende Hof auf Strohschütten kampiert hatte. War es damals gewesen, dass der kleine König mit den durchlöcherten Schuhen gelernt hatte, Feuer zu machen, um sich aufzuwärmen?
Angélique betrachtete ihn jetzt mit anderen Augen. Er merkte es und lächelte sie an.
»Für ein paar Nachtstunden wollen wir die Regeln der Etikette beiseite lassen. Das Los der Könige ist hart, weil sie der Menschheit aller Jahrhunderte über ihr Tun und Lassen Rechenschaft schulden. Die Etikette ist für sie, für ihre Umgebung und für diejenigen, die auf sie blicken, eine notwendige Geißel, die sie davor bewahrt zu straucheln und es ihnen ermöglicht, in jedem Augenblick dem Bilde zu entsprechen, das man sich von ihnen macht. Aber die Nacht ist eine ebenso notwendige Zuflucht. In ihr finde ich zuweilen beglückt zu meinem eigentliche Gesicht zurück«, schloss er, indem er die Hände an seine Schläfen legte.
»Ist dies das Gesicht, das er seinen Mätressen zeigt?« fragte sich Angélique. Und plötzlich drängte sich ihr der Gedanke auf, dass Madame de Montespan dessen nicht würdig sei.
»In der Nacht werde ich wieder Mensch«, fuhr der König fort. »Ich liebe es, mich in dieses Kabinett zurückzuziehen, um in der Stille zu arbeiten, zu sinnen, müßig zu sein, mit neuen Hunden zu schwatzen, ohne dass jede meiner Äußerungen sorgfältig registriert wird.«
Seine Hand streichelte den edlen Kopf des Windspiels, das sich an ihn drängte.
»In der Nacht kann ich

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