Angelique und der Koenig
und ihnen das Paradies geschenkt.«
Bachtiari Bey war verdutzt und musste lachen.
»Kleine Firuze... Kleiner Türkis... Alles, was über Eure Lippen kommt, ist überraschend und lebendig wie die Blüte des Schneeglöckchens in der Einöde am Fuße des Kaukasus. Ihr werdet mich am Ende noch lehren, die Frauen des Abendlandes zu lieben… Der Mann soll viel reden, habt Ihr gesagt... Reden und seine Geliebte besingen... Aber danach? Wann kommt die Stunde des Schweigens? Wann die Stunde der Seufzer?«
»Wenn es der Frau beliebt!«
Der Perser fuhr zornig auf.
»Das ist verkehrt!« sagte er hart. »Eine solche Demütigung kann man einem Manne nicht zufügen… Die Franzosen sind tapfere Krieger…«
»Im Kampf der Liebe müssen sie sich beugen.«
»Das ist verkehrt«, wiederholte er. »Die Frau hat sich ihrem Gebieter bedingungslos zu unterwerfen.«
Mit einem geschmeidigen Satz war er neben ihr, und im nächsten Augenblick fand sie sich auf den weichen Kissen ausgestreckt, die sie mit ihren durchdringenden Düften umgaben. Bachtiari Bey neigte sich mit einem grausamen Lächeln über sie. Angélique stemmte sich gegen seine Schultern, um ihn zurückzustoßen. Die Berührung mit seinem braunen, kraftvollen Körper ließ sie erschauern.
»Die Stunde ist noch nicht gekommen«, sagte sie.
»Nehmt Euch in acht. Für die geringste Unbotmäßigkeit verdient die Frau den Tod.«
»Ihr habt nicht das Recht, mich zu töten. Ich gehöre dem König von Frankreich.«
»Der König hat Euch mir zur Lust geschickt.«
»Nein! Um Euch Ehre zu erweisen und um Euch besser kennenzulernen, denn er vertraut meinem Urteil. Auf dem Gebiet der Liebe hat er mir nichts zu sagen.«
»Wer denn?«
Sie sah ihn mit ihren smaragdfarbenen Augen offen an.
»Ich allein.«
Der Fürst lockerte seine Umarmung ein wenig und betrachtete sie verblüfft. Angélique war unfähig, sich aufzurichten. Die Kissen waren zu nachgiebig. Sie musste lachen. Ihre Sinne waren durchaus nicht umnebelt, im Gegenteil, alles erschien ihr strahlend hell und klar, als sei der Raum von Sonnenlicht durchflutet.
»Es liegt eine Welt zwischen dem Ja und dem Nein einer Frau... Sagt sie ja, so bedeutet es einen großen Sieg, und die Männer meines Volks kämpfen gern, ihn zu erringen.«
»Ich begreife«, sagte der Fürst nach einigem Überlegen.
»Dann helft mir, mich aufzurichten«, sagte sie und reichte ihm lässig die Hand. Er gehorchte. Sie fand, dass er einen großen gezähmten Tier glich. Sein funkelnder Blick ließ nicht von ihr ab. Seine Kraft blieb gespannt, bereit, beim ersten Anzeichen von Schwäche hervorzubrechen.
»Was für Eigenschaften muss ein Mann besitzen, um das Ja der Frau zu erreichen?«
»Er soll verwegen und schön sein wie Ihr«, hätte sie beinahe erwidert, von seiner Gegenwart beunruhigt. Fiebrige Schauer überliefen ihren Körper, aber es war kein Missbehagen, eher eine Art verlangender Erregung, die nur eine zugleich raffinierte und wilde Umschlingung würde lösen können. Sie war sich voll bewusst, wie verführerisch in diesem Augenblick ihr Lächeln, ihre feuchten Lippen, ihr ein wenig schwimmender Blick wirkten, und sie genoss es, in solcher Weise begehrt zu werden, wenn sie sich im stillen auch fragte, wie lange sie dieses gefährliche Spiel noch würde spielen können.
Bachtiari Bey füllte selbst eine kleine silberne Tasse und reichte sie ihr. Sie erkannte sofort die grüne Flüssigkeit wieder.
»Es ist das Geheimnis einer jeden Frau«, sagte sie, »zu wissen, warum ein Mann ihr gefällt. Der eine, weil er braun, der andere, weil er blond ist.«
Unbekümmert streckte sie den Arm aus und schüttete den Inhalt der Tasse auf den prachtvollen persischen Teppich.
»Schaitun (Teufelin)«, murmelte der Fürst zwischen den Zähnen.
»Der eine, weil er sanft ist, der andere, weil er in einem Wutanfall seinen Dolch ziehen und töten kann…«
Endlich war es ihr geglückt aufzustehen. Sie versicherte Seiner Exzellenz, dass sie über ihren Besuch tief beglückt sei und dass sie sich bemühen werde, seine Beschwerden, die sie begründet finde, dem König zu übermitteln. Mit zornig funkelnden Augen erwiderte Bachtiari Bey, in seinem Lande sei es üblich, die Freundschaft zu beweisen, indem man um so länger Gast bleibe, je tiefer sie sei. Angélique schüttelte den Kopf. Eine Locke hing ihr in die Stirn, und ihre Augen blitzten mutwillig. Seine Exzellenz habe vollkommen recht, aber sie müsse die gleiche Regel befolgen: Da sie ihrem eigenen König in Dankbarkeit und
Weitere Kostenlose Bücher