Angelique und der Koenig
gekommenen, mit Straußenfedern gezierten breitkrempigen Soldatenhüte mürrisch von den Erinnerungen an weit zurückliegende Taten zehren.
Das war es, was der König aus ihr machen wollte! Jetzt, da er »seine« Montespan hatte, kümmerte es ihn wenig, wem Angélique ihre Gunst zuwandte. Sie hatte der königlichen Sache zu »dienen«!
Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Sie ließ sich zu Savary fahren, weil sie ein Mittel von ihm erbitten wollte, um schlafen zu können, ohne von wollüstigen Scheherazadeträumen heimgesucht zu werden. Der Apotheker malte eben mit einem kleinen Pinsel lateinische Namen auf dickbauchige Holzgefäße, in denen er seine Kräuter und Pulver aufbewahrte. Er hatte sie mit lebhaften Farben angestrichen, um seine Ungeduld zu meistern. Er dachte nur an seine »Mumia«. Bei Angéliques Kommen stürzte er ihr in der Hoffnung entgegen, dass sie ihm das kostbare Fläschchen schon bringe.
»Wartet doch wenigstens ab, bis der Botschafter es Seiner Majestät überreicht hat! Und ich garantiere auch nicht, dass ich danach seiner habhaft werden kann.«
»Ihr könnt. Ihr könnt alles! Und vergesst nicht: Gepränge, Gepränge beim Empfang. Und viele Blumen! Besonders Geranien und Petunien, die Lieblingsblumen der Perser.«
In ihrer Kutsche erst fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, ihn um ein Mittel für ihre Nerven zu bitten. Sie hatte auch vergessen, mit Bachtiari Bey über den Seidenvertrag zu reden. Nie würde sie eine gute Botschafterin abgeben.
»Der König hat nein gesagt«, flüsterte ihr jemand zu, als sie kaum den Fuß auf die erste Stufe der Treppe gesetzt hatte, die zu den königlichen Gemächern führte.
»Wozu?«
»Zur Heirat Péguillins mit Mademoiselle. Alles ist aus. Gestern haben sich der Fürst Condé und sein Sohn, der Herzog von Enghien, Seiner Majestät zu Füßen geworfen und ihr klargemacht, welche Schande eine so unstandesgemäße Verbindung bedeuten würde. Die europäischen Höfe würden sich darüber lustig machen. Der König, der im Begriff sei, die Welt vor seiner Größe erzittern zu lassen, werde sich in den Ruf bringen, keinen Sinn für die Bedeutung seiner Familie zu haben. Es ist anzunehmen, dass der König diese Ansicht teilte. Jedenfalls hat er nein gesagt und heute früh die Grande Mademoiselle davon in Kenntnis gesetzt. Sie ist in Tränen ausgebrochen und hat sich verzweifelt ins Palais du Luxembourg zurückgezogen.«
»Arme Mademoiselle!«
Im Vorzimmer der Königin traf Angélique auf Madame de Montespan, die, von ihren Damen umgeben, eben ihre Toilette beendete. Louise de La Vallière kniete vor ihr, um letzte Hand an die Drapierung einer Schärpe aus weißer Seide zu legen. Sie schien sich ihrer einer Zofe zukommenden Beschäftigung mit größter Selbstverständlichkeit hinzugeben.
»Ja, so ist es richtig!« rief Madame de Montespan aus. »Bravo, Louise, Ihr habt genau den richtigen Schwung hineingebracht. Ihr seid mir beim Ankleiden wirklich unentbehrlich. Der König ist ja so anspruchsvoll. Aber Ihr habt Feenhände. Freilich, Ihr habt auch Frauen von Geschmack gedient, die Euch geformt haben – Madame de Lorraine und Madame d’Orléans. Was meint Ihr zu dieser Schärpe, Madame du Plessis, die Ihr uns mit so großen Augen anstarrt?«
»Wundervoll«, murmelte Angélique. Mit der Fußspitze versuchte sie einen der kleinen Hunde der Königin abzuwehren, der sie ankläffte, seitdem sie eingetreten war.
»Offenbar missfällt ihm Euer schwarzes Kleid«, sagte Athénaïs, während sie sich in ihrer roten Robe wohlgefällig vor dem Spiegel drehte.
»Schade, dass Ihr genötigt seid, Trauer zu tragen. Es steht Euch gar nicht, nicht wahr, Louise?«
Mademoiselle de La Vallière, die noch immer vor ihrer Rivalin kniete, wandte Angélique ihr mageres Gesicht mit den blassblauen Augen zu.
»Madame du Plessis sieht in Schwarz noch schöner aus als sonst«, sagte sie leise.
»Etwa schöner als ich in Rot?«
Louise de La Vallière schwieg.
»Antwortet!« schrie Athénaïs, und ihre Augen verdüsterten sich wie das Meer unter einem Gewittersturm.
»Dieses Rot passt nicht zu mir, gesteht es nur!«
»Blau steht Euch besser.«
»Konntet ihr das nicht eher sagen, dummes Ding! Herunter damit... Désoeillet, Papy, helft mir heraus! Catherine, bringt mir das Atlaskleid, das ich mit den Diamanten trage.«
Madame de Montespan war im Begriff, unter ungeduldigen Ausrufen, in die sich das wütende Kläffen des Hundes mischte, aus ihren Röcken hervorzutauchen, als der König
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