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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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hat sie vogelfrei gemacht.«
»Und Ihr, Angélique, mein Engel, was hat Euch das Schicksal nach jenem denkwürdigen Abend beschert?«
Sie schauten sie fragend an, aber sie antwortete nicht, und sie begriffen ihr Schweigen. Der Marquis d’Andijos stieß einen Seufzer aus.
»Ich hätte wahrhaftig nicht gedacht, dass wir uns eines Tages so wiedersehen würden.«
»Ist es nicht besser, sich so wiederzusehen als überhaupt nicht?« meinte der lebenskluge Péguillin. »Das Rad dreht sich. Monsieur, der Bruder des Königs, steht dort drüben und stützt sich wie eh und je zärtlich auf den Arm seines Favoriten. Wir andern aber, wir sind noch durchaus lebendig... und jeder an seinem Platz, wie mir scheint. Das Vergangene ruhe in Frieden, wie Seine Majestät so schön gesagt hat. Doch Vorsicht, meine Schäfchen! Wir wollen uns in acht nehmen, auf dass das Auge des Herrn sich nicht auf unser Grüppchen richte, bereit, in ihr die Keimzelle einer auf die Macht zielenden Kabale zu erblicken. Vorsicht! Ich liebe Euch, aber ich fliehe Euch…«
Einen Finger auf die Lippen legend, wie ein Diener in der Komödie, so verließ er sie. Eine Kutsche fuhr an Angélique vorbei.
»Was macht Ihr da?« rief Madame de Montespan aus dem Fenster. »Wo ist Eure Equipage?«
»Offen gestanden, ich habe keine. Mein Wagen ist in einen Graben gestürzt.«
»So steigt bei mir ein.«
Während Andijos grüßte, stieg Angélique in die Kutsche. Ein Stück weiter luden sie Mademoiselle de Parajonc und Javotte auf, und gemeinsam rollten sie Versailles zu.

Drittes Kapitel

    Es wurde nicht getanzt, weil die Kapelle des Königs noch nicht aus Saint-Germain herübergekommen war. Doch ringsum im großen Saal des Erdgeschosses bliesen breitschultrige muntere Burschen die Trompete. Die martialischen Fanfaren sollten den Wetteifer der Mägen anregen. Tafeldiener zogen vorbei, die mit Naschereien, wohlriechenden Essenzen und Früchten gefüllte Schalen aus feinem Silber trugen. Auf vier großen, mit damastenen Decken belegten Tafeln hatte man bereits Schüsseln aufgereiht, die teils durch vergoldete Deckelhauben geschützt, teils auf metallenen, mit Glut gefüllten Becken warm gehalten wurden; wieder andere boten den begehrlichen Blicken der hungrigen Jäger Rebhühner in Gelee, Fasan mit Gemüsen, Rehbraten, Tauben auf Kardinalsart und Reisbratlinge mit Schinken dar. In der Mitte eines jeden Tisches stand eine große Schale mit Herbstfrüchten, die jeweils von acht mit Feigen und Melonen beladenen Strohtellern umgeben war. Angélique, die für gastronomische Dinge ein geübtes Auge hatte, zählte acht Vorgerichte und eine Unmenge verschiedener Salate in den Lücken zwischen den Bratenschüsseln. Sie bestaunte die schönen, mit Mispelwasser parfümierten Tischtücher, die kunstvoll gefalteten Servietten. Und all das nannte sich ein »einfacher« Imbiss!
    Der König setzte sich allein mit der Königin, Madame und Monsieur zu Tisch. Der Fürst Condé, die Serviette über der Schulter, bestand darauf, sie zu bedienen, was Monsieur de Bouillon, der dieses Amt für gewöhnlich ausübte, zutiefst entrüstete. Im Hinblick auf die hohe Verwandtschaft des Fürsten wagte er jedoch seinem Unmut nicht allzu deutlich Ausdruck zu geben.
Von diesem Zwischenfall abgesehen, gab sich jedermann mit Wohlbehagen den unzähligen Genüssen hin. Auch Angélique tat sich an einer gebratenen Wachtel und einigen Salaten gütlich, die der Marquis de La Vallière ihr zuvorkommend reichte. Nachdem ihre Neugier und ihre Gelüste gestillt waren, fiel ihr wieder Mademoiselle de Parajonc ein, die sie im Vorhof in der feuchten Nachtluft hatte sitzen lassen. Für ihre alte Freundin Überreste der königlichen Tafel zu stibitzen, schickte sich natürlich ganz und gar nicht; dennoch tat sie es mit größter Geschicklichkeit. Ein mit Mandeln gespicktes Kuchenbrot und zwei schöne Birnen in den weiten Falten ihres Kleides verbergend, schlich sie hinaus. Nach wenigen Schritten schon wurde sie von Flipot angerufen. Er trug ihren Mantel, einen schweren Umhang aus Atlas und Samt, der in Léonides Kutsche liegengeblieben war.
»Da bist du ja! Konnte der Wagen repariert werden?«
»Ja, prosit! Der hat ausgedient. Als wir sahen, der Kutscher und ich, dass es dunkel wurde, sind wir zur Landstraße gepilgert und haben uns von Küfern, die nach Versailles fuhren, bis hierher mitnehmen lassen.«
»Bist du Mademoiselle de Parajonc begegnet?«
»Dort drunten«, sagte er und deutete nach der dunklen Niederung des

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