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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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ihren Damen die Königin. Der Schirm der Montespan verstimmte sie, da sie sich gleichfalls gern gegen die stechende Sonne geschützt hätte und keinen von solcher Eleganz besaß.
Das Wäldchen des Marais bot unter frühlingshaft zartgrünem Laub angenehm kühlen Aufenthalt. In seiner Mitte erhob sich ein Baum aus Bronze, dessen Blätter in weitem Bogen Wasser versprühten. Rings umher schossen raunende Wasserstrahlen aus silbernen Schilfbüscheln, in denen versteckt vier goldene Schwäne lagen.
Man ließ sich an den aufgestellten Tischen oder auf im Grünen versteckten Rasenbänken nieder. Angélique saß neben Mademoiselle de Brienne, die sie mit ihrem Geschwätz langweilte. Langsam schweifte ihr Blick über die plaudernden Gruppen.
»Wo ist Lauzun?« fragte sie verwundert. »Ich habe ihn noch nicht bemerkt.«
»Wie, Ihr wisst nicht? Er ist doch im Gefängnis. Er hat sich beim König und bei Madame de Montespan vollends unmöglich gemacht. Ich weiß nicht mehr, welches Amt es war, das man ihm verweigerte und für das sie ihm ihre Fürsprache zugesichert hatte. Jedenfalls hat er sie mit wüsten Schimpfworten belegt, ist zum König gegangen, hat seinen Degen zerbrochen und gesagt, er wolle ihm nicht mehr dienen.«
»Die Folge: ein neuerlicher Aufenthalt in der Bastille.«
»Ja, aber diesmal ist es schlimmer. Man erzählt sich, dass er in eine Festung des Piémont gebracht werden soll, nach Pignerol. Dort wird er in Gesellschaft jenes berüchtigten Intendanten sein... wie hieß er doch?«
»Fouquet«, sagte Monsieur de Louvois, der neben ihnen auftauchte und mit spitzen Fingern ein Törtchen verspeiste. »Ja... das ist lange her! Man vergisst es allmählich, und dabei ist das Eichhörnchen immer noch lebendig in seinem Käfig.«
    Angélique verspürte jedes Mal ein Missbehagen, wenn sie den Namen Fouquet hörte. Sie hatte diesen Mann nur einmal gesehen, der wie ein böser Geist über der Katastrophe ihres Lebens schwebte. Es lag weit zurück, aber es ließ sich nicht auslöschen. Der alte, triefäugige Pain-Sec fiel ihr ein, der sich unter ihren Kranken befunden hatte. Sein trüber Blick war ihr beharrlich gefolgt, und sie hatte erschauernd in ihm gelesen: Aus den vernebelten Tiefen seiner Erinnerung musste ein Bild aufgestiegen sein, der Schatten einer Frau, die in Lumpen ging, auf bloßen Füßen, und ein Messer in ihrem Gürtel trug. Jene Zeit lag so fern, dass sie kaum mehr wirklich schien. Doch Pain-Sec hatte die Kluft vom Damals zum Heute übersprungen, er verkörperte ein Stück jener Wirklichkeit, die sie immer von neuem aus ihrem Bewusstsein verdrängte. »Marquise der Engel«, so hatte man sie in der Tour de Nesle genannt…
»Marquise der Engel!« rief mit spöttischem Lachen Barcarole, der Zwerg der Königin, und schüttelte seine Glöckchen.
Er war auf einen der Marmortische gesprungen und hatte zwischen den Schüsseln zu tanzen begonnen. Sein groteskes Treiben brachte die Königin und ihre Damen zum Lachen. Mademoiselle de Brienne entfernte sich diskret. Monsieur Louvois tat desgleichen. Sie hatten den König auf Angéliques Platz zukommen sehen. Ludwig XIV setzte sich neben sie, aber sie bemerkte es nicht. Sie hatte den Kopf zurückgebeugt und die Lider geschlossen. Sie vergegenwärtigte sich von neuem die Szene des Vormittags, die armen Kranken, wie sie in der Morgensonne knieten, ihre lehmfarbene, ewig fröstelnde Haut, ihre grauen Lumpen. Auch sie war einmal eine solche Frau gewesen und hatte inmitten gleichgültiger Menschen ein halbtotes Kind an ihre Brust gedrückt. Tränen traten über ihre Wimpern. Der König zuckte zusammen.
»Schönste, was bedeuten diese Tränen?«
Sie schüttelte leise den Kopf und wurde sich bewusst, wo sie war. Von allen, wenn auch mehr oder weniger heimlich, beobachtet, konnten sie sich keine anderen Gesten erlauben als die der gesellschaftlichen Unterhaltung. Mit ihrem kleinen Spitzentaschentuch tupfte sie sich über die Augen.
»Ich dachte an die Armen, Sire. Welchen Platz nehmen sie im Königreich ein?«
»Seltsame Frage! Was meint Ihr damit?«
»Euer Majestät hat mir einmal auseinandergesetzt, dass jedermann im Lande zur Erhaltung der Monarchie beitrage.«
»Gewiss. So muss es auch sein. Der Bauer liefert durch seine Arbeit die Nahrung für diesen großen Körper. Der Handwerker verfertigt die Gegenstände, die der Bequemlichkeit des Volkes dienen, während die Kaufleute die verschiedenen Produkte stapeln, um sie jedem einzelnen in dem Augenblick zu liefern, in dem er

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