Angelique und der Koenig
ihren Schützling zu verteidigen suchte, wurde grob zurechtgewiesen. Einer der kleinen Hunde stürzte herzu, um die Reste des Sorbets aufzulecken.
Indessen drängten sich an die zwanzig Damen, mit Servietten oder Wasserkannen bewaffnet, um Angélique, um die Flecken auf ihrem Kleide zu beseitigen. Ihre Gunst war heute allzu offensichtlich gewesen. Eine jede wollte sich ihr gefällig erweisen. Man war sich einig, dass die Sonne den Schaden rasch beheben werde. Dann brach die ganze Gesellschaft nach den Terrassen auf, um dort die letzten Sonnenstrahlen zu genießen.
Das Hündchen lag röchelnd im Gras. In einem unbeobachteten Augenblick hatte Barcarole Angélique veranlasst, mit ihm zu der verlassenen Stätte zurückzukehren; nun beugte er sich über das von Krämpfen geschüttelte Tierchen.
»Jetzt hast du hoffentlich begriffen, Marquise der Engel«, sagte er. »Es krepiert, weil es die Creme gefressen hat, die für dich bestimmt war. Bei dir hätte es freilich nicht so schnell gewirkt. In diesem Augenblick würde es dir vielleicht gerade ein wenig übel werden. Aber heute Nacht würde es schlimm, und morgen früh wärst du tot.«
»Du redest Unsinn, Barcarole. Die Prügel des Königs haben dir den Verstand verwirrt.«
»Du glaubst mir nicht?« fragte grimmig der Zwerg.
»Dummkopf! Hast du denn nicht gesehen, wie der Hund das Sorbet von der Erde aufleckte?«
»Nein. Ich war viel zur sehr mit meinem Kleid beschäftigt. Und selbst wenn es so wäre, könnte der Hund trotzdem an etwas anderem eingegangen sein.«
»Du glaubst mir nicht«, wiederholte Barcarole erregt, »weil du mir nicht glauben willst.«
»Aber wer sollte mir nach dem Leben trachten?«
»Dumme Frage! Meinst du, die andere, die, der du den Platz neben dem König nimmst, hat dich aus Dank in ihr Herz geschlossen?«
»Madame de Montespan? Nein, Barcarole, das ist ausgeschlossen. Sie ist hart und böse, sie scheut nicht vor Verleumdung zurück, aber sie würde es nicht wagen, so weit zu gehen!«
»Warum nicht? Was sie einmal in ihren Krallen hat, lässt sie nicht mehr los.«
Er hob das Hündchen auf, das eben den letzten Atemzug getan hatte, und schleuderte es ins Dickicht.
»Duchesne hat den Schurkenstreich verübt. Und Naaman, der Negerknirps der Montespan, hat mich gewarnt. Sie misstraut ihm nicht. Weil er mit so komischem Akzent spricht, bildet sie sich ein, dass er kein Französisch versteht. Er schläft in einem Winkel auf einem Kissen. Sie behandelt ihn nicht viel anders als einen Hund. Gestern war er im Boudoir, als sie Duchesne empfing, der ihr mit Leib und Seele ergeben ist. Sie hat ihn beim König als Haushofmeister untergebracht. Naaman hat die beiden deinen Namen aussprechen hören. Er hat die Ohren gespitzt, weil er dich kennt. Du hast ihn ja zuerst gekauft, und er liebt Florimond, der mit ihm gespielt und ihm Süßigkeiten geschenkt hat. Sie sagte zu Duchesne: ›Morgen muss es erledigt sein. Ihr werdet während des Festes schon Gelegenheit finden, ihr persönlich ein Getränk zu bringen, in das Ihr vorher dies geschüttet habt.‹ Es war ein Fläschchen, das sie ihm gab, ein Fläschchen von der Voisin. Die Hexe war meine Meisterin gewesen, und ich weiß, was ich von ihr zu halten habe. Hoho! Sie kennt eine Menge Mittel, die den Gesundesten mit Schnellpost ins Jenseits schicken.«
Angélique schwirrte der Kopf von tausend Gedanken, die sich allmählich wie die Klötzchen eines Geduldspiels zusammenfügten.
»Wenn es stimmt, was du sagst, hat Florimond also nicht gelogen, und sie ist darauf aus, auch den König zu vergiften. Was bezweckt sie damit?«
Der Zwerg schnitt eine Grimasse, die Zweifel ausdrückte.
»Vergiften?« Er schüttelte grinsend den Kopf. »Eher lässt sie in sein Essen ein Pülverchen streuen, um ihn ganz für sich zu gewinnen. Soll sie nur. Deshalb sucht er doch sein Glück, wo er will. Aber verdrücken wir uns. Womöglich kommt Duchesne mit seinen Leuten zurück.«
Sie verließen das Lustwäldchen und schlugen eine in Dunkel getauchte Allee ein. Gleich einem missförmigen Schatten trippelte Barcarole neben Angélique einher.
»Und was wirst du jetzt tun, Marquise?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich hoffe, du wirst die großen Mittel anwenden.«
»Was nennst du die großen Mittel?«
»Sich auf die gleiche Art zur Wehr setzen. Auge um Auge, Zahn um Zahn, wie man so sagt. Tu der Montespan was ins Glas, da das ihre Methode ist. Und was den Duchesne betrifft... nun, den werden eines Abends in der Gegend des Pont-Neuf ein paar
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