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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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halbiert.«
»Auf der Ile Dauphine* (* Das heutige Madagaskar) beispielsweise?«
»Auf der Ile Dauphine, ja, aber unter der Voraussetzung, dass weder Militärs noch Edelleute mit der obersten Leitung eines solchen Unternehmens betraut werden.«
»Wer sonst?«
»Ganz einfach solche, die darin geübt sind, an neuen Ufern zu landen, Handel zu treiben und zu rechnen. Ich meine die Kaufleute«, erwiderte Angélique mit Nachdruck, und plötzlich musste sie lachen.
»Madame, wir sprechen über ernste Dinge«, protestierte Monsieur Colbert ärgerlich.
»Vergebt mir, aber ich stellte mir eben einen artigen Edelmann wie den Marquis de La Vallière in solcher Rolle bei den Wilden vor.«
»Wollt Ihr den Mut jenes Edelmannes in Zweifel setzen, Madame? Ich weiß, dass er ihn im Dienste des Königs bereits bewiesen hat.«
»Das ist keine Frage des Muts. Wie würde der Herr Marquis sich beispielsweise verhalten, wenn er an einem Strand landete und eine Schar splitterfasernackter Wilder auf sich zulaufen sähe? Er würde mindestens der Hälfte den Hals abschneiden und die andern zu Sklaven machen.«
»Sklaven sind eine unentbehrliche Ware, die sehr viel einbringt.«
»Das leugne ich nicht. Aber wenn es sich darum handelt, in einem Lande Handelsniederlassungen einzurichten und Wurzeln zu schlagen, dann ist eine solche Methode nicht angebracht. Das ist das mindeste, was man sagen kann, und es erklärt das Fehlschlagen der Expeditionen und das klägliche Ende der Franzosen, die an Ort und Stelle zurückgelassen werden.«
Monsieur Colbert warf ihr einen bewundernden Blick zu.
»Teufel noch eins, das hätte ich nicht erwartet!«
Er fuhr sich nachdenklich über das schlecht rasierte Kinn. »Ich habe in diesen zehn Minuten mehr gelernt als in vielen über Berichten durchwachten Nächten.«
»Herr Minister, meine Ansicht bedarf der Bestätigung. Ich hörte die Beschwerden der Kaufleute und Seefahrer, aber …«
»Dieses Echo darf man nicht überhören. Ich danke Euch, Madame. Ihr würdet mich verpflichten, wenn Ihr die Güte hättet, im Vorzimmer noch eine halbe Stunde auf mich zu warten.«
Angélique betrat das Vorzimmer, wo der Marquis de La Vallière ihr schadenfroh mitteilte, Louvois habe nach ihr gefragt und sei dann frühstücken gegangen. Sie unterdrückte eine ärgerliche Bewegung. Welches Pech! Sie wartete so sehnlich auf diese Unterredung mit dem jungen Kriegsminister, um eine Stelle bei Hofe zu erbitten, und nun hatte sie infolge der unvermuteten Begegnung mit Colbert die Gelegenheit verpasst. Dabei drängte die Zeit. Wer mochte wissen, welch abscheuliche Einfälle Philippe noch haben würde? Wenn sie ihm allzu offen Widerstand leistete, wäre er fähig, sie einsperren zu lassen. Ehemänner hatten unumschränkte Gewalt über ihre Frauen. Sie musste sich hier festsetzen, bevor es zu spät war…
Fast hätte Angélique vor Zorn aufgestampft, und ihre Mutlosigkeit nahm nur noch mehr zu, als ein Hofbeamter verkündete, Seine Majestät verschiebe die Audienz auf den folgenden Tag, und jedermann könne gehen. Doch als sie sich zum Ausgang wandte, sprach sie der Sekretär Monsieur Colberts an: »Darf ich die Frau Marquise bitten, mir zu folgen. Sie wird erwartet.«

Siebentes Kapitel

    Der Raum, in den Angélique geführt wurde, hatte beträchtliche Ausmaße, war aber weniger geräumig als ein Salon. Nur die sehr hohe Decke, die sich auf das blauweiße Firmament einer olympischen Landschaft öffnete, gab ihm beängstigende Proportionen. Das Dunkelblau der schweren seidenen Fenstervorhänge stimmte mit dem der Bezüge der hochlehnigen Sessel wie auch der drei Schemel überein, die aufgereiht an der Wand standen. Das Täfelwerk war, wie überall in Versailles, mit zierlichen Stukkaturen geschmückt, die Früchte, Weinranken und Girlanden darstellten und in frischer Vergoldung glänzten. Der Zusammenklang des Goldes mit dem dunklen Blau verlieh dem Ganzen ein zugleich ernstes und prächtiges Gepräge. Angélique empfand es auf den ersten Blick: dies war ein für einen Mann geschaffener Raum. Monsieur Colbert kehrte ihr, als sie eintrat, den Rücken zu. Im Hintergrund befand sich ein aus einer einzigen schweren, schwarzen Marmorplatte gefertigter Tisch mit Löwenfüßen aus vergoldeter Bronze. Auf der andern Seite des Tischs saß der König. Angélique stockte der Atem…
    »Ah, da ist mein Auskunftsbeamter«, sagte der Minister, während er sich umwandte. »Ich bitte Euch, Madame, tretet näher und wollet Seiner Majestät Eure Erfahrungen

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