Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
Vom Netzwerk:
seinen Barbier heute morgen mehr zur Eile angetrieben haben musste, als für dessen Sorgfalt gut war.
Die junge Frau ließ ihre Voreingenommenheit fallen. Sollte sie etwa die Hochnäsige spielen? Sehr gelassen sagte sie:
»Ich betreibe tatsächlich Handelsgeschäfte, aber mit den Euren verglichen, Herr Minister, sind sie von sehr geringer Bedeutung. Wie kann ich mich Euch nützlich erweisen?«
»Ich weiß es noch nicht, Madame. Entscheidet selbst. Ich habe Euren Namen als Hauptaktionär auf einer Liste der Ostindischen Gesellschaft gefunden. Was mich dabei stutzig gemacht hat, ist die mir wohlbekannte Tatsache, dass Ihr dem Adel angehört. Euer Fall ist daher von ganz besonderer Art, und da man mir inzwischen gesagt hat, dass Eure Geschäfte gut gehen, dachte ich, Ihr könntet mir über gewisse Einzelheiten Aufschluss geben, die mir bezüglich dieser Gesellschaft unbekannt geblieben sind …«
»Ihr wisst ebenso gut wie ich, Herr Minister, dass diese Gesellschaft mit Amerika Geschäfte machte und dass ihre Aktien heute keinen Sol mehr wert sind!«
»Ich rede nicht vom Wert der Aktien, die tatsächlich nicht mehr notiert werden, sondern vom tatsächlichen Gewinn, den Euch dieser Handel trotzdem eingebracht haben muss, während andere dabei Geld verloren haben.«
»Mein einziger tatsächlicher Gewinn besteht darin, dass ich gelernt habe, wie man es nicht machen darf, und ich habe diese Lehre sehr teuer bezahlt. Denn meine Geschäfte sind von Tagedieben betrieben worden. Sie glaubten, ohne persönlichen Einsatz märchenhafte Gewinne erzielen zu können, während sich in Wirklichkeit in jenen fernen Ländern nur durch zähe Arbeit etwas erreichen lässt.«
Das von Runzeln durchfurchte, von Schlaflosigkeit gezeichnete Gesicht Monsieur Colberts hellte sich in einem Lächeln auf, das in seine Augen drang, ohne die Lippen zu entspannen.
»Sollte das, was Ihr mir da offenbart, gar meine eigene Devise sein: ›Arbeit vermag alles‹?«
»›… und der Wille ist es, der alles, was man tun muss, zu einem Vergnügen macht‹«, zitierte Angélique geläufig mit erhobenem Finger.
»›Und die Hingabe ist es, die Freude schenkt.‹«
Das Lächeln hellte das unangenehme Gesicht des Ministers nun vollends auf und ließ es fast anziehend erscheinen.
»Ihr kennt sogar diesen Satz aus meinem Bericht über die besagte Übersee-Schiffahrtsgesellschaft«, sagte er erstaunt. »Ich möchte wissen, ob es unter den ehrenwerten Aktionären der Gesellschaft viele gibt, die sich die Mühe gemacht haben, diesen Satz zu lesen.«
»Es hat mich interessiert zu erfahren, wie die Macht, die Ihr vertretet, darüber denkt. Die Sache war an sich lebensfähig und logisch.«
»Dann glaubt Ihr also, dass ein solches Unternehmen florieren könnte und müsste?« fragte der Minister lebhaft. Doch schon im nächsten Augenblick fand er zu einem sachlichen, gleichförmigen Ton zurück, in dem er die geheimen Aktiva Madame du Plessis-Bellières alias Madame Morens’ aufzuzählen begann:
»Volles Besitzrecht am Sechshundert-Tonnen-Schiff Saint Jean-Baptiste, das mit zwölf Kanonen ausgerüstet ist und Euch Kakao, Pfeffer, Gewürze und wertvolles Holz von Martinique und Sankt Domingo bringt…«
»Richtig«, bestätigte Angélique. »Ich musste ja meinen Schokoladehandel in Gang halten.«
»Ihr habt den Piraten Guinan als Kapitän eingesetzt?«
»Allerdings.«
»Und dieses Schiff schickt Ihr nach Amerika. Weshalb nicht nach Indien?« erkundigte sich Colbert unvermittelt.
»Nach Indien? Ich habe wohl daran gedacht. Aber ein einzelnes Schiff hat der berberischen Seeräuber wegen keine Aussicht, unbehelligt das Kap Verde zu umfahren. Wenn es nicht auf der Hinfahrt gekapert wird, dann bestimmt auf dem Rückweg. Und ich habe nicht die Mittel, mehrere zu kaufen.«
»Aber wie schaffen es dann die Fahrzeuge der Holländisch-Indischen und der Britisch-Indischen Gesellschaften, die doch glänzende Geschäfte machen?«
»Sie fahren in Gruppen. Es sind richtige Flotten mit zwanzig bis dreißig Fahrzeugen von hoher Tonnage, die von Den Haag oder Liverpool aus in See gehen. Und sie machen nie mehr als zwei Fahrten im Jahr.«
»Warum verhalten die Franzosen sich dann nicht ebenso?«
»Wenn Ihr es nicht wisst, Herr Minister, wie soll ich es dann wissen? Frage des Charakters vielleicht? Oder des Geldes? Kann ich mir allein eine eigene Flotte leisten? Auch müssten die französischen Fahrzeuge einen Verpflegungs-Stützpunkt haben, der die lange Strecke nach Ostindien sozusagen

Weitere Kostenlose Bücher