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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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Ihre Zofen, die über die völlig ungewohnte Apathie ihrer Herrin betroffen waren, rieten ihr schließlich, Mademoiselle de Lenclos aufzusuchen, und setzten sie fast mit Gewalt in ihre Sänfte. Es war ein guter Rat. Einzig Ninon mit ihrem ausgeglichenen Wesen, ihrer Erfahrung, ihrem gesunden Menschenverstand, ihrer Warmherzigkeit vermochte Angélique anzuhören, ohne sie für eine Närrin zu halten oder sich sittlich zu entrüsten. Sie wiegte die junge Frau in ihren Armen, nannte sie »mein süßes Herz«, und als Angéliques Beklommenheit ein wenig nachzulassen schien, versuchte sie ihr klarzumachen, wie bedeutungslos der Zwischenfall sei. Es gab so viele Beispiele, die es bewiesen. Es passierte ja jeden Tag, dass Ehemänner sich duellierten, um ihre gekränkte Ehre reinzuwaschen.
»Aber – die Bastille!«
Der verhasste Name zeichnete sich in roten Lettern vor Angéliques Augen ab.
»Die Bastille! Man kommt aus ihr auch wieder heraus, Liebste.«
»Ja, um auf den Scheiterhaufen geschleppt zu werden!«
»Ich weiß nicht, worauf Ihr anspielt. Vermutlich ist ein böses Ereignis in Eurem Gedächtnis haften geblieben und trübt Euch den Blick. Wenn Ihr erst wieder ein wenig zur Besinnung gekommen seid, werdet Ihr meine Ansicht teilen. Könnt Ihr mir einen unserer hitzköpfigen Edelmänner nennen, der nicht eine Zeitlang dort gesessen und einen übermütigen Streich oder eine Disziplinlosigkeit abgebüßt hätte? Lauzun selbst kommt ja zum dritten, wenn nicht gar zum vierten Male dorthin. Und sein Beispiel beweist klar, dass man aus der Bastille auch wieder herauskommt, zuweilen sogar mit vermehrtem Ansehen. Billigt dem König die Zeit und das Recht zu, das undisziplinierte Völkchen bei Hofe zur Räson zu bringen. Er wird der erste sein, der wieder aufatmet, wenn er diesen Querkopf Lauzun und seinen Oberjägermeister wieder um sich sieht …«
Durch solches Zureden gelang es ihr, Angélique so weit zu beruhigen, dass sie schließlich ihre Angst als lächerlich und unbegründet empfand. Ninon empfahl ihr, nichts zu unternehmen, bevor sich die Wogen geglättet hätten:
»Ein Skandal jagt den andern! Der Hof leistet in dieser Hinsicht Erstaunliches! Geduld. Ich wette, dass sich in längstens acht Tagen der Hofklatsch mit einem andern Fall befassen wird.«
Auf ihr Anraten fasste Angélique auch den Entschluss, sich für kurze Zeit in das Kloster der Karmeliterinnen zurückzuziehen, wo ihre jüngere Schwester Marie-Agnès Novizin war. Es schien ihr die beste Lösung, sich den sensationslüsternen Damen des Hofes zu entziehen und trotzdem in der Nähe zu bleiben.
Unter ihrer Nonnenhaube, mit ihren grünen Augen und dem schmalen, listig lächelnden Gesicht glich die junge Marie-Agnès de Sancé einem jener durch ihre Anmut ein wenig beunruhigenden Engel, die den Besucher an den Portalen der alten Kathedralen begrüßen. Angélique wunderte sich, dass sie auf dem Entschluß beharrte, den Schleier zu nehmen, obwohl sie kaum einundzwanzig war. Ein Leben der Kasteiung und der Gebete schien mit dem Temperament ihrer jüngeren Schwester, von der man bereits im Alter von zwölf Jahren gesagt hatte, sie habe den Teufel im Leib, und deren kurze Karriere als Hofdame der Königin eine ununterbrochene Kette flüchtiger und lockerer Abenteuer gewesen war, gar wenig in Einklang zu stehen. Angélique bewahrte den Eindruck, dass Marie-Agnès auf dem Gebiet der Liebe sehr viel mehr Erfahrung hatte als sie. Das schien auch die Ansicht der jungen Nonne zu sein, die, nachdem sie sich ihre Beichte angehört hatte, mit nachsichtiger Grimasse seufzte: »Wie jung du noch bist! Warum lässt du dir wegen einer so alltäglichen Geschichte graue Haare wachsen?«
»Alltäglich? Ich habe dir eben erklärt, dass ich meinen Mann betrogen habe. Das ist eine Sünde, oder etwa nicht?«
»Nichts ist alltäglicher als die Sünde. Nur die Tugend ist etwas Seltenes. So selten in unseren Tagen, dass sie geradezu absonderlich wird.«
»Ich begreife einfach nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich wollte nicht, aber…«
»Hör mal«, sagte Marie-Agnès in jenem schneidenden Ton, der eine Familieneigentümlichkeit war, »entweder man will diese Dinge, oder man will sie nicht. Und wenn man sie nicht will, dann darf man eben nicht bei Hofe leben.«
Vielleicht erklärte das auch, dachte Angélique, warum sie mit der Welt gebrochen hatte. Die Stille der frommen Stätte regte Angélique zu Gedanken der Buße an, doch der Besuch Madame de Montespans führte sie aus ihren

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