Angelique und der Koenig
Tölpel vorzukommen.
»Verzeiht Ihr mir?«
Sie bot ihm freimütig die Hand, und er küsste sie. Sie hatte es ohne Koketterie getan. Es war eine ehrliche Geste, die dem Streit ein Ende machte. Der König fand, dass sie eine bezaubernde Frau sei. Als sie kurz danach über den Marmorhof ging, wurde sie von einer Wache angesprochen:
»Ich komme im Auftrag des Hofmarschalls Seiner Majestät, um Euch davon in Kenntnis zu setzen, dass Euer Appartement im oberen Stockwerk des Flügels der Prinzen von Geblüt bereitsteht. Darf ich Euch dorthin begleiten, Madame?«
»Mich? Ihr müsst Euch irren, mein Guter.«
Der Mann vergewisserte sich durch einen Blick auf ein Schreibtäfelchen, das er in der Hand hielt.
»Madame du Plessis-Bellière – der Name stimmt. Ich glaubte, die Frau Marquise erkannt zu haben.«
»Allerdings.«
Verblüfft folgte sie dem Soldaten. Er führte sie an den königlichen Gemächern, sodann an denen der ersten Prinzen von Geblüt vorbei. Am Ende des rechten Flügels hatte eben einer der Fouriere in blauem Rock mit Kreide an eine kleine Tür »Für Madame du Plessis-Bellière« geschrieben.
Angélique wusste nicht, wie ihr wurde. Fast wäre sie den beiden Soldaten vor Freude um den Hals gefallen. Statt dessen gab sie ihnen ein paar Goldstücke:
»Nehmt das und trinkt auf meine Gesundheit.«
»Die wünschen wir Euch von Herzen und einen vergnüglichen Aufenthalt dazu«, erwiderten sie augenzwinkernd.
Sie bat sie, ihre Lakaien und Zofen zu veranlassen, Reisekoffer und Bett zu bringen, dann nahm sie mit kindlicher Freude von ihrem Appartement Besitz, das aus zwei Räumen und einer Abstellkammer bestand. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und als Angélique strahlend an der Schwelle des Ballsaals erschien, fühlte sie sich von Bewunderung und Neid umgeben. Die Ankunft der Königin und ihres Gefolges dämpfte jedoch ihren Enthusiasmus. Die Monarchin grüßte freundlich jeden, den sie auf ihrem Weg bemerkte, doch angesichts der Marquise du Plessis-Bellière wurde ihre Miene so eisig, dass der jähe Wechsel ihrer Stimmung niemand entging.
»Ihre Majestät die Königin macht Euch ein saures Gesicht«, bemerkte der Marquis de Roquelaure.
»Angesichts der schwindenden Gunst Mademoiselle des La Vallières hatte sie schon wieder Hoffnung gefasst, aber nun taucht eine neue, noch verführerischere Rivalin auf.«
»Wer denn?«
»Ihr, meine Liebe.«
»Ich? Schon wieder dieses dumme Zeug!« seufzte die junge Frau verärgert. Sie hatte in der Geste des Königs nichts anderes erblickt als das, was sie zweifellos bedeutete: den Wunsch, Verzeihung zu erlangen und als Herr des Hauses einer Unbequemlichkeit abzuhelfen, über die sie sich beklagt hatte. Die Höflinge dagegen sahen darin einen neuerlichen Beweis seiner Liebe zu ihr. Missmutig blieb Angélique am Eingang zum Ballsaal stehen. Der Saal war ringsum mit lebhaft getönten Wandteppichen ausgekleidet. Sechsunddreißig von der gewölbten Decke herabhängende Kronleuchter erhellten ihn mit ihren unzähligen Kerzen. An zwei einander gegenüberliegenden Seiten waren stufenweise erhöhte Bänke aufgestellt worden, auf denen zur Rechten die Damen, zur Linken die Edelleute Platz nahmen. Der König und die Königin hatten eine nur für sie bestimmte Loge inne. Im Hintergrund saßen auf einem von Girlanden aus vergoldetem Laub eingerahmten Podest die Musiker unter der Leitung Monsieur Lullys.
»Die Königin hat wegen Madame du Plessis-Bellière geweint«, flüsterte eine heisere Stimme dicht neben ihr. »Man hat ihr gesagt, der König sei im Begriff, die Gemächer seiner neuen Mätresse einzurichten. Sieh dich vor, Marquise!«
Angélique brauchte sich nicht umzuwenden, um festzustellen, woher diese Stimme kam. Ohne sich zu rühren, erwiderte sie:
»Seigneur Barcarole, schenkt solchen Worten keinen Glauben. Der König begehrt mich nicht. Jedenfalls – nicht mehr als jede andere Dame des Hofes.«
»Dann sieh dich noch mehr vor, Marquise. Man führt Übles gegen dich im Schilde.«
»Wer denn? Weshalb? Was weißt du?«
»Nicht eben viel. Ich weiß nur, dass Madame de Montespan und Madame du Roure zur Voisin gegangen sind, um sich ein Mittel zu beschaffen, die La Vallière zu vergiften.«
»Schweig still!« flüsterte sie in jähem Entsetzen.
»Hüte dich vor jenen Weibern. An dem Tag, an dem sie sich einreden, dass du es bist, die man ins Jenseits befördern muss…«
Die Violinen stimmten die Introduktion zu einem lebhaften Tanz an. Der König erhob sich, und nachdem er
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