Angelique und der Koenig
hatte Mühe, hinter seiner ablehnenden Miene ein Gemisch aus Beunruhigung und Skepsis zu verbergen. Aber Molines wusste, was er sagte. Er war Familienvater und Großvater dazu. Der Marquis machte einen letzten Verteidigungsversuch:
»Es ist mein Sohn, Molines! Ich wünsche, dass er unter meinem Dach bleibt.«
»Aber das braucht kein Hindernis zu sein, Herr Marquis. Madame du Plessis wird eben gleichfalls bleiben.«
Angélique und Philippe zuckten zusammen und schwiegen eine Weile hartnäckig. Dann tauschten sie einen Blick, wie Kinder, die im Begriff sind, sich wieder zu versöhnen.
»Ich kann meine beiden anderen Kinder nicht im Stich lassen«, murmelte Angélique.
»Sie werden gleichfalls hierherziehen«, versicherte Molines. »Das Palais ist geräumig genug.«
Philippe widersprach ihm nicht. Molines empfahl sich, da seine Mission beendigt war. Philippe begann auf und ab zu gehen und warf gelegentlich einen düsteren Blick auf Angélique, die ihre Aufmerksamkeit auf den Appetit des kleinen Charles-Henri konzentrierte. Schließlich schob der Marquis einen Schemel heran und setzte sich neben die junge Frau. Angélique sah beunruhigt auf.
»Gesteht es ruhig«, sagte Philippe. »Trotz Eurer herausfordernden Miene habt Ihr Angst. Ihr wart vermutlich nicht darauf gefasst, dass die Dinge eine solche Wendung nehmen würden. Da seid Ihr nun in der Wolfshöhle. Was schaut Ihr mich so argwöhnisch an, wenn ich mich neben Euch niederlasse? Selbst einem Bauern, wenn er nicht gerade ein Rohling ist, macht es Vergnügen, sich an den Kamin zu setzen, um seiner Frau zuzuschauen, wie sie seinen Stammhalter stillt.«
»Gewiss, Philippe, aber Ihr seid kein Bauer... und ihr seid ein Rohling.«
»Ich stelle mit Befriedigung fest, dass Euer kriegerischer Geist nicht erloschen ist.«
Sie wandte ihm in einer warmen Regung ihr Gesicht zu, und der Blick des jungen Mannes glitt von ihrem schlanken Hals zu der weißen Brust hinab, an der das Kind eingeschlafen war.
»Konnte ich denn auf den Gedanken kommen, dass Ihr mir so bald einen so bösen Streich spielen würdet, Philippe? Ihr seid neulich gut zu mir gewesen.«
Philippe fuhr zusammen, als habe man ihn beleidigt.
»Ihr irrt Euch«, grollte er. »Ich bin nicht gut. Ich habe es nur nicht gern, wenn ein Rassetier durch Komplikationen nach dem Werfen Schaden nimmt. Das ist alles. Es war meine Pflicht, Euch beizustehen. Meine Ansichten über die Gattung Mensch und über die Frauen im besonderen haben sich deshalb nicht geändert.«
Angélique lächelte auf das schlummernde Kind hinunter.
»Eure Philosophie ist ein wenig kurzsichtig, Philippe«, sagte sie. »Weil Ihr Euch mit den Tieren besser versteht als mit den Menschen, schätzt Ihr diese geringer als jene. Ihr seht in der Frau nur eine Mischung aus Hündin, Wölfin und Kuh.«
»Wozu noch die Falschheit der Schlange zu fügen wäre.«
»Das Ungeheuer der Apokalypse also.«
Sie sahen einander lachend an. Philippe presste die Lippen zusammen, bemüht, die Regung spontaner Heiterkeit zu unterdrücken.
»Das Ungeheuer der Apokalypse«, wiederholte er, indem er Angéliques Gesicht fixierte, das rosig erglühte.
»Meine Philosophie ist nicht schlechter als jede andere«, fuhr er nach kurzem Schweigen fort. »Sie bewahrt mich immerhin vor gefährlichen Illusionen… So wurde ich neulich vor Eurem Bett an eine der ungebärdigsten Hündinnen der Meute erinnert, bei der ich eine ganze Nacht saß, während sie einen Wurf von sieben Welpen zur Welt brachte. Ihr Blick hatte geradezu etwas Menschliches. Sie überließ sich mir mit rührender Selbstverständlichkeit. Zwei Tage danach biss sie einem kleinen Lakaien die Kehle durch, der sich ihren Welpen hatte nähern wollen.«
In plötzlicher Neugier fragte er:
»Stimmt es, was man mir sagte, dass Ihr Sprengschüsse vor die Pförtnerloge legen wolltet?«
»Ja.«
»Und Ihr hättet den Pförtner in die Luft fliegen lassen, wenn er nicht so nachgiebig gewesen wäre?«
»Ja, das hätte ich getan«, sagte Angélique trotzig. Philippe brach in schallendes Gelächter aus.
»Beim Teufel, der Euch geschaffen hat, Ihr bringt es fertig, mich zu amüsieren. Man kann Euch alle möglichen Fehler vorwerfen, aber nicht den, dass Ihr langweilig seid.«
Er legte beide Hände um ihren Hals.
»Manchmal frage ich mich, ob es noch andere Lösungen gibt, als Euch zu erwürgen oder…«
Sie schloss die Augen unter dem Druck seiner Hände.
»Oder…?«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte er und ließ sie los. »Aber
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