Angelique und der Koenig
einen Rock hochzuheben, um…«
Sie legte ihm den Finger auf den Mund.
»Schweigt lieber. Ihr versteht nichts von der Liebe. Ihr versteht nichts vom Glücklichsein.«
»Nun, dann lehrt es mich, schöne Frau. Bringt mir bei, was Euresgleichen von einem Liebhaber erwartet, der schön ist wie ein Gott.«
Es lag Bitterkeit in seiner Stimme. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, hingegeben, schwer, mit kraftlosen Beinen, und sanft drängte er sie auf den weichen, wollenen Teppich.
»Philippe, Philippe«, flüsterte sie, »meint Ihr, es sei die passende Stunde und der passende Ort für eine solche Lektion?«
»Warum nicht?«
»Auf dem Teppich?«
»Jawohl, auf dem Teppich. Ich bin und bleibe ein Landsknecht. Wenn ich nicht mehr das Recht habe, meine eigene Frau in meinem eigenen Heim zu nehmen, dann lehne ich es ab, mich für das Land der Liebe zu interessieren.«
»Aber es könnte doch jemand kommen?«
»Was tut’s! Jetzt will ich Euch haben. Ich spüre, dass Ihr heiß, erregt, zugänglich seid. Eure Augen glänzen wie Sterne, Eure Lippen sind feucht…«
Er starrte in ihr aufgewühltes Gesicht mit den fiebrig glühenden Wangen.
»Kommt, kleine Kusine, wir wollen ein wenig miteinander spielen – hübscher als in unserer Kindheit…«
Angélique gab einen leisen Laut von sich, der ihr Besiegtsein offenbarte, und streckte die Arme aus. Sie war nicht mehr fähig zu widerstehen, dem wirren Begehren zu entrinnen. Sie war es, die ihn an sich zog.
»Nicht zu hastig, mein schöner Geliebter«, flüsterte sie. »Lasst mir Zeit, glücklich zu sein.«
Leidenschaftlich umfing er sie, von einer nie gekannten Neugier überkommen, die sein Ungestüm dämpfte und ihn bestimmte, zum ersten Mal der Frau gegenüber voller Rücksicht zu sein. Verwundert beobachtete er, wie Angéliques grüne Augen, deren Härte er fürchtete, sich wie in einem Traum verschleierten. Sie vergaß, sich zu sträuben; der verächtliche Zug um ihre Mundwinkel, den er so oft bemerkt hatte, war verschwunden, doch ihre halbgeöffneten Lippen bebten leise unter seinem keuchenden Atem. Sie war ihm nicht mehr feind. Sie schenkte ihm Vertrauen. Eine Hoffnung keimte in ihm auf im Rausch der Wollust. Der Augenblick des endlichen, beglückenden Zueinanderfindens war nahe, seine Stunde war gekommen, das Instrument dieser köstlichen Weiblichkeit zum Klingen zu bringen, die sich so lange verweigert hatte. Eine heikle Aufgabe, die geduldige Sorgfalt erforderte. Er dachte daran, dass sie ihn gedemütigt und dass er sie fast schmerzhaft gehasst hatte. Doch während er sie betrachtete, spürte er sein Herz unter dem Drang eines ungekannten Gefühles schmelzen. Wo war die stolze junge Frau, die ihm Trotz geboten hatte?
Er sah, dass sie sich ihm unversehens auslieferte wie eine verängstigte Versehrte, und plötzlich machte sie hilflose kleine Gebärden, als bäte sie um Gnade. Bald erschauernd, bald rasend vor Verlangen, auf dem Teppich ihres golden glänzenden Haars mechanisch den Kopf hin und her bewegend, löste sie sich sacht von ihrem Ich und wurde in jene überirdischen Bezirke entrückt, wo zwei Menschen sich allein mit ihrer Lust wiederfinden. An dem tiefen Schauer, der sie jäh durchrann, merkte er, dass der Augenblick nahte, in dem er ihr Geliebter sein würde. Jede Sekunde, die verging, steigerte seine Erregung, erfüllte ihn mit einem nie empfundenen Siegesgefühl, einer verwegenen Kraft, die selbstbewusst hervorbrach, um ihre Belohnung zu empfangen. Er war der siegende Streiter in einem schwierigen Turnier, dessen Preis ihm unzählige Male hätte verlorengehen können, den er jedoch dank seiner Wachsamkeit und Ausdauer gewann. Er brauchte sie nicht mehr zu schonen. Sie spannte sich in seinen Armen wie ein lebendiger Bogen. Jetzt, an der äußersten Grenze ihres Widerstandes, war sie nur noch Erwartung, Beklommenheit und Glückseligkeit. Sie ergab sich endlich, und er nahm die heimliche Antwort dieses von ihm geweckten, in Wonnen schwelgenden Körpers wahr. Da ergriff er ganz von ihm Besitz. Er wusste, dass sie dies ihr Leben lang vermisst hatte; ihre eigene Lust, die Befriedigung ihres gefügigen und begehrlichen Körpers, der sich lange sättigte, während sie unter glühenden Seufzern wieder zur Besinnung kam.
»Philippe!«
Er lastete auf ihrem Herzen. Er barg sein Gesicht an ihr, und da sie in die Wirklichkeit des strengen, alten Salons der du Plessis zurückkehrte, begann Angélique seine Stummheit zu beunruhigen. Sie wagte nicht, an seine eigene Berauschtheit zu
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