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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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ihn aufs neue. Er würde vor Verdruss sterben, sagte er sich, und auch vor Kummer. Da waren Zynismus und Vergewaltigung doch besser…
Angélique, die hinter seinem kalten, abweisenden Gesicht niemals solche Herzensqualen vermutet hätte, verspürte wachsende Enttäuschung. Die Festlichkeiten vermochten sie nicht abzulenken. Des Königs Interesse an ihr und seine sie beharrlich suchenden Blicke weckten ihren Ärger. Warum ließ Philippe sie im Stich?
    Eines Nachmittags, als der Hof im Freilichttheater Molière applaudierte, verfiel sie in tiefe Melancholie. Ihr war, als sei sie wieder jenes arme, scheue kleine Mädchen zwischen den spöttelnden Pagen, das aus dem Schloss Plessis in die Nacht hinausgelaufen war, das Herz voller Enttäuschung und verhöhnter Zärtlichkeit. Das gleiche Bedürfnis nach Flucht überkam sie nun. »Ich hasse sie alle«, dachte sie. Und unauffällig verließ sie das Schloss und ließ ihre Kutsche vorfahren. Später sollte sie sich dieser impulsiven Regung erinnern, die sie Versailles entrissen hatte, und sie »Vorahnung« nennen. Denn als sie am Abend vor dem Palais im Faubourg Saint-Antoine eintraf, fand sie das Haus von geschäftiger Unruhe erfüllt, und La Violette teilte ihr mit, sein Herr sei an die Front in der Franche-Comté geschickt worden und breche am nächsten Morgen in aller Frühe auf.
Philippe speiste allein vor zwei silbernen Leuchtern im schwarzgetäfelten Speisesaal zur Nacht. Als er Angélique im weiten Mantel aus rosa Taft erblickte, runzelte er die Stirn.
»Was wollt Ihr hier?«
»Habe ich nicht das Recht, hierher zurückzukehren, wenn ich es für angebracht halte?«
»Ihr wart für mehrere Tage nach Versailles befohlen worden.«
»Ich hatte plötzlich das Gefühl, mich tödlich zu langweilen. Da habe ich eben all die unausstehlichen Leute sitzenlassen.«
»Ich hoffe, dass das nur Ausflüchte sind, denn es wäre unverantwortlich. Ihr würdet womöglich den König erzürnen... Wer hat Euch von meiner Abreise verständigt?«
»Niemand. Ich habe von nichts gewusst. Ihr wärt also aufgebrochen, ohne mir auch nur adieu zu sagen?«
»Der König hatte mich gebeten, über meine Abreise strengstes Stillschweigen zu bewahren, insbesondere Euch gegenüber. Frauen können ja bekanntlich den Mund nicht halten.«
»Der König ist eifersüchtig«, hätte ihm Angélique fast zugeschrien. Philippe sah, begriff also nichts – oder tat er nur so? Angélique setzte sich ans andere Ende des Tischs und streifte umständlich ihre Handschuhe aus zartem, mit Perlen besetztem Leder ab.
»Merkwürdig, Philippe. Der Sommerfeldzug hat nicht begonnen. Die Truppen sind noch in ihren Winterquartieren. Ich wüsste im Augenblick niemand, den der König des Krieges wegen aus seiner Umgebung entlassen hätte. Eure Abkommandierung sieht mir sehr nach Ungnade aus.«
Philippe hob den Kopf und sah sie schweigend an, so lange, dass sie glaubte, er habe nicht verstanden.
»Der König ist der Herr«, sagte er schließlich.
Er stand jäh auf.
»Ich muss mich zurückziehen, es ist spät. Achtet auf Eure Gesundheit während meiner Abwesenheit, Madame. Ich empfehle mich.«
Fassungslos blickte sie zu ihm auf. »Wollen wir nicht auf bessere Art voneinander Abschied nehmen?« schien sie zu flehen.
Er wollte nicht verstehen. Sich verneigend, küsste er nur die Hand, die sie ihm entgegenstreckte. In der Stille ihres Schlafzimmers begann die arme kleine Kusine zu weinen. Sie vergoss die Tränen, die sie damals in ihrem Jungmädchenstolz unterdrückt hatte. Tränen der Verzagtheit, der Verzweiflung.
»Nie werde ich ihn begreifen! Nie werde ich damit fertig werden.«
Er zog in den Krieg. Und wenn er nicht zurückkam…? Oh, er würde zurückkommen! Das war es nicht, worum sie bangte. Aber der schmale Pfad zur Gnade, zum Glück würde längst verweht sein. Der Mond schien durch das offene, auf den stillen Garten hinausgehende Fenster, und man hörte eine Nachtigall singen. Angélique hob ihr tränenfeuchtes Gesicht. Sie liebte dieses Haus, weil es das Haus war, in dem sie mit Philippe gelebt hatte. Was für eine wunderliche Gemeinschaft war das doch! Mehr ein enttäuschendes Versteckspiel, bei dem man sich nicht fand. Jeder befasste sich mit seiner Garderobe, hastete zu Anproben zwischen zwei Verpflichtungen bei Hofe, zwei Reisen, zwei Parforcejagden…
Doch da waren auch jene flüchtigen und gleichsam den gesellschaftlichen Ansprüchen abgerungenen Augenblicke gewesen, da Philippe sich neben sie gesetzt hatte, um ihr beim

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