Angels - Meine Rache waehrt ewig
war. Kristi wusste sehr wohl, dass Geduld nicht zu ihren Stärken zählte. Es kam ihr so vor, als würde sie schon endlos warten, auf den richtigen Zeitpunkt, auf den entscheidenden Durchbruch.
»Du weißt, dass ich nicht hier bleiben kann, wenn du in New Orleans bist«, sagte Kristi. »Ich muss zurück in meine Wohnung.«
Jay schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Wie würdest du dich dort mit der Kamera fühlen? Wenn du damit rechnen musst, dass er jederzeit zur Tür hineinspaziert kommt? Es ist dort nicht sicher. Keine Sorge, ich komme direkt nach der Arbeit zurück. Ich kann doch pendeln.«
»Nach einem Zehn-Stunden-Tag?«
»Wir sprechen von vier Nächten in der Woche.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen«, versicherte sie ihm mit einem Anflug von Gereiztheit. Es war eine Sache, wenn er sich um ihre Sicherheit sorgte, und eine andere, wenn er versuchte, sich in ihr Leben einzumischen. Sie zu sehr behütete. Das kannte sie nur zu gut.
»Ich komme wieder, und damit ist die Sache erledigt, aber ich muss ins kriminaltechnische Labor«, räumte er ein. Und dann, noch bevor sie weiteren Protest erheben konnte, setzte er sie von all dem in Kenntnis, das er von Sonny Crawley erfahren hatte.
Kristi hörte verblüfft zu. Sie unterbrach ihn nicht, als er erzählte, wie die Polizei versuchte, die Person zu identifizieren, der der Arm gehört hatte, und dass er seinen Freund beim Police Department gebeten hatte, sich bei der Kraftfahrzeugbehörde und in den Vorstrafenregistern schlauzumachen.
»– sie suchen nach weiteren Beweisstücken, weiteren Leichen«, schloss Jay und nahm einen Schluck aus seinem Pappbecher. »Wie es scheint, hat eine der Detectives, Portia Laurent, die ganze Zeit über vermutet, dass die verschwundenen All-Saints-Studentinnen entführt wurden. Sie hatte nur keinen Beweis dafür.«
»Jetzt vielleicht doch«, sagte Kristi.
Sie war noch dabei, das Gehörte zu verarbeiten, als er das Thema wechselte und sie nach der Aufführung fragte. Sie erzählte ihm von den Erlebnissen des Abends, wobei sie sorgfältig vermied, die Blutampulle zu erwähnen, weil sie wusste, dass er sie zurückverlangen würde. Aber sie wollte sie unbedingt bei ihrem morgigen Treffen mit Dr. Grotto tragen.
Kristi endete mit ihrer wenig erfolgreichen Schnüffelei am Wagner House und erzählte ihm auch von dem vermeintlichen Hilferuf.
»Ich finde es nicht gerade toll, dass du dich mit Dr. Vampir triffst«, sagte Jay und schenkte ihnen Wein nach. »Und geh nicht wieder in dein Apartment.«
Kristi überhörte das. »Was soll Grotto mir denn tun? Ich treffe ihn in seinem Büro im English Department.«
Jays Augen trübten sich. Er blickte ins Feuer. »Er hat etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun, das spüre ich. Du triffst dich mit ihm, und ich fühle mich einfach nicht wohl dabei.« Er rieb sich das Kinn und schüttelte den Kopf. »Und was ist mit dem, der vor Wagner House um Hilfe gerufen hat, wer auch immer das gewesen sein mag?«
»Ich
dachte,
ich hätte einen Hilferuf gehört, aber es kann genauso gut eine Katze gewesen sein oder … keine Ahnung, irgendetwas anderes. Es war windig und hat geregnet, vielleicht hab ich mir das eingebildet.«
»Du gehörst nicht zu denen, die sich Dinge einbilden«, sagte er mit Nachdruck, und sie beschloss, dass es Zeit war, ehrlich zu sein.
»Was wäre, wenn ich behaupten würde, ich könnte den Tod vorhersagen, allein dadurch, dass ich jemanden anschaue?«
»Besitzt du irgendwelche übersinnlichen Kräfte, von denen ich keine Ahnung habe?«
»So könnte man sagen.«
Jay lächelte. Er streckte sich vor dem Feuer aus, den Kopf in eine Hand gestützt, den Pappbecher mit Wein in der anderen, und richtete den Blick auf sie. »Schieß los.«
Sie erzählte ihm von ihren Träumen, in denen ihr Vater starb, und wie sie die Leute grau werden sah, wenn sie – wie sie vermutete – kurz vor ihrem Tod standen. Als sie geendet hatte, nahm sie einen weiteren Schluck Rotwein und stellte fest, dass Jays Lächeln verschwunden war.
»Ich warte auf die Pointe.«
»Es gibt keine«, versicherte ihm Kristi.
»Aber dein Vater, Lucretia und Ariel sind noch am Leben.«
»Das weiß ich, aber denk an die Frau im Bus.«
»Eine sehr betagte Frau.«
»Ich sage dir nur, was los ist. Wann immer mir das passiert, fühle ich mich eiskalt im Innern. Als würde mir der Tod in die Seele schneiden.« Sie senkte ihre Stimme und kam sich immer dämlicher vor. »Es ist mir klar, dass das
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