Angels of the Dark: Verruchte Nächte
besorgen. Ihr eine Decke holen? Ernsthaft? Sein Stirnrunzeln kehrte zurück. Ihr Wohlergehen bedeutete ihm nichts.
„Das hat man dir gesagt? Du erinnerst dich nicht?“, hakte er nach und blieb an Ort und Stelle.
„Oh, und wie ich mich erinnere.“ Die Bitterkeit schlich sich wieder in ihre Stimme, wurde deutlicher. „Ich habe gesehen, wie eine Kreatur … ein Dämon es getan hat. Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, versucht, sie zu retten. Und als ich der Polizei erzählt habe, was wirklich geschehen war, wurde ich für geistesgestört befunden und hier auf Lebenszeit eingesperrt.“
Wieder wusste er, dass sie die Wahrheit sprach. Nicht nur, weil die Dinge, die sie erzählte, sich überall auf den Seiten in der Akte getippt und gekritzelt wiederholten – auch wenn keiner ihrerÄrzte ihr geglaubt hatte –, sondern vor allem weil er nur Rosen und Bergamotte in der Luft schmeckte. Beides feine, zarte Gerüche, die ihm gefielen. Seltsam. Für Gerüche oder Geschmäcker hatte er sich noch nie interessiert. Sie waren, wie sie waren, und er hatte keine Vorlieben.
„Warum hatten diese Dämonen es auf mich abgesehen?“, wollte sie wieder wissen. „Warum? Und nur dass du’s weißt, ich höre erst auf, dich damit zu nerven, wenn du es mir erzählst.“
„Das ist nicht ganz richtig. Ich könnte gehen, dann könntest du mich mit nichts nerven.“ Statt sie jedoch wieder zu ignorieren, entschied er, dass es auch bei dieser Information keinen Grund gab, sie vor ihr zurückzuhalten. Ihn interessierte, wie sie reagieren würde.
Bei allen Feuern der Hölle, irgendetwas konnte nicht mit ihm stimmen. Ihn interessierte nichts .
„Irgendwann vor dem Tod deiner Eltern“, erklärte er, „hast du einen Dämon in dein Leben eingeladen.“
„Nein. Auf keinen Fall.“ Heftig schüttelte sie den Kopf, und die blauschwarzen Strähnen an ihren Schläfen verfingen sich ineinander. „Diese Dinger würde ich nirgendwohin einladen. Außer vielleicht zu ’ner Abrissparty mit anschließender Hausverbrennung.“
Wie konnte sie so unbestreitbar Zweifel an etwas äußern, das er gesagt hatte? Obwohl der Klang der Wahrheit in seiner Stimme so klar und rein war wie eh und je? Nur sehr wenige Menschen fühlten so starke Zweifel, dass sie diesem Klang widerstehen konnten. Aber Annabelle passte irgendwie nicht dazu.
„Menschen unterschätzen, wie leicht es ist, einen Dämon willkommen zu heißen. Die negativen Worte, die ihr sagt, die gehässigen Dinge, die ihr tut. Sprich eine Lüge aus, und du winkst sie heran. Spiele mit dem Gedanken, Gewalt auszuüben, und du öffnest ihnen Tür und Tor.“
„Mir egal, was du sagst. Ich habe niemals einen Dämon willkommen geheißen.“
Wie konnte er es ihr begreiflich machen? „Stell es dir einmal so vor: Dämonen sind die Entsprechung von spirituellen Paketboten.Deine Worte und Handlungen können von ihnen als Bestellung interpretiert werden. Für einen Fluch. Sie kommen an deine Tür und klingeln. Es ist deine Entscheidung, ob du diese Tür öffnest und das Paket annimmst, das sie dir bringen. Du hast es getan.“
„Nein“, wiederholte sie hartnäckig.
„Hast du jemals bei einem Ouija-Spiel mitgemacht?“, versuchte er ihren sturen Kern mit einem anderen Ansatz zu erreichen.
„Nein.“
„Eine Wahrsagerin aufgesucht?“
„Nein.“
„Einen Zauber ausgesprochen? Irgendeinen?“
„Nein, okay? Nein!“
„Gelogen, betrogen oder einen Nachbarn bestohlen? Jemanden gehasst? Irgendjemanden? Etwas gefürchtet? Irgendetwas?“
Das nächste Zittern, das sie überlief, war stärker als zuvor. Ihr Kiefer verkrampfte sich und zwang sie, zu schweigen. Das Bett ratterte. Als der Krampf nachließ, war auch jeglicher Zorn aus ihr gewichen, und sie strahlte eine Trostlosigkeit aus, die den Riss in seiner Brust irgendwie um eine Winzigkeit vergrößerte.
„Es gibt nichts mehr zu bereden“, sagte sie leise.
Also lautete die Antwort auf eine seiner Fragen Ja. Furcht und Zorn hatte er bereits mit eigenen Augen bei ihr gesehen. „Für mich schon. Auf spiritueller Ebene gestatten all die Dinge, die ich aufgezählt habe, deinen Feinden, dich anzugreifen.“
„Aber wie soll man sich denn dazu zwingen, keine Angst zu haben?“
„Nicht was du fühlst, ist wirklich wichtig, sondern was du sagst und wie du handelst, während du so fühlst.“
Einen Moment lang nahm sie seine Worte in sich auf. Schließlich seufzte sie. „Okay, hör zu. Ich bin müde, und du hast freundlicherweise dafür
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