Angels of the Dark: Verruchte Nächte
einem Ort wie diesem verdient Mitgefühl, nicht wahr?“
Würden seine Männer ihm jemals fraglos gehorchen? „Wurden während des Kampfs Menschen verletzt?“, wollte er wissen. Das Mädchen war nicht die Einzige, deren Fragen er ignorieren konnte.
Mit erhobenem Kinn erwiderte Thane durch zusammengebissene Zähne: „Eine der Wachen. Ein Feuerschwert hat ihn in der Mitte durchtrennt.“
Zum zweiten Mal an diesem Tag spürte Zacharel, wie seine Hände sich zu Fäusten ballten. Direkter Ungehorsam – schon wieder. „Ein Feuerschwert durchtrennt nicht aus Versehen einen Menschen.“ Während ein Engel auf der spirituellen Ebene handelte, konnten nicht einmal seine Waffen von Menschen wahrgenommen werden – geschweige denn berührt. Der Engel, der diese Tat begangen hatte, musste also in voller Absicht ins Reich der Sterblichen übergetreten sein.
„Der Wächter war besessen und musste sterben“, erklärte Thane.
„Und trotz des Dämons in seinem Inneren war er immer noch ein Mensch. Wer hat meine Befehle missachtet?“
Thane fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. „Vielleicht war ich es.“
Doch so vertraut, wie Zacharel mit den Tricks zur Umgehung des Klangs der Wahrheit war, wusste er, dass Thane nicht der Schuldige war. „Wer? Du wirst es mir sagen, oder du wirst dabei zusehen, wie ich Björn und Xerxes bestrafe.“ Die Wahrheit. Er würde es ohne die geringsten Gewissensbisse tun.
Wieder eine Pause, diesmal einen Moment länger. „Jamila.“
Jamila. Eine von vier Frauen in seiner Armee, doch sie war diejenige, der er am meisten vertraut hatte. Sie war die Einzige, die niemals seine Autorität infrage gestellt hatte. Und doch würde er jetzt ihretwegen zum neunten Mal ausgepeitscht.
„Du da“, meldete sich die Frau auf der Krankenhaustrage, undVerärgerung klang aus ihrem Ton. „Neuer. Engelchen. Käpt’n Locke, oder wie auch immer du genannt werden willst. Ich hab das Fragen satt, das ist jetzt ein Befehl: Befrei mich.“
Zacharel musste allen Ernstes gegen den Drang ankämpfen, zu lächeln. Er. Lächeln. Die Absurdität war nicht zu fassen. Doch soeben hatte sie seinen Krieger mehrfach beleidigt, genau wie dieser Krieger Zacharel immer wieder beleidigte.
Thane entspannte sich, und ihm entschlüpfte ein leises Lachen. „Käpt’n Locke. Das gefällt mir. Aber, mein schönes Menschenkind, du hast mich gebeten, dich zu retten, nicht, dich zu befreien.“
„Ist doch dasselbe“, gab sie entnervt zurück.
„Da gibt es einen großen Unterschied, lass dir das gesagt sein. Aber was willst du tun, wenn ich deinen Befehl missachte, hm?“
Und sie gurrte ein seidiges „Glaub mir, das willst du nicht wissen“.
Zacharel presste die Lippen zusammen. Langsam amüsierte ihn das nicht mehr. Flirteten die etwa? Er konnte nur für sie hoffen, dass dem nicht so war. Er und Thane waren im Einsatz.
„Weil dieses Wissen mich nicht aufhalten würde?“, erwiderte Thane ebenso seidig.
„Weil es so widerwärtig ist, dass du allein von der Vorstellung kotzen wirst.“
Thane hustete – oder vertuschte ein Prusten. Schwer zu sagen. „Hast du das gehört?“, fragte er Zacharel und sprach zum ersten Mal seit Beginn ihrer Bekanntschaft mit ihm, als wären sie Freunde. Als teilten sie einen Moment der Gemeinsamkeit. „Sie hat mir gerade befohlen, ihr zu gehorchen, und dann gedroht, mir wehzutun, wenn ich mich nicht füge.“
„Ich habe Ohren“, erwiderte er trocken. „Ich habe es gehört.“ Aber warum hatte sie das nicht auch mit Zacharel gemacht?
„Und sie glaubt tatsächlich, dass sie Erfolg haben wird“, fuhr Thane erstaunt fort.
„Du musst nicht gleich so beeindruckt klingen“, wies Zacharel den Engel zurecht. Der Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht. Wenn Thane beeindruckt war, würde er die Frau begehren …und vielleicht vor nichts zurückschrecken, um sie zu bekommen.
Thane blickte ihn finster an. „Ich bin einfach nur neugierig. Und wenn’s sein muss, frage ich eben doch, obwohl es mich nichts angeht. Warum hast du Anspruch auf sie erhoben, wenn du sie hier zurücklassen willst?“
„Ich habe keinen Anspruch auf sie erhoben.“ Die Worte konnten gar nicht schnell genug aus seinem Mund purzeln.
„Warum hast du sie dann von oben bis unten mit deiner Essenzia bedeckt?“
„Ich habe sie nicht angefasst.“
„Und doch trägt ihre Haut dein Zeichen.“
„Das ist nicht meins.“ Essenzia war eine Substanz, die durch ihre Körper floss. Manchmal drang sie durch die Poren ihrer
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