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Angriff auf die Freiheit

Angriff auf die Freiheit

Titel: Angriff auf die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juli Ilija;Zeh Trojanow
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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vertritt die Partei heute fast ausschließlich wirtschaftsliberale Positionen. Ihr Verhältnis zur persönlichen Freiheit ist unausgegoren und opportunistisch. Parteichef Guido Westerwelle forderte im Jahr 2001 die Einführung des biometrischen Personalausweises, welchen die innenpolitische Sprecherin der FDP, Gisela Piltz, einige Jahre später als »weiteren Schritt in die Totalüberwachung« bezeichnete.
    Wen also wählen Sie?

    Tatsache ist, daß keine der relevanten Parteien in Deutschland eine klare Position zur Zukunft der persönlichen Freiheit und des Rechtsstaats im Kommunikationszeitalter vertritt. Es gibt keine Konzepte, kein grundlegendes Nachdenken über die Frage, auf welche Weise eine Gesellschaft ausbalanciert werden soll, in der praktisch jeder alles über jeden wissen kann. In allen Parteien herrscht Konsens darüber, daß der »internationale Terrorismus« eine existentielle Bedrohung darstellt, die nur durch den Erlaß neuer Gesetze bekämpft werden kann. Der Rest sind Feinjustierungen, ein bißchen mehr Richtervorbehalt hier, ein paar mehr Zeugnisverweigerungsrechte da. Zwar betonen selbst Mitarbeiter des BKA und der Länderpolizeien, sie bräuchten zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung keine neuen Befugnisse, sondern Ressourcen, um die bereits vorhandenen Befugnisse erfolgversprechend zu nutzen, aber das scheint niemanden zu interessieren. Es geht nicht um sachliche Fragen, sondern um eine Verteilung des lukrativen Aufmerksamkeitskuchens namens »innere Sicherheit«. Keine Partei möchte auf ihr Stück verzichten.
    Und so erleben wir auf jeder Pressekonferenz und in jeder Talkshow ein rhetorisches Lavieren, bei dem sich schwer beurteilen läßt, ob es manipulativer Absicht oder dem verheerenden Unwissen über die technischen Realitäten geplanter Maßnahmen entspringt. Wenn die »Notwendigkeit« des Grundrechtsabbaus begründet werden soll, erreichen die Einlassungen wahrhaft propagandistische Qualität. Meist genügen mysteriöse »Sachzwänge« als Begründung.
    Unter Politikern gilt es inzwischen als schick, keine Ahnung von den Details einer geplanten Maßnahme zu haben. Offensichtlich glauben sie, sich so beim gemeinen Volk anbiedern zu können – als wären ignorante Stammtischsprüche das Wesen der Bürgernähe. Nach Herzenslust wird mit der Unverständlichkeit der Informationstechnologie kokettiert. Schließlich weiß der Wähler auch nicht, was eine IP-Adresse ist. Viele hochrangige Politiker gehören jener Generation an, die sich »das Internet ausdrucken« läßt. Ihr technisches Unverständnis mag durchaus aufrichtig sein. Sie könnten sich aber informieren, bevor sie von einem Podium herunter Unsinn verbreiten. Statt dessen berufen sich die Politiker auf »Experten« und »Fachleute«, die über die praktischen Fragen Bescheid wissen. Sie wollen nicht als »Nerds« erscheinen, die Techniklatein reden und den Blick für das Große und Ganze vermissen lassen. Man ist schließlich nur ein »normaler Mensch«, der sich um die berechtigten Sicherheitsinteressen anderer normaler Menschen sorgt. Die Frage bleibt, wie ein Interesse berechtigt sein kann, wenn niemand (abgesehen von den einschlägigen Industrien) verstanden hat, worum es eigentlich geht.
    Einen der größten Vögel in puncto Inkompetenz schoß Wolfgang Bosbach ab, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Bundestag:
    »Online-Durchsuchung, das geht nicht mit Messer und Gabel und auch nicht mit dem Fernglas. Dafür brauchen wir den Einsatz modernster IT-Technik, und da kann eine Mail dafür ein Beispiel sein.«
    Die Mail als Beispiel für modernste IT-Technik, quasi als unsere wertvollste Geheimwaffe im Kampf gegen den Terrorismus, als revolutionäre Neuerung in den Händen einer Polizei, die herkömmlich mit Messer und Gabel hantierte – selbst Gerhard Polt könnte sich nicht einfallen lassen, was manche Politiker feierlich vor der Presse verkünden. Legendär geworden sind auch Wolfgang Schäubles Äußerungen zum gleichen Thema, die sich aufgrund akuten Gestammels kaum zitieren lassen:
    »Unter Online-Durchsuchung wird Verschiedenes verstanden, das ist klar. Da wird…da wird sowohl verstanden…der Telekommunikation…der…der Verkehr, als auch die Durchsuchung in den Systemen selbst, weil die technische Entwicklung eben so ist, aber da müssen wir jetzt schon fast die…die…die Internetexperten genauer befragen. Sich so entwickelt, daß eben unsere, oder meine laienhafte

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