Angriff Aus Dem Netz
Millionen Kameras in Mobiltelefonen, und es gibt Webcams. Wenn einer von ihnen auch nur ein Telefon benutzt, werden wir durch automatischen Abgleich mit der Stimmendatenbank sofort alarmiert.«
»Und wenn sie sich gar nicht mehr in den USA aufhalten?«, fragte Gasgoine mit selbstgefälligem Lächeln.
»Sie hatten noch gar keine Zeit, außer Landes zu gehen«, erklärte Jaggard. »Nein – sie halten sich noch irgendwo hier auf.«
»Das ist wie ein Versteckspiel«, meinte Socks. »Aber wir finden sie. Früher oder später.«
2. Kriegsspielzeug
Unter dem schmutzig grauen, verrußten Himmel von Las Vegas herrschte eine seltsam friedliche Stimmung.
Sam saß alleine auf einem dick gepolsterten Ledersofa im riesigen Salon. Durch hohe Fenster ging der Blick auf einen Swimmingpool und in den Park. Der Pool war oval geformt und hatte ein Sprungbrett an einem Ende. Aber er war vollkommen leer. Ausgetrocknet. Eine kleine Erinnerung daran, dass diese Stadt, die früher vor Leben, Lust und Sucht schier übersprudelte, nun wieder zu dem wurde, was hier früher einmal gewesen war: eine riesige Wüstensenke, gefüllt mit nichts als Sand, Staub und Steinen.
Schon vor einer Stunde war die Sonne untergegangen. Der Himmel änderte die Farbe von schmutzigem Grau zu düsterem Schwarz.
War es wirklich nur wenige Monate her, dass er ein Schüler in New York City gewesen war? Die Stadt, in der er seit seiner Geburt gelebt hatte. Wochen, Monate, Jahre waren vergangen, aber seine Welt war immer mehr oder weniger die gleiche geblieben. Zur Schule gehen. Mit Fargas herumhängen. Abendessen mit seiner Mutter.
Aber seither war er offensichtlich von einem Tornado gepackt und von einem Ereignis zum nächsten gewirbelt worden, ohne jemals genug Zeit zu finden, Atem zu holen und nachzudenken. Aber vielleicht war es auch ganz gut so. Denn wenn er erst einmal innehielt und sich die Zeit nahm, gründlich nachzudenken, stellten sich entsetzlich düstere Gedanken ein.
Die Tür ging auf und Vienna trat ein. Sam schaute ihr entgegen, bemerkte nicht zum ersten Mal, wie sie die Hüften schwang und dass sie die Gewohnheit hatte, beim Gehen kleine zuckende Handbewegungen zu machen. Seit ihrer Ankunft in Vegas hatte sie sich verändert, dachte Sam. Sie war weicher geworden. Aber er blieb immer ein wenig misstrauisch, denn er spürte, dass sie ihn jederzeit mit einem scharfzüngigen Kommentar oder einem vernichtenden Blick in Stücke hauen konnte.
»Es sind jetzt zwei Wochen«, sagte sie und setzte sich auf das andere Ende des Sofas.
»Ich weiß. Wie kommt Dodge voran?«
»Er sagt, dass er bald fertig sein wird.«
Sam nickte. Wenn die Software fertig war, wurde es Zeit, sich wieder in Bewegung zu setzen. Und den letzten Teil ihrer Flucht hinter sich zu bringen – in die Sicherheit von Cheyenne Mountain zu fliehen.
Aber was würden sie dort vorfinden, draußen in der wirklichen Welt? Die totale elektronische Isolation, die sie hier in Vegas vor Ursula schützte, hatte auch zur Folge, dass sie über die Ereignisse draußen rein gar nichts wussten.
In diesen beiden Wochen, seit sie sich von der Zivilisation abgeschnitten hatten, konnte alles geschehen sein. Oder nichts.
Doch hier fühlte er sich sicher. Das Haus war bequemer und luxuriöser, als er es gewohnt war, selbst im Vergleich zu dem Hotel in San Jose, obwohl ihm die Dosennahrung allmählich zum Hals heraushing. Aber sie konnten nicht ewig hierbleiben. Ursula würde sie früher oder später finden, daran hatte er nicht den geringsten Zweifel.
Sam warf dem Mädchen einen Blick zu, das neben ihm saß, und sagte plötzlich spontan: »Erzähl mir was von dir, Vienna.«
»Warum?«, fragte sie und er spürte, dass sie sich sofort innerlich einrollte und die Stacheln aufstellte wie ein Igel.
»Nur so«, sagte er schnell. »Monatelang haben wir im selben Raum gearbeitet und im selben Hotel gewohnt, und in den letzten beiden Wochen waren wir sogar ständig zusammen. Und jetzt merke ich plötzlich, dass ich rein gar nichts über dich weiß.«
»Ist doch super«, erwiderte sie scharf, schien es aber sofort zu bereuen, denn ihre Stimme wurde ein wenig weicher. »Okay. Aber du zuerst.«
Sam wandte den Blick ab und starrte eine Weile in den leeren Pool hinaus. Der Beckenboden war mit Laub, Zweigen und Rindenstücken bedeckt, den üblichen Absonderungen eines Waldes. Auf der vom Haus abgelegenen Seite war der Rand des Pools niedriger als an den anderen Stellen, sodass sich das Wasser bei gefülltem
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