Angriff Aus Dem Netz
gen. »Wir werden Ursula aufhalten, bevor das geschehen kann.«
»Schau mal!«, sagte Vienna plötzlich und deutete hinaus.
Der Smog verhüllte den größten Teil des Himmels über ihnen, aber weiter draußen im Südwesten, in Richtung Los Angeles, hatte er sich aufgelöst, und dort waren auch bereits die ersten Sterne am dunkler werdenden Himmel zu sehen.
Aber Vienna hatte nicht auf die Sterne gedeutet. Sondern auf die dunklen, schnell über den Himmel jagenden Umrisse von Flugzeugen, die von Westen über die Wüste flogen, jedes einzelne durch seine winzigen Blinklichter klar markiert.
»Düsenjäger?«, fragte Vienna. »Hat uns Ursula gefunden?«
»Glaub ich nicht«, meinte Sam.
Die Umrisse wurden immer größer und allmählich konnte Sam deutlich erkennen, um welche Art von Flugzeugen es sich handelte.
»Das sind keine militärischen Jets«, meinte er. »Zu groß dafür. Eher Verkehrsflugzeuge.«
Es musste wohl ein rundes Dutzend Flugzeuge sein, das über den dunklen Himmel zog. Nach einer Weile löste sich die Formation plötzlich auf. Die Flugzeuge begannen herumzukurven, flogen in Spiralen und Kreisen, übereinander, untereinander, wie in einem komplizierten, rhythmischen Tanz.
»Was zum Teu. . .«, flüsterte Sam.
»Sie werden vom Boden aus gesteuert«, sagte Vienna, die wie gebannt die seltsamen Flugformationen verfolgte. »Was geht hier bloß ab?«
Sam überlegte lange, bevor er antwortete. »Ich glaube, Ursula probiert ihr Spielzeug aus.«
Er stand auf und trat an das große Aussichtsfenster, so dicht, dass sein Atem die Scheibe beschlug und die tanzenden Sterne wie durch einen Nebel in allen Spektralfarben schimmerten und wie weit entfernte Lichter kleiner Feen wirkten. Er nahm eine Bewegung wahr; Vienna war dicht neben ihn getreten.
»Womit haben wir all das nur verdient?«, flüsterte Vienna. »Warum gerade wir?«
Sam wollte antworten, fand aber keine Worte mehr, als sie ihm den Arm um die Schultern legte und ihn an sich zog.
Wie von selbst legten sich seine Arme um sie, und ihr Kopf lag auf seiner Schulter. Sie hielten einander fest, klammerten sich aneinander und starrten gebannt zu den Flugzeugen hinauf.
»Vienna . . .«, begann er, aber wieder blieben ihm die Worte im Hals stecken, als sie den Kopf hob und ihn leicht auf die Wange, direkt neben die Lippen, küsste.
»Sag nichts«, flüsterte sie.
Sie umarmten sich lange, doch kam es ihnen wie ein Augenblick vor, als ein Geräusch vom Flur zu hören war. Sie fuhren auseinander, verlegen und mit roten Gesichtern, dann flog auch schon die Tür auf.
»Ranger!«, keuchte Dodge. »Er ist entwischt!«
3. Durch die Wüste
Der Geigerzähler lag auf dem Sitz neben Sam und tickte beständig vor sich hin. Die Werte waren hoch genug, um ihn richtig nervös werden zu lassen, aber dem Handbuch zufolge konnten sie diese Strahlenbelastung immerhin für ein oder zwei Stunden aushalten, ohne zu Zombies zu werden. Trotzdem – je weniger Zeit sie in den verstrahlten Bezirken verbringen mussten, desto besser, fand er.
»Nimm die nächste rechts«, sagte er, während er versuchte, die Straßen, durch die sie fuhren, auf der Karte auf seinem Schoß zu bestimmen.
Das war leichter gesagt als getan. Die wenigsten Straßenschilder hatten die Atomexplosion überstanden, und Gebäude, die früher als Markierungspunkte dienen konnten, waren nur noch Ruinenhaufen oder lagen in Trümmern über die Straßen verstreut.
Der Pick-up verfügte zwar über ein Navigationsgerät, das Sam nur allzu gern eingeschaltet hätte. Sicherlich würden sie auch hier in Las Vegas die GPS-Satellitensignale empfangen können. Das Problem war nur, dass sich Ursula dann vielleicht wundern würde, was ein GPS-geleitetes Fahrzeug mitten in einer angeblich völlig verlassenen Ruinenstadt zu suchen hatte.
»Vielleicht ist das reine Zeitverschwendung«, meinte Dodge und steuerte den Pick-up um einen großen Trümmerhaufen, um in die Straße einbiegen zu können. »Wenn Ranger nur einen Funken Verstand hat, wird er sich irgendwo verstecken, sobald er uns hört oder sieht.«
»Wir müssen es trotzdem versuchen«, sagte Sam und hielt auf allen Seiten Ausschau nach verdächtigen Bewe gungen. Auf dem Nebensitz lag auch ein Fernglas, aber in den dicht beieinanderliegenden Ruinen nützte es ihm wenig. »Wenn er sich bis zur Außenwelt durchschlägt, werden wir es nicht nach Cheyenne Mountain schaffen. Unsere einzige Chance ist, ihn wieder einzufangen, bevor er irgendwo ein funktionierendes
Weitere Kostenlose Bücher