Angriff Aus Dem Netz
Kabel aus dem Koffer. Das Kabel war an einen Slot im Koffer angeschlossen. »Bevor wir ihre Maschinen auch nur anfassen, klonen wir ihre Festplatten. Die Taktikteams werden die Computergehäuse überprüfen, wir können also sicher sein, dass sie alle Sprengsätze oder sonstigen Fallen entfernen . . .«
»Sprengsätze?«, fragte Sam nervös.
»Kommt ziemlich oft vor«, sagte Dodge gelassen. »Damit sollen alle Beweise auf den Festplatten zerstört werden. Aber mach dir darüber keine Sorgen – die Taktischen kümmern sich darum, sie sind Spezialisten für diese Dinge. Wir gehen erst rein, wenn sie die Terroristen abgeführt und irgendwelche physischen Sprengsätze und Fallen entfernt haben. Und dann, wie gesagt, klonen wir zuerst einmal sämtliche Festplatten. Wenn sie eine Software zur Selbstzerstörung oder einen Selbstmordcode installiert haben, dann haben wir mit den geklonten Platten noch eine zweite Chance. Dazu muss man die Festplatte aus dem Computer nehmen und hier an den Diskclone anschließen, der dann den gesamten Inhalt spiegelt, Bit für Bit, Byte für Byte, und zwar auf eine interne Festplatte, die sich hier im Koffer befindet. Klar so weit?«
»Ja, klar.«
Dodge ging sämtliche Geräte im Koffer mit ihm durch und erklärte ihm, wofür sie bestimmt waren und wie man sie einsetzte. Das dauerte eine gute halbe Stunde und war weit bessere Unterhaltung, dachte Sam, als auf dem Flugzeugmonitor einen Film anzuschauen.
Die Stewardess – auf ihrem Namensschild stand »Marie« – brachte ihnen Mineralwasser zur Erfrischung und eine kleine Auswahl an Windbeuteln und anderem Gebäck. Dodge hielt den Koffer geschlossen, solange sie in der Nähe war, und öffnete ihn erst wieder, als sie verschwunden war.
»Was denkst du eigentlich über dieses Phantom?«, fragte Sam schließlich, als die Einführung in die Feldausrüstung beendet war. »Hast du eine Theorie?«
»Könnte es die Bestie von Exmoor sein?«, grinste Dodge. »Oder der Hund von Baskerville?«
»Was für Dinger?«, fragte Sam verblüfft.
»Gummi Bear wird bestimmt behaupten, dass da irgendeine Bestie im Netzwerk herumstreunt, ein Monster, ein Dämon aus den Abgründen des Internets.«
»Wohl eher ein Engel als ein Dämon«, meinte Sam.
»Schon möglich. Eine andere Theorie wäre, dass es auch ein Kodierungsfreak gewesen sein könnte. Jemand mit unglaublichem Geschick oder wahnsinnigem Wissen, oder mit beidem.«
»Und – gibt es solche Leute wirklich?«, wollte Sam wissen.
»Aber klar doch. Ich habe zwei von ihnen schon kennengelernt . . . na ja«, sagte er zögernd, »bei einem bin ich sicher, beim anderen weiß ich es noch nicht definitiv.«
»Wen meinst du?«, fragte Sam neugierig.
»Die Sumpfhexe«, sagte Dodge gelassen. »Sie ist definitiv ein Freak.«
»Ein Freak? Wie meinst du das?«
»In unserem Geschäft sind wir am leistungsfähigsten, bis wir ungefähr zweiundzwanzig sind. Danach wird das Gehirn allmählich langsamer, teilweise hat das mit dem Druck zu tun, unter dem wir arbeiten, und teilweise eben mit dem hohen Alter.«
»Hohes Alter?«, echote Sam ungläubig. »Mit zweiundzwanzig?«
»Klar. Es gibt zwar ab und zu auch Leute, die nicht ausbrennen und deren Hirn Jahr um Jahr auf höchster Leistungsstufe weiter funktioniert. Aber das sind Launen der Natur. Geborene Computermenschen. Leute, die unseren Job, ohne weiter nachzudenken, ausüben können, und manche sind dafür nicht mal richtig ausgebildet worden. Naturgenies, sozusagen. Wie zum Beispiel unsere Sumpfhexe. Man erzählt sich, dass sie Wunder vollbringen könne.«
»Dann könnte sie doch wohl auch das Phantom sein?«
»Du kannst mir glauben: Dieser Gedanke ist auch mir fast sofort gekommen«, sagte Dodge nachdenklich. »Wenn es überhaupt einen Menschen gibt, der digitale Kröten, Schlangen und sonstiges Kriechgetier in einen Kessel werfen und einen Wundertrank daraus brauen kann, dann ist es die Sumpfhexe. Aber als das alles passierte, stand sie ständig hinter uns. Sie hätte es also gar nicht tun können.«
»Wer denn sonst?«
»Vielleicht gibt es irgendwo eine andere Agentur . . . ein ähnliches Kontrollzentrum wie unser eigenes . . .«
»Der Osterhase?«, fragte Sam.
»Könnte sein«, meinte Dodge. »Oder vielleicht unsere Kollegen in einem anderen Land.«
»Das passt alles nicht zusammen, wenn ich es mir richtig überlege«, sagte Sam nach kurzem Schweigen. »Kann mir nicht vorstellen, dass uns ein anderes Land so weit voraus sein könnte.«
»Was
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