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Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Titel: Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Ruprecht Frieling
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schallt es hinterher. Der wilde Schrei des Körpers nach Zucker übertönt die mahnende Stimme der Vernunft. Schwuppdiwupp verschwinden einige der eisigen Plätzchen im Schlund der Kartoffel. Geschwind verschlossen wird die Dose wieder in ihren Eiskeller verbannt. Niemand wird die vergammelten Kekse vermissen oder gar auf Vollzähligkeit prüfen, vermutet sie. Kartöffelchen verpflichtet sich zudem ihrer Maxime: Wer arbeitet, muss essen; wer viel arbeitet, muss fressen.
     
    Eine neugierige Stubenfliege dreht zufällig über dem Geschehen ihre Runden. Sie berichtet später auf Befragen, es wäre ein blitzschneller Griff gewesen, ein chamäleonhaftes Vorschnellen der Zunge, auf der dann ein Keks nach dem anderen im Tonnengewölbe versank. Kein noch so kleiner Krümel sei zu Boden gefallen und für sie übrig geblieben. Sie selbst sei vielmehr heilfroh, dem Schmatzen und Schmausen unbeschadet entkommen zu sein.
     
    Es ist ein sommerlicher Tag. Hoch steht die Sonne am Himmel und sticht Löcher in die Luft. Heiß bläst der Wind von Süden, und wer die Brise trinkt, mahlt bald feinsten Saharasand zwischen den Zähnen. Mensch, Tier und Pflanzen warten auf einen erfrischenden Schauer. Schwer atmet die Luft. Und da bricht urplötzlich ein Inferno los: Die Kartoffel taumelt. An diesem Vormittag fällt ihr die Arbeit besonders schwer. Auf dem Parkettboden beginnen farbige Kreise zu tanzen, und der staubige alte Besen lacht sie unversehens aus. Wie Schuppen fällt es von den Augen der Mundräuberin. Der Herrgott sieht alles, und ist er auch gnädig, so kann er kaum alles dulden. Der kleine Diebstahl wird offenbar von himmlischen Mächten unnachgiebig gesühnt. Die frostigen Kekse waren vergammelt, die Kartoffel ist vergiftet! Killerkekse trachten nach ihrem Leben!
     
    Schwer taumelt das Geschoss im schwülen Salon. Ein Sofa spendet Trost. Handle, so lange es noch geht! Auf einen kleinen Zettel krakelt sie zittrig eine Telefonnummer, die Rufnummer einer Freundin. Der Stift klebt am Papier, die Ziffern wollen kaum gelingen. Endlich ist das Werk vollendet. Die Kartoffel rappelt sich vom weichen Pfuhle auf. Geheimnisvolle Stimmen dringen an ihr Ohr. Spricht dort DER HERR? Klingt fern vom Turm die Totenglocke? – Das letzte Stündlein der frommen Katholikin scheint zu schlagen.
     
    Weidwund schleppt sich die betäubte Kartoffel, und jedes Kilo wirkt gleich dreifach schwer, mit ihrem Notizzettel zur Hausfrau. Ihr könnte sie alles gestehen, und Hilfe wäre greifbar nah. Doch welcher Dieb offenbart sich freiwillig dem Beraubten? So murmelt sie etwas von plötzlicher Hitze, Schwindel und Flugzeugen im Kopf. Wenn ihr etwas geschehe, sei bitte die notierte Nummer anzurufen. Sie blubbert, nuschelt, reißt sich dann zusammen und überreicht ihren Zettel.
     
    Die Herrin ist verständig. Auch sie fühle sich heute elend, ihr sei ebenfalls heiß, alles drehe sich, und das Schwindelgefühl sei übermächtig, ihr Blutdruck liege am Boden. Was für ein schwüler Tag! Sie spendet Trost. Langsam angehen lassen, lautet ihr wohl meinender Rat, heute gehe es allen Wetterfühligen bunt, und morgen lache schon ein neuer Tag. – Ein schwacher Trost für die Kartoffel! Sie schwankt und wankt, sie krächzt und ächzt durchs Treppenhaus. Bleischwer schleppt sie sich zurück zu ihrer Wirkungsstätte im Obergeschoß.
     
    Dem Hausherrn wird die Botschaft weiter gereicht. Der wundert sich wenig, denn jeder Mitarbeiter in seinem Familienbetrieb hinterlegt irgendwann einmal eine Notrufnummer für die Akten. Diese nimmt er also wunschgemäß zu den Personalien des Putzteufels und wundert sich lediglich, wie unleserlich der Zettel ist. Ist die Kartoffel des Schreibens gar unkundig? Wohl kaum. Eher scheint sie darin ungeübt. Jedenfalls ist es immer gut, für den Fall der Fälle über eine Kontaktadresse zu verfügen. Der Zettel verschwindet im Aktengang.
     
    Gequält stöhnt die Kartoffel auf. Zu den Stimmen tönt jetzt auch Musik. Schatten tanzen Ringelreihen und lachen sie schadenfroh aus. Eimer, Schrubber und Wischmopp huschen vor ihr davon und spielen Fangen.
     
    Unheimlich schallt ein gemischter Chor aus Himmel und Hölle: »Oh diebische Elster, du wurdest erwischt!« Ihr schlechtes Gewissen erwacht vollends. Eines schönen Tages musste es wohl soweit kommen. Es naht der Tag des jüngsten Gerichts. Sämtliche Schulden werden saldiert.
     
    Tausend tückische Teufel tanzen. Die geraubten Kekse haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Und die Bibel

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