Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
fressenden Flammen. Offene Feuer haben eine unbeschreiblich starke Anziehungskraft, das Knistern und Prasseln übt eine faszinierende Sogwirkung aus. Ob am Kamin oder am Lagerfeuer, es begeistert, träumend in die Glut zu starren und den imaginären Feind braten zu sehen. Endlich einmal ein Arbeitsgerät, das etwas taugt und sogar Träume erfüllt.
Nach mehr als zwei Stunden Brandschatzung rieche ich wie eine zu lange abgehangene Salami aus jeder Pore nach Rauch. Meine Frau meint später, ich erinnere sie an eine alte Dauerwurst. Ist das jetzt gut oder schlecht? Vielleicht ist es sogar ein Kompliment, meine Frau liebt »alte Knacker«. Wie auch immer, Rauchwürste halten länger! Geschafft von meiner Vernichtungsorgie schaue ich befriedigt auf mein Tagewerk, mit dem ich eine Schneise der Verwüstung geschlagen habe. Der Garten wirkt wieder wie neu.
Da schallt es hinter mir wie Donnerhall: »Was hast du mit meinen Winterlingen gemacht!« – Winterlinge? – Meint meine bessere Hälfte etwa die kleinen unscheinbaren Grünpflanzen, die das Beet verschandelten? – »Du bist ein Volltrottel! Die blühen im Winter, und du hältst sie für Unkraut. Mach jetzt endlich das Ding aus und komm ins Haus.«
Da erspähe ich aber noch einige Gegner, die es zu vernichten gilt, und ich wedele mit der Spritze in ihre Richtung. Hier und da reckt noch ein munterer Grashalm sein grünes Haupt aus dem Todesstreifen, und weiter hinten wagt sich gleich ein kleines Büschel zum konzentrierten Angriff hervor. Erneut schwenke ich mein Flammenschwert und schicke wie ein rächender Baal Feuer vom Himmel.
Meine Frau ringt die Hände und brüllt mich fassungslos an. Alle Blätter, Blüten und Pflanzenteile, die sich auch nur einen Millimeter über die Beetumfassung hinaus getraut hatten, wurden liquidiert. Saubere Arbeit, Flammenmeister! Tja, Perfektion ist eben Perfektion, mag es auch aus dem Hintergrund empört schnauben. Ich ergebe mich und sinke in einen Gartenstuhl, um mich und mein mutiges Werk zu bewundern.
Erschöpft vom vielen Zündeln dusele ich ein. Da raschelt es im alten Laub. Die Bewohner meines Gartens sind auf der Flucht! Eine Igelfamilie zieht ein kleines mit Fallobst beladenes Wägelchen hinter sich her und strebt dem Gartentor zu. Zwei Laubfrösche mit grünen Wanderrucksäcken hüpfen hinterher. Über das Rasenrund reitet Grünbart, das Moosmännchen, auf einer grauen Maus und transportiert seine Habseligkeiten in einer Nussschale. Eine ältere Maus mit Kopftuch, Regenschirm und einem Sack, aus dem eine kleine Flasche lugt, schlurft ihnen nach. Beladen mit Vorräten springt eine vierköpfige Eichhörnchenfamilie von Ast zu Ast. – Freunde, ich wollte Euch doch keinesfalls vertreiben! – Als stehe die Savanne in Flammen, folgen den kleinen Gesellen auch größere Tiere auf dem Fuße. Eine Herde Gazellen galoppiert um ihr Leben. Zwei Löwen traben auf leisen Tatzen zur Strasse. Eine Giraffe stiebt mit weiten Schritten ins Freie.
Ich schäle mich aus meinem Sonnenstuhl. Habe ich da vielleicht etwas falsch gemacht? Der sauber abgestrahlte Todesstreifen steht schon wieder in voller Blüte. Die Gräser sprießen jetzt doppelt so stark wie zuvor. Mein Feuer schuf Dünger für die schnell nachwachsende Natur!
Morgen gehe ich zum Supermarkt und gebe die Spritze zurück.
Mottenmord
Erste Bewegungen zur Morgenstunde sind meist mechanisch und entsprechen bewährter Bewegungsfolge. Schritt für Schritt kommt der Organismus in Gang, und eine Körperfunktion nach der anderen reagiert auf den Weckruf der Zentrale. Kamm, Bürste, Seife, Deo und Parfum thronen auf festen Plätzen nahe der Waschkonsole und werden in routinierter Reihenfolge herbei zitiert und eingesetzt. Ob Katzenwäsche, Dusche oder Wannenbad, ob Wasser aus der hohlen Hand geschöpft oder großzügig mit Schwamm und Lappen verteilt, selten wird im Alltag deutlicher, wie eingeteilt, abgezirkelt und gleichförmig ein Leben verläuft als bei Beobachtung der gewohnten morgendlichen Verrichtungen im heimischen Bade.
Wohl gibt es hier und da eine kleine Abweichung vom üblichen Ritual. Paste, Lotion oder Creme verschwinden auf geheimnisvolle Weise von ihrem üblichen Platz und spielen Verstecken. Doch die nützlichen kleinen Helfer entkommen selten, und bald schon geht der fröhliche Hautputz los. Es wird gerubbelt und geschrubbt als sei der Schlaf eine schmutzige Angelegenheit, die es abzuwaschen gelte. Ein ganzer Kerl ist eben mit
Weitere Kostenlose Bücher