Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
dem schützenden Fisch?
Not macht erfinderisch. Eine Zahnbürste wird in Stellung gebracht, und mit stochernden Bewegungen geht es dem Schädling ans Leben. Rache ist Blutwurst, und Leberwurst mein Zeuge, knurrt der Verfolger, der ein schnelleres Ende der Geschichte bevorzugt hätte. Doch schon winkt ihm der Siegerkranz. In der Kloschüssel wird das Schicksal des Schädlings besiegelt. Haltlos, schlaff und von langer Jagd erschöpft stürzt der Falter in die Schlote und treibt erledigt auf dem Wasserspiegel. Der Siegreiche lässt den schützenden Kugelfisch sinken, der zu seiner großen Erleichterung unbeschädigt blieb und stellt ihn wieder an seinen Stammplatz am künstlichen Strand. Schweißperlen stehen auf der Stirn des erfolgreichen Jägers. Er schnauft befriedigt und geschafft.
Interessiert beäugt er die fette Beute, die vor ihm im Becken treibt und atmet erleichtert auf. Nun hat die arme Seele Ruh! Ein echter Grünrock hätte jetzt sein Horn gezückt und die Strecke verblasen: Weidmannsheil und Halali, die Hatz ist vorüber. Unser Mann zitiert stattdessen das Buch Moses: »Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr«. Und mit diesem blutrünstigen Bibelwort wäre der Mottenmord am Morgen sowohl hinreichend begründet als auch bereits wieder vergeben.
Doch da bäumt sich die miese Motte in der schäbigen Schüssel zum letzten Gefecht. Mächtig ist ihr Lebenswille, und es scheint, als schraube sie sich erneut aus der Kloake in die Lüfte. Jetzt ist's genug. Dem Helden platzt der Kragen. Mach dich vom Acker, Gliederfuß! Wild entschlossen betätigt er die Spülung und strudelt den Schädling mit Wasserkraft ins Totenreich.
Die Schlacht ist vorbei. Der Morgenmantel gehört wieder seinem eigentlichen Besitzer allein. Stolz schlüpft er hinein und streicht den angenagten Ärmel des weichen Gewebes glatt. Mit einem Finger stößt er in das Loch, das der gefräßige Gliederfuß hinterlassen hat. Egal! Endlich kann er seinen geliebten Bademantel wieder ungestört allein benutzen und seinen Morgenappell nach eigenen Regeln gestalten.
Mörderischer Morgen, nimm deinen Lauf!
Wie ich Reservepapst wurde
In Bananenrepubliken und Urwaldstaaten werden in Abwesenheit gern Oberhäupter gestürzt und neue Häuptlinge inthronisiert. Im kleinsten Staatswesen unserer Galaxie, dem Kirchenstaat, sind derartige Praktiken ebenso gut bekannt. Und nun meldet das Radio, der Papst gehe auf Reisen! Der Himmel schickt mir damit ein Zeichen: Popetown freue Dich, ich komme und werde Reservepapst! Es ist doch besser, wenn stets ein Statthalter vor Ort ist, dann kann der andere stressfrei durch die Weltgeschichte düsen und den Staub der Kontinente küssen.
Als Beweis für meinen spirituellen Hintergrund und meine hervorragende fachliche Eignung stecke ich einen skelettierten Kaninchenkopf der Hl. Agnes im Hobbit-Format ein, packe einen Fetisch der Inuit aus Walrosszahn hinzu und entstaube ein katholisches Reisegefäß für Hostien, das ich günstig auf dem Flohmarkt fand. Die notwendige Arbeitskleidung hatte ich voraus schauend im Internet ersteigert: weiße Soutane, Schulterumhang und Scheitelkappe, ein Brustkreuz an goldener Schnur und ein Hut mit breitem Rand und goldener Borte. Sicherheitshalber stecke ich noch goldene Ringe an die Finger, das wirkt päpstlicher. Rollengerecht kostümiert besteige ich den Euro-Shuttle und bin zwei Stunden später bereits am Flughafen meiner neuen Wirkungsstätte Rom. Dass ich den teuren Leonardo-Express in die Innenstadt schwarz nutzen darf, beweist mir, dass die Einheimischen mich spontan anerkennen und respektieren. – Wer behauptet da noch, die Römer spinnen, Herr Obelix?
Die Stadt am Tiber mit ihren dazwischen gewürfelten gewaltigen Trümmern aus der Ära der alten Römer streckt sich im Sommerwind. Brüllende Autos und fauchende Vespas fliegen im ständigen Blechkontakt durch die Strassen, infernalisch tobt der Lärm. Staub, Dreck und Abgase flirren durch die Luft. Touristen irren zwischen Müllbergen und zerfetzten Plakatwänden umher. Für einen Papstvertreter ist Rom spärlich ausgeschildert, es gibt kaum Informationen, wenige Wegweiser, dürftige Hinweise. Dafür existieren gewaltige marmorne Straßenschilder, die den alten Römern geschuldet sind, die noch keine Brillen kannten.
Die Kuppel des Petersdoms ist jedenfalls weithin sichtbar, somit ist der Weg zum Vatikan, meinem neuen Amtssitz, leicht zu finden. Vor Ort rufe ich
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