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Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Titel: Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Ruprecht Frieling
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Kunden, wimmert der Servicecomputer. Nimm alles und zahl in bequemen Raten ohne Aufschlag, lügt die Bank. Es klingt, als verdiene jeder, der Geld ausgibt, neues Geld hinzu.
     
    »Kauf dich reich wie ein Scheich« könnte es im Werbetext heißen. Manch einer hortet privat preiswerte Warengebirge. Damit ist er in harten Zeiten gegen jegliche Wirrnisse gewappnet. Ob diese Rechnung tatsächlich aufgeht, wird sich unter dem berühmten Strich zeigen. Bei Wulle und seinen Geschwistern jedenfalls sorgt es erst einmal dafür, überquellende Lager zu leeren und Käufer in Trab zu bringen.
     
    Die monströsen Plastiktüten, die hektische Kunden wie Trophäen einer Großwildjagd aus dem Laden schleppen, sprechen eine verständliche Sprache. Sie bestätigen deutlich sichtbar den kurzfristigen Erfolg der Preispolitik. Solange der Käufer glaubt, auf der Siegerseite zu sein und sich immer wieder entsprechend verhält, ist alles in Ordnung. Dieses Gewinnergefühl will der Preisrausch vermitteln, um das Interesse der Kundschaft wach zu halten. Denn nur wer die Marktwirtschaft täglich neu erfindet und dies nach außen hin verdeutlicht, zählt zu den Überlebenden im Straßenkampf.
     

Deutschland, mein Wintermärchen
     
    Wettergott Jörg Kachelmann blickt sorgenvoll auf seine fröstelnden Fernsehfreunde und orakelt kühl: »Es wird bitter, bitter kalt. Es wird so schrecklich kalt, dass wir selbst nicht genau wissen, wie kalt es wirklich werden wird.« Zitternd hüllt sich das Fernsehvolk in warme Decken, nachdem zuvor schon Schreckensberichte aus Moskau den Auftritt von Väterchen Frost mit vierzig und mehr Minusgraden bebilderten. Hier stürzen schlecht gewartete Hallen unter der Last der Schneemassen ein und begraben Menschen, dort rasen Autos auf spiegelglatten Strassen ineinander und zerquetschen Leiber. Der Deutsche, der sich sonst nur noch bei Killerviren, Katastrophen oder Kriegen aus dem Schlummer schält, erwartet den Angriff der klirrenden Kälte und mummelt sich dick ein.
     
    Machen wir das Beste aus dem Angriff der Natur, denkt sich mein Lebensglück und entscheidet: wir fahren in die schneesicherste Region Ostgermaniens und bieten dem Chaos die Stirn. Das Erzgebirge liegt wenige Autostunden entfernt vor der Tür und lädt zum Entdecken ein. Bei minus achtzehn Grad rollen wir durch eine verträumte Winterlandschaft, beziehen ein gemütliches Quartier und marschieren zum nächsten Skiverleih. Langlauf soll es sein. Das sei ein natürlicher Sport, der alle eingerosteten Körperregionen gleichmäßig beansprucht, wird mir versichert. Auf Skiern stand ich zwar zuvor noch nie. Doch ist der Geist erst einmal überredet, bleibt dem Fleisch kaum eine Chance.
     
    Vor dem ersten Ausritt mache ich mich frisch. Als ich aus dem Bad komme, stockt mir der Atem. Auf dem Hotelbett türmt sich ein unförmiges Gebirge aus Thermohemden, langen Unterhosen, Fleecejacken, Rollkragenpullovern, dicken Socken, Skihosen, Anoraks, Mützen, Schals und Handschuhen. Es ist ein wahrer Mont Klamott. »Was soll der Kram? Wo kommt das alles plötzlich her? Hast Du das Zeug etwa neu gekauft? Mir reichen meine Jeans!« Meine Traumfrau beruhigt mich. Sie hätte die Ausrüstung heimlich zusammen getragen, um mich nicht zu beunruhigen, und alles sei äußerst preiswert gewesen. – »Soll ich diese Klamotten tatsächlich anziehen?« Sie lächelt mich unwiderstehlich an. Nach lahmen Protesten stopfe ich mich mühsam in die warmen Kleider und verdoppele allmählich meinen Umfang. Im Spiegel blickt mir nach einer dreiviertel Stunde Umkleidezeit eine Mitleid erregende Mischung aus Luciano Pavarotti und dem Michelin-Männchen entgegen. Ich seufze ergeben. Also geht es auf die Loipe.
     
    Unter einer Loipe darf sich der ungelernte Skihase eine maschinell gespurte Bahn vorstellen, in der die schmalen Langlaufski geführt werden. Das geht angeblich kinderleicht, und im ersten Augenblick ist es das auch. – Huiiiiiiiii, schon rutsche ich los! – Mit langen Skistöcken stochere ich mal in der Luft und mal im Schnee herum. Nach ein paar steifen Bewegungen beginne ich zu gleiten und fühle mich bald wie Häuptling Leichte Feder. Klasse Premiere! Vor mir zischt mein persönliches Langlauf-Luder die Loipe entlang. Ich will mir keine Blöße geben und stolpere ihr nach. Nach drei Minuten beginnt meine Nase zu laufen. Gelber Schnodder rinnt auf die Oberlippe. Voll eklig! Kurze Verschnaufpause, ein Taschentuch wird gezückt und ich schnaube kräftig.
     
    Weiter geht

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