Angst
Ihre Hilfe. Es hat mit Tammy zu tun.«
Ruckartig wollte sie ihm die Hand entziehen, doch Savich hielt sie fest umklammert. Einen Augenblick lang schien es, als gerate sie in Panik.
»Nein, alles ist in Ordnung. Tammy und Tommy sind schon lange nicht mehr am Leben, das wissen Sie. Es geht um jemanden, der den beiden nahesteht. Wir suchen einen alten Mann, der Tammy kannte, vielleicht ihr Großvater.«
»Aber warum? Sie sind doch alle tot, oder etwa nicht? Schwören Sie, dass Tammy tot ist, Mr Savich!«
»Natürlich ist sie das«, versicherte er ihr. »Allerdings gibt es einen bösartigen alten Mann, der genauso verrückt und gewalttätig wie Tammy ist. Er möchte sie rächen, indem er mich umbringt. Und er will Sherlock verletzen. Helfen Sie uns, Marilyn. Erzählen Sie uns, wer er ist.«
»Moses Grace?«, flüsterte sie. Aus ihrem Gesicht war jetzt jegliche Farbe gewichen, die alte Furcht in ihre Augen zurückgekehrt. »Der alte Mann, über den jeder spricht? Und das Mädchen, das er bei sich hat? Claudia?«
Savich nickte.
»Oh Gott, glauben Sie, dass er von der Scheune hier weiß?«
»Nein«, entgegnete Savich, »das kann ich mir nicht vorstellen. Die Scheune wurde in keinem Zeitungsartikel erwähnt. Und glauben Sie mir, Marilyn, wenn er aus irgendeinem Grund von diesem Ort erfahren hätte, wäre er schon vor Monaten hierhergekommen. Er weiß von nichts. Vertrauen Sie mir!«
» Okay, das ist gut. Aber Sie halten Moses Grace für Tammys Großvater?«
»Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Er ist zu alt, um ihr Vater zu sein.«
»Ich möchte nicht, dass er Sie tötet, Mr Savich.« Marilyn nickte mit dem Kopf in Richtung von Sherlocks Schlinge. »Hat er das getan?«
»Ja«, sagte Savich.
»Sie haben recht, es kann sich bei Moses Grace nicht um Tammys Daddy handeln. Er ist fortgegangen, als sie und Tommy noch ganz klein waren.«
»Schön. Sie hatten mir damals erzählt, dass Ihre Mutter und Tammys Mutter Schwestern oder Halbschwestern waren. Verraten Sie uns alles, was Sie von den anderen Familienmitgliedern noch wissen, Marilyn - Namen, Wohnorte, was auch immer.«
»Es fällt mir sehr schwer, über sie zu reden, Mr Savich, aber ich werde es versuchen.« Sie winkte die beiden erneut zu den Mahagonistühlen. »Setzen Sie sich doch. Also gut.« Dann hielt sie inne, streckte die Beine aus und steckte die Hände in die Hosentaschen ihrer Jeans.
Schließlich sagte sie ganz langsam, so als würden die Worte gegen ihren Willen aus ihr herausgezogen: »Dalton, Kansas, dort bin ich mit meiner Mom groß geworden. Tammy und Tommy lebten mit ihrer Mutter in Lucas City, einer kleinen Farmerstadt, die vielleicht zwanzig Kilometer entfernt lag. Soweit ich mich erinnern kann, gab es da nie einen Daddy. Aber beide Moms waren verheiratet gewesen, das weiß ich ganz genau. Tammys Mutter war Tante Cordie. Cordelia Tuttle - Tuttle war der Name ihres Mannes, doch wie ich schon sagte, war er seit langem fort. Mein Daddy hieß Warluski, also hieß meine Mom Marva Warluski. Mein Alter hat sich aus dem Staub gemacht, da war ich noch nicht einmal geboren.
Meine Mom hat immer behauptet, dass Cordie das
Hirn eines Champignons hat und fieser als eine Mokassinschlange ist. Sehen Sie sich nur Tommy und Tammy an. Es waren genaue Abbilder von ihr. Immer wenn die Zwillinge mich verprügelten, hat meine Mom nur gesagt, das wäre ganz okay, solange mein Kopf noch dran sei. Ich müsste härter im Nehmen werden. Sobald sie zu Besuch kamen, versteckte ich mich.« Sie machte eine kurze Pause und verzog das Gesicht. »Aber sie haben mich jedes Mal gefunden, und Prügel gab es sowieso. Meine Mom hat mich ein Weichei genannt.«
»Erinnern Sie sich an andere Tanten oder Onkel?«
Marilyn schüttelte den Kopf. »Meine Mom hat nie von jemandem gesprochen. Und Tante Cordie auch nicht.«
»Und beide, Ihre Mom und Tammys Mom sind gestorben, nicht wahr, Marilyn?«
Schlagartig riss Marilyn die Augen auf. »Ja, Mr Savich, sie sind gestorben, als wir alle noch Teenager waren. Da haben Tommy und Tammy mich mitgenommen und mir befohlen, alles zu machen, was sie mir auftragen. Andernfalls würden sie mich in ein Loch voller Schlangen stecken.«
»Wie sind die beiden Frauen umgekommen?«
»Tommy hat erzählt, dass sie in das Haus einer alten Dame eingebrochen sind, um ihre Sozialhilfe zu stehlen, doch sie wollte ihnen nicht verraten, wo sie das Geld aufbewahrte. Ein Nachbar hörte die Schreie der alten Dame und rief die Polizei an. Sie flüchteten, und die
Weitere Kostenlose Bücher