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Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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»Das kommt mir bekannt vor. Weißt du, ich bin froh, dass wir der Scheune einen Besuch abstatten. Alles hat dort geendet.«
    Savich erinnerte sich an den Nachmittag vor vielen Jahren, als wäre es erst gestern gewesen. »An dem Tag haben wir gewonnen. Die beiden gekidnappten Jungen ebenfalls.«
    »Es hat etwas Ironisches, dass Moses Grace einige Dinge richtig verstanden hat und andere vollkommen falsch. Offensichtlich hat er sein gesamtes Wissen aus der Zeitung«, sagte Sherlock nüchtern.
    »Ja, und den Rest hat er sich einfach hinzufantasiert. Nein, so was, schau dir das an!«
    Die riesige alte Scheune, die jahrzehntelang verlassen gewesen war, sah nicht mehr baufällig oder verkommen aus. Die einst abgeblätterten Dachschindeln waren vor Kurzem in einem strahlenden Rot gestrichen worden und warfen das Licht der Nachmittagssonne zurück, die durch die
    Ahornäste schien. Der Müll und die Maschinenteile, die damals überall um die Scheune verstreut gelegen hatten, waren verschwunden. Stattdessen gab es einen Kiesweg, der zu den beiden großen Toren an der Vorderseite des Gebäudes führte.
    »Das wirkt nicht mehr wie der gleiche Ort«, sagte Sherlock. »Glaubst du, Marilyn hat das alles gemacht?«
    »Wer sonst? Sieh mal, eins der Tore steht einen Spalt offen! Sie muss hier sein.« Savich lächelte, als er das riesige Tor weit aufstieß und Sonnenlicht von Westen her hineindrang. Es war unglaublich, dachte er und blickte sich um. Es musste Tage gedauert haben, all das schimmelige Heu, die verrosteten Maschinenteile und die hölzernen Futtertröge zu entrümpeln. Der mit schwarzer Farbe mitten auf den Boden gemalte Kreis, an den sich Savich so lebhaft erinnerte, war verschwunden. Der Boden war auch nicht mehr mit Schmutz bedeckt. Stattdessen war ein Dielenboden verlegt worden. Die Wände waren mit Rigipsplatten verkleidet und gestrichen, und in die Fenster waren wieder Glasscheiben eingelassen worden. In der alten Scheune roch es genauso frisch wie draußen, wobei ein Hauch von Farbe, Sägemehl und Tapetenkleister in der Luft hing.
    Sie gingen in Richtung der Sattelkammer und bemerkten an der abgehängten Decke neue Lampen, die riesige Lichtkreise auf den Boden warfen. Die Treppenstufen am anderen Ende der Scheune, die hinauf zum Speicher führten, waren ersetzt und gestrichen worden. Sie sahen stabil aus.
    Da hörte Savich eine Frau summen und rief: »Marilyn? Sind Sie das?«
    Das Summen brach ab. »Wer ist da?« In der Stimme lag eine Spur verständlicher Furcht.
    »Hier sind Agent Dillon Savich und Agentin Sherlock vom FBI. Erinnern Sie sich an uns?«
    Eine junge Frau in uralten, mit Farbe beschmierten Jeans, einem großen Plum-River-Sweatshirt und Sneakers voller Farbspritzer kam ihnen entgegen. Sie hatte einen Pinsel in der Hand. Die einst übergewichtige, verzweifelte junge Frau mit hängenden Schultern, strähnigem Haar und ängstlichen Augen, die Savich und Sherlock noch in Erinnerung hatten, war nicht mehr wiederzuerkennen. Diese Frau wirkte gesund. Ihre Augen strahlten, das Haar war gewaschen und zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. »Mr Savich? Sind Sie das wirklich? Oh mein Gott! Und wie gut Sie aussehen!« Sie warf ihm die Arme um den Hals und schlang ihm die Beine um die Hüften. Dann lehnte sie sich ein wenig zurück und grinste ihn an. »Oh, das ist einfach toll! Erinnern Sie sich an den Brief, den ich Ihnen aus Aruba geschickt habe? Ich habe Ihnen geschrieben, wie froh ich war, dass Tammy Sie nicht getötet hat!« Sie beugte sich hinab und gab ihm zwei dicke, schmatzende Küsse. »Ich hätte nie gedacht, Sie je wiederzusehen!«
    Savich packte sie sanft an den Handgelenken und zog ihre Hände von seinem Hals weg. »Marilyn«, sagte er lachend, »es ist nicht so, dass ich Ihre Begrüßung nicht schätzen würde, aber das hier ist meine Frau, Agentin Sherlock. Sie erinnern sich an sie, nicht wahr? Momentan trägt sie den Arm in einer Schlinge, doch wenn es nicht so wäre, hätte sie Sie schon längst von mir runtergezogen und selbst umarmt, um sich für Ihre Hilfe zu bedanken.«
    Marilyn drehte sich in seinen Armen. »Oh, hi, Agentin Sherlock! Warum heißen Sie eigentlich nicht auch Savich?«
    Sherlock bedachte die Frau, deren Beine noch immer um die Hüften ihres Mannes geschlungen waren, mit einem Lächeln. »Nun, Marilyn, es gibt bereits einen Agenten Savich. Und glauben Sie mir, das FBI braucht nicht zwei. Außerdem wirkt mein Mädchenname auf Schurken einschüchternd, und sie überlegen es sich

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