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Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Volvo in ihrer Einfahrt, den Motor im Leerlauf, die Standheizung eingeschaltet. Savich starrte auf seinen Superlaptop namens MAX, der über Satellit mit dem Kommunikationszentrum des Hoover-Buildings verbunden war. Eine Landkarte Washingtons im großen Maßstab erschien auf dem Bildschirm.
    Sherlock sagte: »Ist es nicht eine Ironie? Unsere Nachbarn im Norden hatten Malcolm Gilliam neun Jahre lang in sicherer Verwahrung. Hätten sie ihn auch weiterhin eingesperrt gelassen, wäre nichts von all dem passiert.«
    »Ich wünschte, er wäre in ein Gefängnis eingeliefert worden und nicht in eine psychiatrische Klinik«, erwiderte Savich. »Es ist schade, dass der kanadische Supreme Court 1991 das Strafgesetzbuch geändert hat. Damit haben sie es den Leuten leicht gemacht, sich der Strafbarkeit zu entziehen, indem sie auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren.«
    »Aber trotzdem«, entgegnete Sherlock. »Er hat zwei Menschen in Quebec brutal ermordet, und sie entlassen ihn bereits nach neun Jahren!«
    Savich rollte die Schultern und streckte sich. »Sobald seine Anwälte die Jury davon überzeugt hatten, dass er rechtlich nicht verantwortlich gemacht werden konnte, da
    er zum Tatzeitpunkt halluzinierte und sich in einem Wahnzustand befand, hätten sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie ihn noch länger im Gefängnis behalten hätten. Es wäre irgendwas im Sinne von grausamer und unverhältnismäßiger Bestrafung gewesen.«
    »Es sei denn«, wandte Sherlock ein, »sie hätten beweisen können, dass er immer noch eine Gefahr für die Gesellschaft darstellte. Er muss die Regeln sehr gut gelernt haben.« Sie sah für einen Moment auf den Computerbildschirm und verschob die Karte nach Westen. »Wenn sie also annahmen, dass Moses keinerlei Bedrohung mehr für die Bevölkerung darstellte, konnte das Philippe-Pinel-Institut ihn nicht überwachen, sobald er entlassen wurde?«
    »Es war vorgesehen, dass er wöchentlich seine Selbsthilfegruppe besucht, aber es stand ihm rechtlich frei abzuhauen. Also hat er sein Funkarmband einfach abgehackt, ist verschwunden und vor zwei Jahren in die USA zurückgekehrt. Dann verlieren wir ihn aus den Augen, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, als er vor acht Monaten in Birmingham Claudia aufgelesen und den Obdachlosen zu Tode geprügelt hat.«
    »Er sieht in Claudia wohl eine zweite Tammy.«
    »Wahrscheinlich. Claudia ist genauso alt wie Tammy damals war. Und jetzt befinden sich die beiden auf ihrem ganz eigenen Amoklauf.«
    Savich öffnete eine JPEG-Datei auf MAX. »Dieses Foto hast du noch gar nicht gesehen, Sherlock. Es wurde drei Wochen vor Moses’ Gerichtsverhandlung aufgenommen.«
    Sie beugte sich hinüber und schaute auf das Bild eines recht distinguiert wirkenden Mannes mittleren Alters mit dichtem grauem Haar, einem schmalen, asketischen Gesicht und einer Adlernase. Sein modischer Tweedanzug verlieh ihm das Aussehen eines Bankmanagers. »Man würde nie vermuten, dass es sich um Moses Grace handelt!«, rief sie erstaunt aus. »Die Beschreibung, auf die sich alle im Denny’s einigen konnten, war, dass er uralt ist. Seitdem das Foto gemacht wurde, können nicht mehr als zwölf Jahre verstrichen sein!«
    Savich nickte und begann Sherlock den Nacken und die Schultern zu massieren, damit sie sich ein wenig entspannte. »Es wäre hilfreich, ein Bild von ihm zu bekommen, das zeigt, wie er aussah, als er nach neun Jahren aus der kanadischen Anstalt entlassen wurde. Daran arbeiten wir noch.«
    Sie betrachtete erneut den Computerbildschirm. »Seit der Aufnahme des Fotos ist er um dreißig Jahre gealtert, und nicht gerade besonders gut.«
    »Er ist schwer krank, Sherlock, und das mag ein Grund dafür sein, dass er so alt und abgehärmt wirkt. Im Philippe-Pinel-Institut wurde er wegen Lungentuberkulose behandelt, doch sie konnten die Therapie nicht beenden, da er sich vorzeitig aus dem Staub gemacht hat. Als ich Dr. Breaker seine Symptome schilderte, erklärte er, dass die Infektion jetzt wohl bereits so weit fortgeschritten ist, dass das Kavernen-Stadium erreicht wurde - das heißt so viel Gewebe zerstört ist, dass sich große Höhlen in seiner Lunge bilden. Dr. Breaker zufolge befindet sich Moses in der Endphase der Krankheit.«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass in seiner Jugend mehr Leute als heute den Tuberkuloseerregern ausgeliefert waren. Also wird ihn eine Krankheit bezwingen, die er sich wahrscheinlich in der Kindheit zugezogen hat. Wenigstens erhält er damit eine Art gerechte

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