Angst
begraben werden wollen.«
In dem alten Schuppen hinter dem Haus fanden sie Ruths BMW, strahlend sauber, da der Mörder ihn dort versteckt hatte, bevor der Schnee begonnen hatte zu fallen. Ihre Geldbörse lag auf dem Vordersitz, ihr Matchsack auf dem Boden des Beifahrersitzes. Die Schlüssel des BMWs steckten im Zündschloss.
»Sie müssen all das noch ein wenig hier lassen, Ruth«, sagte Dix. »Die Spurensicherung muss erst alles durchgehen. «
»Natürlich, kein Problem.«
»Die Jungs werden Sie später wahrscheinlich so lange nerven, bis Sie mit ihnen eine Spritztour machen«, fügte Dix müde hinzu. »Also gut. Wenn sich jetzt bitte alle wieder in den Range Rover begeben - dann können wir der berühmten Violinistin einen Besuch abstatten.«
Gloria Brichoux Stanford wohnte in der Elk Horn Road, keine fünfhundert Meter vom Stanislaus-Campus entfernt, in einem einstöckigen, wie eine Ranch anmutenden Haus. Das große Grundstück war an drei Seiten von Wald umgeben. Die Garage, in der bequem drei Autos Platz fanden, lag hinter dem Haus versteckt und war mit der Küche verbunden. Das Anwesen war in eine prachtvolle Landschaft eingebettet und hatte früher einmal, so erzählte ihnen Dix, einem alten Gentleman gehört, der bis zu seiner Pensionierung der Leiter der Buchhaltung in Chappys Maestro First Independent Bank gewesen war. Er hatte das Land und das Haus von seiner Großtante vermacht bekommen. Nach seinem Tod verkauften es seine Erben an Gloria, die sich von ihrem öffentlichen Leben zurückgezogen und eine Stellung an der Stanislaus angenommen hatte.
»Wie ist sie denn so, Dix?«, fragte Ruth, als sie den sorgfältig geräumten Weg zur Haustür entlanggingen.
»Ich habe Ihnen ja schon erzählt, dass sie und ihre Tochter ungefähr sechs Monate nach uns - Christie, den Kindern und mir - hierhergezogen sind. Ihre Tochter arbeitet irgendwo in Maestro als Anwältin, hat vor allem mit Testamenten, Treuhandfonds und Baugenehmigungen zu tun. Christie hat gesagt, Ginger hätte stets mit Genugtuung behauptet, keinerlei musikalisches Talent zu besitzen.«
»Warum fand sie das so positiv?«, wollte Sherlock wissen.
Dix wandte sich zu ihr um. »Ginger hatte das Gefühl, ihr Leben sei ein einziges Chaos, mit einer Mutter, die ewig verreist war, ständig Konzerte gab und sie allein zu Hause zurückließ. Wenn Gloria nicht auf Tournee war, war sie entweder fürchterlich erschöpft oder sehr aufgeregt wegen ihres nächsten Auftritts. Gingers Vater hat sich aus dem Staub gemacht, da war sie ungefähr zehn. Ginger sagt, wenn man sie nur in Ruhe und Frieden ein Testament aufsetzen lasse, sei sie rundum glücklich.«
Die Tür wurde von einer untersetzten älteren Dame ge-öffnet, anscheinend der Haushälterin. Die Besucher wurden ins Wohnzimmer geführt und höflich gebeten, Platz zu nehmen. Die Agenten und Dix redeten leise miteinander und betrachteten gerade den gepflegten Rasen, der nach vorne hinausging, als Gloria Brichoux Stanford eintrat. Sie trug einen abgenutzten, alten Trainingsanzug, Sneakers sowie ein Stirnband und trocknete sich mit einem Handtuch das Gesicht ab. »Wie ich sehe, hat Phyllis Sie in aller Förmlichkeit begrüßt«, sagte sie mit einer tiefen, dröhnenden Stimme. Sie warf das Handtuch auf den Boden und ging mit ausgestreckter Hand zu ihnen hinüber.
Dix ließ sich von ihr auf die Wange küssen, dann stellte er sie den anderen vor. »Seien Sie alle herzlich willkommen«, sagte sie zum Rest. »Sie sind wegen meiner armen Erin hier. Gordon hat mich sofort angerufen, nachdem du gegangen warst, Dix. Ich habe mir auf dem Laufband die Füße wund gerannt, nur um zu versuchen, nicht mehr darüber nachzudenken.« Für einen Augenblick presste sie die Hand auf ihren Mund, und es sah aus, als würde sie ein Schluchzen unterdrücken. Dann wandte sie sich wieder ihrem Besuch zu. »Verzeihung! Sie war wie eine Tochter für mich. Sie hatte ein solches Talent, eine solche Leidenschaft und Lebendigkeit in ihrer Musik, aber nichts davon in ihrem eigenen Leben - seltsam, habe ich mir immer gedacht. Sie hat ihr ganzes Inneres in ihre Musik gesteckt. Erin hatte viele männliche Bekannte, jedoch nur selten ein Date, und nein, sie hatte sich mit niemandem näher eingelassen. Das hätte ich gewusst.
Ich hoffe, es macht dir nichts aus, Dix, aber ich habe Ginger angerufen. Sie kommt gleich rüber, muss nur noch eines ihrer wichtigen Testamente aufsetzen.« Sie verdrehte die Augen und ging zum Kamin, wo sie
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