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Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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getrocknet hatte«, sagte Dix, »hat sie uns zuallererst mal gefragt, ob wir einen Kaffee möchten. Ich habe Ja gesagt, um Helen etwas Zeit zu geben.«
    »Sie entschuldigte sich bei Dix, weil sie weiß, dass Dr. Holcombe sein Onkel ist«, machte Ruth weiter, »aber sie behauptete, sie habe über alles nachgedacht und könne es nicht länger für sich behalten. Letzten Endes hat Helen Rafferty zugegeben, dass sie und Dr. Holcombe - so hat sie ihn immer bezeichnet - vor ungefähr fünf Jahren etwa drei Monate lang eine Liebesbeziehung hatten. Sie sagte, es sei im Sommer gewesen, wo die meisten Studenten fort sind. Er hat die Affäre beendet und gemeint, sie würde ihn aussaugen; für ihn sei die Beziehung ein wenig so gewesen, als würde er sich an einen uralten Zauber klammern, der im Laufe der Jahre seine Kraft verloren habe und ihn jetzt ersticke, weshalb er nicht mehr mit ihr zusammen sein könne. Tatsache ist, dass Dr. Holcombe laut Helen Rafferty diesen zwanghaften Trieb besaß, von dem sie bereits vor ihrer Affäre wusste: Er hat nämlich im Laufe der Jahre mit einer ganzen Reihe sehr talentierter Studentinnen der Musikschule geschlafen und schien diese Angewohnheit nicht aufgeben zu wollen. Helen stellte ihn zur Rede, woraufhin er erklärte, dass er wohl ganz tief im Inneren seiner Seele die unschuldige Liebe dieser jungen Frauen zur Musik und zum Leben als Nahrung brauche, ohne die er nichts schaffen, seine eigene Musik nicht komponieren, ja, ohne die er nicht existieren könne. Während sie das sagte, lächelte sie ein wenig und erklärte, sie wisse, wie sich das anhöre, aber sie war überzeugt, dass er selbst daran glaubt.
    Helen hält ihn immer noch für einen großartigen Mann mit einem leicht pathologischen Verhalten, einer harmlosen Schwäche, nicht für einen alten Lustmolch. Also hat sie ihm diese Erklärung abgenommen. Weil sie es musste, denke ich, weil sie ihn immer noch liebt und ihn außerordentlich bewundert. Sie sagte, Erin Bushnell sei nur ein weiteres Mädchen in einem Strom von talentierten, jungen Studentinnen gewesen, die Dr. Holcombes geistige Bedürfnisse befriedigten. Wiederum ihre Worte.«
    Dix lehnte sich auf dem Sofa zurück, die Hände zwischen die Knie geklemmt. »Dann hat sie die Stirn gerunzelt und gesagt, dass sie sich irren könne, dass Dr. Holcombe vielleicht mehr für Erin empfand als für die anderen. Also, es war unheimlich, wie sie über ihn und seine Liebesabenteuer sprach, als sei es ganz in Ordnung, solange Onkel
    Gordons Musik dabei inspiriert wird. Sie meinte, das würde alles entschuldigen.«
    Ruth fuhr mit der Geschichte fort. »Sie sagte, Dr. Holcombe habe früher vor Energie nur so gestrotzt und gerade in den letzten Monaten fantastische Stücke komponiert. Aber jetzt, sagte sie, sei er völlig am Ende, ein Schatten seiner selbst, und sie macht sich große Sorgen um ihn. Ich habe zu bedenken gegeben, dass er nicht völlig verzweifelt wirkte, als wir ihm von Erins Ermordung erzählt haben, doch sie hat nur geantwortet, er würde andere Menschen niemals mit seinem Schmerz belasten.« Ruth schnaubte verächtlich.
    »Haben Sie die Namen der anderen jungen Mädchen erfahren, die über die Jahre Dr. Holcombes >geistige Bedürfnisse< befriedigt haben?«, wollte Sherlock von Dix wissen.
    Dix zog sein Notizbuch heraus und blätterte darin. »Also, in der Zeit, in der Helen für Dr. Holcombe gearbeitet hat - vierzehn Jahre und vier Monate - hatte er, abgesehen von Helen, wohl mit acht Studentinnen eine Affäre. Ich denke, dass die Ältesten von ihnen drei- oder vierundzwanzig waren. Sie hat mir einige der Namen gegeben - keine von ihnen ist noch auf der Stanislaus - und mir versprochen, die restlichen herauszusuchen.«
    »Stellt euch das nur mal vor!«, rief Ruth erstaunt aus. »Ein Mann, der mein Vater sein könnte, hält mich für zu alt, um mit ihm zu schlafen. Auch wenn Dr. Holcombe die Verbindung mit einer Studentin >gelöst< hat - ihr Wortlaut haben die Frauen die Musikschule nicht verlassen, außer natürlich, sobald sie ihren Abschluss hatten. Sie alle schienen glücklich dort, haben das Ganze wohl als Teil ihrer Ausbildung gesehen. Vielleicht haben sie es sogar genossen, denn sie wussten ja, dass sie dem großen Mann halfen, seine geistige Frische zu bewahren.«
    Savich sagte bedächtig: »Es scheint, als habe Dr. Holcombe ein sehr gutes Urteilsvermögen bei der Auswahl der Studentinnen an den Tag gelegt, als besäße er ein außergewöhnliches Talent zur

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