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Angst (German Edition)

Angst (German Edition)

Titel: Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kurbjuweit
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fragte nach meinem Namen, dann übte sie mehrmals Randolph, bis sie es gut aussprach. Sie hieß Putu.
    Mein Freund wohnte in einem Haus auf den Hügeln über Seminyak. Es war halb offen, wie das auf Bali üblich ist, die Küche ging in den Pool über. Wir saßen an der Küchenbar, tranken, knabberten und lachten. Zwei Männer waren von den Pilzen ziemlich hinüber, sie fingen an, die Frauen in den Pool zu werfen, flogen dann selbst hinein, wie fast alle anderen auch. Ich wehrte mich nicht lange. Zwei andere Männer, die größten und schwersten, kämpften auf dem Rasen neben dem Pool wie Elefantenbullen, bis sie gemeinsam ins Wasser plumpsten. Putu, die man verschont hatte, brachte uns die Drinks an den Pool, wir schwatzten haltlos daher, tranken und sahen in den sternenlosen Himmel. Einer sagte: Sollen die Asiaten ruhig die Welt beherrschen, macht nichts, solange wir die Swimmingpools beherrschen. Alle lachten. Später zogen wir Kleidung von unserem Freund und seiner Braut an, sie passte mehr oder weniger gut. Eine Frau vom Goethe-Institut tanzte an der Stange eines Sonnenschirms und behauptete, dies sei ein Poledance. Danach tanzte mein Freund mit der Stange und stieß sie dabei gegen den Ventilator in der Küche. Der Ventilator hielt kurz inne, drehte sich dann aber auf eine krumme Art weiter. Wir lachten und lachten, ich saß in einem Deckchair, Putu schlief auf dem Rasen neben mir, es war sechs Uhr morgens, ich dachte darüber nach, ob ich sie mit auf mein Zimmer nehmen solle. Um halb sieben, es wurde hell, klingelte ein Handy. Fast alle schraken auf, fast alle haben heutzutage diesen Klingelton, der nach altem Telefon klingt, fast alle der übriggebliebenen Hochzeitsgäste suchten nach ihrem Handy. Einige merkten erst jetzt, dass sie mit ihrem Gerät ins Wasser gefallen waren, Flüche. Das Klingeln erstarb. Kurz darauf tönte es erneut. Ich erhob mich schwerfällig aus meinem Deckchair, man kommt in meinem Alter nicht mehr gut hinaus, und ging zu der Küchenbar, auf die ich mein Handy gelegt hatte, als klar war, dass ich dem Wasser nicht entgehen würde. Der Ton kam von dort, das Display leuchtete, der Name meiner Frau blinkte auf. In Deutschland war es halb eins in der Nacht. Hallo, sagte ich mit einer Betonung, die nicht nach Party klingen sollte. Tiberius ist in unserem Garten, sagte meine Frau, Panik in der Stimme.
    Ich habe später viel darüber nachgedacht, warum mich dieser Anruf gerade in dieser Situation erreichen musste. Ich hätte mir einen passenderen Moment gewünscht, keinen, der mich so frivol erwischt. Aber gibt es einen passenden Moment für das Unglück? Wir können nicht so leben, dass unser Verhalten dem Unglück jederzeit eine würdige Situation gewährt, das wäre Unsinn. Ich greife vor, schweife ab, das sollte ich nicht tun. Und warum kann ich nicht aufhören, Gedanken zu denken, die mich entschuldigen sollen? Ich sollte wirklich aufhören damit.
    Rebecca hatte schon die Polizei gerufen. Sie war früh ins Bett gegangen, konnte nicht einschlafen und war nach einer Weile aufgestanden, um etwas zu trinken. Unsere Küche liegt nach hinten raus, und als meine Frau beim Trinken in den Garten schaute, sah sie im Mondlicht hinter der Birke eine Gestalt. Meine Frau konnte nicht gesehen werden, da sie die Küchenleuchte nicht eingeschaltet hatte. Die Gestalt löste sich von der Birke, es war Herr Tiberius, der nun loslief, durch den Garten, zu unserem Haus, die Treppe zu unserem Wintergarten hinauf, sich oben über das Geländer beugte und in das Fenster dort starrte, das Fenster zum Zimmer unserer Tochter. Er schwitzte stark, er lief zurück, versteckte sich hinter der Birke, machte einen neuen Anlauf, starrte wieder in Fees Zimmer. Meine Frau rief die Polizei an, dann mich. Wo ist Tiberius jetzt, fragte ich. Hinten beim Kompost, sagte meine Frau. Nimm das Brotmesser, sagte ich. Ich habe das Brotmesser schon, sagte meine Frau. Sind alle Türen abgeschlossen, fragte ich hilflos. Natürlich, sagte meine Frau, ich habe Angst, sagte sie. Warum ist die Polizei noch nicht da, fragte ich. Jetzt läuft er durch den Garten, sagte sie, er läuft hin und her, warum macht er das? Die Polizei muss doch kommen, rief ich. Dann war es eine Weile still. Was ist, schrie ich ins Telefon, wo ist er? Ich sehe ihn nicht mehr, sagte meine Frau. Ich hörte unsere Türklingel. Das ist die Polizei, sagte meine Frau. Ruf mich wieder an, sagte ich. Ja, sagte sie und legte auf.
    Ich drehte mich um und sah die Reste der

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