Angst im Paradies
und schon ging die Tür auf. Tida stürmte aus dem Zimmer gefolgt von Großmutter Aminata. Keine der beiden Frauen bemerkte mich, sie sahen nicht einmal in meine Richtung.
*
Die nächsten Tage verbrachte ich damit, über die neu gewonnenen Informationen zu grübeln. Es hatte offensichtlich eine Frau in Modous Leben gegeben, bevor ich ihn kennenlernte. Ihr Name war Binta, was absolut mit dem zusammenpasste, was Awa beinahe gesagt hatte. Jetzt war die Frage, was war mit Binta passiert? Es war irgendwas an der Sache, dass niemand mir davon erzählen durfte. Entweder war diese Binta auf nicht normale Weise verstorben oder sie lebte noch und ich sollte nichts davon wissen, dass Modou noch eine Frau neben mir hatte. Als Muslim hatte er ja das Recht dazu, doch es musste allen klar sein, dass eine weiße Frau das nicht gerne sehen würde. Interessant war dabei die Rolle von Fatou. Sie hatte mich vor irgendwas warnen wollen. Hatte sie mir sagen wollen, dass mein Leben in Gefahr war? Mein Herz klopfte bei dieser Vorstellung. Ich hatte Jahre mit einem gewalttätigen Mann gelebt, doch ich war mir fast sicher, dass Modou um einiges gefährlicher war, als Mike es jemals gewesen war. Ich musste unbedingt mehr herausfinden. Mein Leben konnte davon abhängen.
Ein paar Tage später war ich mit Awa allein in dem kleinen Garten hinter dem Compound. Wir wässerten die Cassavapflanzen, Tomaten, Pfeffer, Bittertomaten und Süßkartoffeln.
„Kann ich dich mal was fragen?“
Awa hob den Kopf und schaute mich überrascht an.
„Ja. Natürlich.“
„Wer ist Binta?“
Ich beobachtete sorgfältig Awas Reaktion. Das junge Mädchen zuckte zusammen, als hätte jemand sie geschlagen, dann drehte sie sich weg.
„Wo... – woher hast du den Namen?“
„Ich habe ein Gespräch gehört zwischen Tida und Aminata. Sie sprachen über eine Binta in Verbindung mit Modou.“
Awa seufzte und drehte sich zu mir um.
„Setzen wir uns.“
Wir setzten uns auf eine kleine Bank und ich wartete mit klopfendem Herzen, was ich nun von meiner Schwägerin erfahren würde.
„Binta ist Modous erste Frau, wie du scheinbar schon selbst erraten hast“, begann Awa zu erzählen. „Sie verschwand vor etwa zwei Jahren mit den drei Kindern. Modou hatte sie noch übler behandelt, als dich. Er war nur selten hier, lebte hauptsächlich im Kombo, doch wenn er da war, dann war es schrecklich. Er schlug sie. Nicht nur zur Strafe. – Es ... es machte ihm Spaß. Manchmal habe ich sie schreien gehört, sie hat sogar gebettelt, dass er von ihr ablasse, doch das hat er nie. Ich habe mir manchmal die Ohren zugehalten, damit ich es nicht hören muss. Ich ... ich konnte ihr nicht helfen, ich war ja noch ein Kind und ein Mädchen dazu.“
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Awa unterbrach sich und ich sah, dass ihr die Tränen an den Wangen hinabflossen. Ich gab dem jungen Mädchen etwas Zeit, sich zu sammeln.
„Und niemand konnte ihr helfen?“, fragte ich etwas später.
Awa schüttelte den Kopf.
„Es gab solche, die es nicht wollten und solche, die es nicht konnten. Aminata hat ihr Bestes versucht, doch konnte sie meist höchstens hinterher die arme Binta trösten und versorgen. Verhindern konnte sie es selten. Vater hat ein paar Mal gesagt, er solle es nicht übertreiben, doch im Grunde hat er keine Einwände dagegen, dass jemand seine Frau schlägt. Er hat selbst oft genug Hand angelegt. Meiner Mutter hat er einmal den Arm gebrochen, da war ich fünf. Deswegen träume ich manchmal davon, einen weißen Mann zu heiraten. Hier haben die Frauen wenig Rechte. Modous älterer Bruder Ebrima ist der einzige der Brüder, der nicht so ist. Doch auch er musste Fatou neulich verprügeln.“
Ich war hellhörig geworden.
„Fatou? Was ... warum musste er sie verprügeln?“
„Weil sie die Anordnung missachtet hat, hier nicht aufzutauchen und dir nichts zu erzählen. Vater und Malik haben mit Ebrima geredet und ihm gesagt, dass er Fatou bestrafen muss, damit sie nie wieder gegen die Gebote ihres Mannes und der Familie verstößt.“
Awa seufzte.
„Ich weiß, er hat es nicht gern gemacht. Er ist nicht wie Modou, er hat keinen Spaß daran, doch er konnte sich seinem Vater nicht widersetzen.“
„Das ist ja furchtbar“, sagte ich tonlos.
Ich war geschockt von dem, was ich gehört hatte und mir wurde bewusst, was für ein Risiko Awa einging, mir all das zu erzählen.
„Ich werde niemanden verraten, dass du mir das erzählt hast, das verspreche ich. Aber ich danke dir, dass du es getan
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