Angst in der 9a
zu den teuersten Fahrzeugen überhaupt.
»Dann gib Acht, dass dein schönes Rennrad nicht gestohlen wird«, riet ihm die Frau.
Tarzan lächelte und bedankte sich. Wenn die wüsste! Aber er hielt es nicht für richtig, ihr die ganze Geschichte zu erzählen, denn allmählich musste er ins Internat zurück.
Er ging hinaus, hängte das Kabelschloss unter den Sattel und stieg auf.
»Hallo, Junge!«, rief jemand von der anderen Seite des Platzes.
Tarzan blickte auf und stellte fest, dass er gemeint war.
Einer der italienischen Kellner stand vor dem Lokal und winkte ihm, näher zu kommen.
Möchte wissen, was der will, dachte Tarzan und fuhr hinüber.
Der Kellner lächelte breit. Seine Kleidung entsprach vermutlich einer italienischen Tracht: Dunkle Hose, weißes Hemd, rote Weste und grüne Schärpe, die aber den Speck an seinem Bauch nicht verbergen konnte.
Er hatte einen gewaltigen Schnauzbart und Hamsterbacken.
»Junge«, sagte er freundlich. »Das tat mir wohl, wie du diesen Widerling blamiert hast. Das war schon lange mal fällig. Er hat es verdient. Der Seibold, meine ich. Aber vor Borrello musst du dich vorsehen. Das wollte ich dir sagen.«
»Vielen Dank für die Warnung. Ist der denn so schlimm?«
»Gefährlich ist er. Was du ihm an den Kopf geworfen hast – dazu wäre jedem andern der Mut vergangen.« »Wieso? Das war doch halb so schlimm. Wissen Sie, was dieser Borrello beruflich macht?«
»Er ist Auto-Händler. Neuwagen und Gebrauchtwagen. Schwerreich. Und rücksichtslos. Ein«, er dämpfte die Stimme, obwohl niemand in der Nähe war, »halber Mafioso. Jedenfalls wird das behauptet. Ich will damit sagen: Seine Widersacher haben nichts zu lachen. Allerlei lichtscheues Gesindel arbeitet für ihn.«
Na, dachte Tarzan. Jetzt übertreibt er. Zur Mafia gehört Borrello bestimmt nicht. Schließlich ist das eine weltweit verbreitete Verbrecherorganisation sizilianischen Ursprungs. Aber für einen Italiener sind offenbar alle Gauner und Ganoven Angehörige der Mafia.
»Sehr nett, dass Sie mir das sagen«, meinte Tarzan und schüttelte dem Kellner zum Abschied die Hand.
Er fuhr zum Internat zurück.
Als er dort eintraf, ging die Arbeitsstunde ihrem Ende zu. Dr. Lemberg, der unter anderem in der 9a Deutsch unterrichtete, führte die Aufsicht.
Er war ein in sich gekehrter, aber sehr freundlicher Lehrer, bei den Schülern beliebt und wegen seines enormen Fachwissens geschätzt.
Er hatte Tarzan vermisst.
Staunend hörte er sich an, was der als Entschuldigung vorbrachte.
»Das ist allerdings ein starkes Stück. Nicht zu glauben!« Fassungslos schüttelte er den Kopf.
Was Seibold betraf, hatte Tarzan alles erzählt; aber Bettger und Drechsel erwähnte er vorläufig nicht. Das hätte im Moment zu viel Staub aufgewirbelt; und beweisen ließ es sich nur, wenn der Rocker ein Geständnis ablegte. Aber damit war bestimmt nicht zu rechnen.
Klößchen, der wie die anderen Schüler alles mit angehört hatte, stopfte sich vor Aufregung eine Portion Schokolade in den Mund.
Nur eine halbe Stunde blieb. Tarzan arbeitete konzentriert und schaffte die Französisch-Übersetzung, die sie zum nächsten Tag als einzige schriftliche Hausaufgabe aufgekriegt hatten.
Nach der Arbeitsstunde gingen Klößchen und er ins ADLERNEST hinauf.
»Ist ja sagenhaft, was du mitmachst, während andere über den Büchern schwitzen«, meinte Klößchen und ließ sich aufs Bett fallen.
»Was ich dem Lemberg erzählt habe, war aber nicht alles.«
Er berichtete und ließ keine Einzelheit aus.
»Diese Mistkerle!« Klößchen meinte Bettger und Drechsel und knirschte mit den Zähnen. »Aber die kriegen ihr Fett noch. Da bin ich sicher.«
»Mir will ein Verdacht nicht aus dem Kopf.«
Tarzan setzte sich auf die Fensterbank und schlang beide Arme um die Knie.
»Nämlich?«
»Ich frage mich, ob Borrello was mit dem Terror gegen die Mübo zu tun hat. Noch ist sie seine Frau. Aber die Ehe geht schief. Sie leben in Scheidung. Vielleicht hat er ihr anfangs was vorgemacht, sich sympathisch gezeigt, regelrecht eine Maske getragen. Als sie dann dahinterkam, dass er ein Ganove ist, war’s vorbei mit der Liebe. Sie ist von ihm abgerückt, will die Scheidung. Hm?«
»Ich verstehe, worauf du hinauswillst«, meinte Klößchen. »Er ist gekränkt. Sie hat seine Eitelkeit verletzt. Statt im Guten auseinander zu gehen, wirft er seiner Frau die Scheiben ein, beschädigt ihr Auto und beschimpft sie am Telefon. Er...«
»Nicht er selbst«, unterbrach
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