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Angst in der 9a

Titel: Angst in der 9a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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geschlagen. Sie hielten das Holzgitter, das die Weinranken stützte.
    Tarzan hängte die Strickleiter an den obersten Haken. Flink kletterte er hinunter, während Klößchen in den Flur horchte.
    Unten hielt Tarzan die Strickleiter straff, um seinem Freund die Kletterei zu erleichtern.
    Mühsam stieg Klößchen aus dem Fenster. Er hielt sich fest, zog die Flügel zu und klemmte ein Pappstück unter den Rahmen. Keuchend hangelte er sich hinunter.
    Das war einer der wenigen Momente, in denen er sich gelobte, doch etwas weniger Schokolade zu futtern. Aber der gute Vorsatz hielt stets nur so lange an, wie die Anstrengung dauerte.
    Sie schlichen an den Gebäuden entlang. Drüben im Pauker-Silo brannte noch Licht. Aber im Moment bestand keine Gefahr. Selbst wenn jemand ins Freie trat – in der Finsternis war die Strickleiter nicht zu sehen. Auch die beiden Jungen verschmolzen durch ihre dunkle Kleidung mit der Nacht.
    Sie huschten unter den Bäumen zum Tor und schlüpften durch die Fußgängerpforte.
    »Herrje!«, sagte Klößchen. Er blieb stehen.
    »Was ist?«
    »Unsere Räder sind im Fahrradkeller. Und der ist abgeschlossen.«
    »Das fällt dir spät ein. Ich wusste es die ganze Zeit. Willst du umkehren?«
    »Nein. Dann laufe ich eben.«
    Im Allgemeinen planten sie nächtliche Ausflüge sorgfältig. Das fing damit an, dass sie ihre Räder am Abend außerhalb des Schulgebäudes in einem Gebüsch versteckten. Heute mussten sie improvisieren (ohne Vorbereitung handeln) und auf die Räder verzichten.
    »Dann mal los!«, sagte Tarzan. »Leichter Trab. Das ist gesund. Du kannst herrlich dabei abspecken. Vor allem kräftig ausatmen. Wenn du Seitenstechen kriegst, gehen wir im Schritt.«
    Für Klößchen schien sich die dunkle Straße endlos zu ziehen. Ringsum lagen Felder und Wiesen in tintiger Finsternis. Die Lichtglocke über der Stadt schien weit entfernt.
    Einmal kam ihnen ein Wagen entgegen.
    Im Straßengraben nahmen sie volle Deckung.
    Der Wagen zuckelte vorbei in Richtung Schule.
    »Das war Assessor Braun mit seinem Chaussee-Hopser«, keuchte Klößchen.
    Sie liefen weiter. Klößchen schwitzte fürchterlich. Aber er hielt durch. Durch das häufige Radfahren hatte er – trotz seines Übergewichts – eine beachtliche Ausdauer entwickelt.
    Sie erreichten die Stadt und trabten durch leere Straßen. Klößchen meinte, er werde nachher mindestens einen Eimer leer trinken.
    Gegen 23.20 Uhr bogen sie in die Lagerhausstraße ein.
    Nur eine einzige Laterne brannte und die stand weit entfernt. Warmer Wind wirbelte Staub auf. Knarrend wurde irgendwo eine Holztür bewegt. Auf einem der Höfe schrie eine Katze.
    »Kein behaglicher Ort«, flüsterte Klößchen. »Ziemlich unheimlich, finde ich.«
    »Ich kann dich beruhigen. Gespenster sind hier so selten wie bei dir Appetitlosigkeit.«
    Das Gelände der Reparaturwerkstatt Seibold lag in völliger Dunkelheit. Kein Laut war zu hören.
    Tarzan drückte gegen das Tor. Aber es bewegte sich nicht. Als er umhertastete, entdeckte er ein schweres Vorhängeschloss.
    »Hier können wir nicht rein.«
    »Ob die eine Wache aufgestellt haben?«
    »Bestimmt nicht. Das wäre zu viel Aufwand – und würde im Endeffekt nichts nützen. Denen blüht der Weizen nur, solange niemand auf die Idee kommt, hier nach den gestohlenen Fahrzeugen zu suchen.«
    Klößchen trocknete sich mit einem großen Taschentuch den Schweiß vom Gesicht.
    »Von der Gasse aus können wir rein«, sagte er. »Da sind ein paar Bretter ganz locker. Das habe ich heute Nachmittag bemerkt.«
    Sie liefen in die Gasse. Der Lieferwagen war verschwunden. Sie tasteten sich voran.
    Klößchen fand die Stelle, wo der altersschwache Zaun keinen Widerstand leistete.
     
    Behutsam lösten sie zwei Bretter.
    Für Tarzan hätte eines genügt, um sich durch den Spalt zu zwängen. Aber Klößchen wäre stecken geblieben.
    Sie schlüpften auf den Hof.
    Ein Geruch von Metall lag in der Luft – und von Farbe.
    Tarzan schlich zu dem fensterlosen Gebäude und drückte auf die Klinke der Stahlblechtür. Aber hier war alles verschlossen.
    Klößchen stolperte über eine Blechbüchse.
    Scheppernd rollte sie ein Stück über den asphaltierten Boden.
    Tarzan stockte der Atem. Klößchen wurde fast ohnmächtig vor Schreck. Er hielt jetzt seine Taschenlampe in der Hand. Beinahe wäre sie ihm aus den Fingern gerutscht.
    »Du solltest dich mit einem Fanfarensignal ankündigen«, zischelte Tarzan. »Das wäre originell. Kannst aber auch ein Martinshorn

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