Angst in der 9a
Stelle würde ich mich bei der Mübo entschuldigen. Und auf die Lehrstelle bei einem Ganoven wie diesem Borrello kannst du pfeifen. Was du da lernst, bringt dich höchstens ins Gefängnis.«
Drechsel glotzte ihn an. Den Sinn der Worte hatte er anscheinend gar nicht begriffen.
»Sag... sag aber keinem, dass ich das verraten habe«, murmelte er.
Tarzan ließ ihn stehen, denn in diesem Moment traf der Notarztwagen ein.
Sofort wurde Seibold auf eine Bahre gelegt und in das Fahrzeug geschoben. Mit Blaulicht und Sirene sauste der Wagen zum Stadtkrankenhaus. Aber schon während der Fahrt würden sich der Notarzt und die beiden Sanitäter um Seibold bemühen.
Karl hatte den beiden Mädchen erklärt, was er wusste. Gaby wollte Tarzan was fragen, aber jetzt kam der Streifenwagen.
Es dauerte eine Weile, bis die beiden Beamten den Vorfall aufgenommen hatten. Die Flasche wurde zugeschraubt und sichergestellt.
Die Frage, warum und durch wen die giftige Flüssigkeit hineingekommen war, konnte niemand beantworten. Höchstens einer der Seibolds und deren Adresse hatten die Beamten notiert.
Nachdem der Streifenwagen abgefahren war, standen die vier vom TKKG mit ihren italienischen Freunden noch eine ganze Weile zusammen.
Jeder äußerte Vermutungen. Aber erklären konnte sich keiner, wie es zu diesem Irrtum gekommen war.
Drechsel und Bettger hatten sich stillschweigend verzogen.
Besonders Gaby und Maria waren erschüttert. Aberauch die Jungs hatten nicht damit gerechnet, dass die Auseinandersetzung so tragisch enden werde. Die Feindschaft war vergessen. Alle hofften, King Seibold möge durchkommen.
11. Den Autodieben auf der Spur
Um sich nicht abermals zu verspäten, fuhren Tarzan und Klößchen auf kürzestem Weg zur Schule zurück.
Sie brachten ihre Räder in den Fahrradkeller. Dann quetschten sie sich in die Besenkammer, wie die Telefonzelle im Erdgeschoss des Hauptgebäudes genannt wurde.
Dass die Mübo die Wahrheit über ihren Mann sofort erfahren musste, lag auf der Hand.
Sie war zu Hause. Ihre Stimme klang bedrückt.
Tarzan erzählte, was er von Drechsel wusste.
Noch während er redete, merkte er anhand von Zwischenfragen und unkontrollierten Ausrufen, wie erschüttert die Lehrerin war. Sicherlich – über ihren Mann hatte sie sich schon lange keine Illusionen mehr gemacht. Sie hatte auch vermutet, dass er kein Mittel scheuen würde, um Marco für sich zu bekommen. Aber jetzt erhielt sie Gewissheit. Und das tat besonders weh.
Einen Moment schwieg sie, als Tarzan seinen Bericht beendet hatte.
»Ich danke dir«, sagte sie dann. »Was du rausgefunden hast, ist ungeheuer wertvoll für mich. Trotzdem! Nur wenn das Gericht hinsichtlich des Sorgerechts für Marco gegen mich entscheiden sollte, werde ich davon Gebrauch machen. Dann benötige ich dich als Zeugen. Und wahrscheinlich auch Drechsel. Falls der dann nicht alles bestreitet. Bis dahin aber möchte ich diese Sache mit Antonio Borrello unter vier Augen abmachen.«
»Verstehe ich«, sagte Tarzan. »Das heißt, dass wir unser Wissen für uns behalten. Außer mir wissen nur Gaby, Karl und Klößchen Bescheid.«
Den Italienern hatte er nichts davon gesagt.
»Darum bitte ich euch«, sagte die Mübo.
»Morgen ist doch der Scheidungstermin?«
»Morgen Vormittag«, bestätigte sie.
»Dürfen wir Sie nach der Schule anrufen? Ich meine, es interessiert uns kolossal, wie das... ausgeht.«
Als sie antwortete, spürte er, dass sie lächelte. »Natürlich! Ruft gegen Mittag an. Ich freue mich, dass ich euch auf meiner Seite weiß.«
Als die beiden Freunde die Treppe zum zweiten Stock hinaufstiegen, meinte Klößchen: »Ich glaube nicht, dass das Gericht der Mübo ihren Jungen wegnimmt.«
»Immerhin ist Borrello der Vater. Ein Vater hat dieselben Rechte an seinem Kind. Dass er ein Schweinhund ist, wissen die Richter noch nicht. Entschieden wird so was immer zugunsten des Kindes. Wo es aller Voraussicht nach am besten aufgehoben ist, dort kommt es hin. Mal ist das der Vater, mal die Mutter. Das hängt ab von den wirtschaftlichen Verhältnissen und davon, wie viel Zeit der betreffende Elternteil für das Kind aufwenden kann. Ich habe gelesen, dass fortschrittliche Richter neuerdings auch den Wunsch der Kinder berücksichtigen. Früher wurde darauf nichts gegeben. Ein bisschen heikel ist das ja auch. Bei einem kleinen Kind, das alles noch ganz unkritisch sieht, könnte sich ein Elternteil leicht beliebt machen, indem er verbotene Dinge erlaubt. Dort wäre das Kind
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