Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
Gaspedal, noch einmal – der Wagen machte einen Satz nach vorn. Bei der nächsten Berührung des Gaspedals schoss der Hummer zur Garage hinaus. Auf der Einfahrt blieb sie einen Moment stehen.
Knarrend und quietschend senkte sich das Garagentor hinter ihr.
Immer einen Schritt nach dem anderen . Wieder hörte sie Daniels ruhige Stimme, die ihr Mut machte.
Sie bog in die Straße ein. Die dunklen Schatten der Zweige zeichneten sich vor dem schwarzblauen Himmel ab und zogen über sie hinweg, während sie die Straße entlang auf eine rote Ampel zufuhr.
Sie warf einen Blick auf die Karte, die auf dem Beifahrersitz lag. Gesamtstrecke: 14 Kilometer. An einem Tag mit positivem Karma würde sie die Strecke in etwa einer halben Stunde zurücklegen.
Die Ampel wechselte auf Grün, sie gab Gas und sah die Tachonadel höher steigen. Sie spürte die unterdrückte Kraft des starken Motors. Der Hummer gab ihr immer das Gefühl, in einem Panzer zu sitzen – als befände sie sich in einer Computersimulation.
Jedes Mal, wenn sie Gas gab, machte der Wagen einen Satz, und es rasselte verdächtig, als habe sich in den Eingeweiden Feuchtigkeit gesammelt – immerhin war er seit über einem Jahr nicht mehr gefahren worden. Während sie weitgehend der Route folgte, die Officer Gruder an jenem Morgen gefahren war, konzentrierte sie sich auf die Straße und darauf, möglichst sanft auf die Bremse zu treten, damit sie nicht gegen das Lenkrad geschleudert wurde.
Vor ihrem geistigen Auge tauchte eine Karte der Gegend auf, auf die sie zusteuerte: die Harrison Avenue im South End von Boston. Vor etwa einem Jahr waren die oberen Stockwerke der Industriebauten dort in lauter Lofts, Künstlerateliers und Galerien umgewandelt worden. Sie hatte sich für eine Strecke entschieden, die sie mitten durch die Vororte führte, auch wenn sie über den Highway schneller gewesen wäre. Sie wollte es sich bei ihrer ersten Ausfahrt nach langer Zeit nicht zu schwer machen.
Die Sonne ging bereits unter, als sie die Dorchester Avenue entlangschlich, die mit ihren zahlreichen Geschäften schon im tiefen Dunkel lag und von Süden her direkt bis in die Innenstadt führen würde. Die Straße verbreiterte sich an größeren Kreuzungen und wurde dazwischen wieder einspurig.
Hinter ihr hupte ein Auto. Sie selbst hätte auch gehupt. Die Tachonadel zeigte dreißig Stundenkilometer an.
Sie gab Gas und beschleunigte auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern, was den Autofahrern in Boston immer noch zu langsam war. Schließlich bog sie von der Hauptstraße ab. Sie kam durch reine Wohngegenden, wo sie sich in dem Gewirr von Autos und Fußgängern angenehm unbeobachtet, ja geradezu unsichtbar fühlte.
Die Hausnummer 2497 , das war die Adresse in der Harrison Avenue, die PWNED ihr gegeben hatte, war von Hand auf eine schmucklose Stahltür geschrieben worden, die zu einem fünfstöckigen Fabrikgebäude aus Backstein mit übergroßen Schiebefenstern gehörte. Die Parkplätze vor dem Haus hatten alle Parkuhren und waren besetzt.
Diana hielt in zweiter Reihe im Licht einer Straßenlaterne und ließ den Verkehr an sich vorbeiziehen. Sie nahm ihr Handy und rief PWNED an.
»Hallo?« Sie erkannte PWNED s weiche, rauchige Stimme.
»Ich stehe vor dem Haus«, sagte Diana.
Sie hörte zunächst nur ein surrendes Geräusch. Dann: »Kannst du mich sehen? Ich bin hier oben, im vierten Stock.«
Durch die Windschutzscheibe blickte sie in den dunklen Himmel hinauf und erkannte eine Hand, die ihr von oben zuwinkte. »Ja, ich sehe dich.«
»Pass auf, auf der anderen Straßenseite, ungefähr zwei Häuser weiter, wird gerade ein Parkplatz frei. Dreh um und nimm ihn.«
Diana sah sich um und setzte den linken Blinker.
»Los, beeil dich«, rief PWNED , »bevor ihn dir ein anderer wegschnappt. Ich warte unten auf dich. Der Eingang ist ein wenig ungepflegt – nicht erschrecken.«
18
D iana wartete auf eine Lücke im Verkehr, wendete und schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich in die Parklücke zu quetschen, die ein Van soeben frei gemacht hatte. Wenigstens hatte sie nicht vergessen, wie man ein Auto rückwärts in eine Parklücke bugsierte.
Sie machte den Motor aus, zog die Handbremse an und blieb einen Augenblick sitzen. Sie sah sich die Gebäude an, von denen sie umgeben war, und stellte sich vor, dass sie die Perspektive auf dem Bildschirm ihres PCs veränderte. Sie hob Daniels Stock vom Boden auf und ließ ihre Sinne mit dem vertrauten Gefühl eins
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