Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
Ächzend setzte sich der Aufzug in Bewegung. »Die Batterie hält eine ganze Woche. Er reagiert blitzschnell. Kann sogar Treppen steigen.« Pam griff nach Dianas Hand, und Diana verstand, dass das Geplapper ihrer Freundin nur dazu diente, Diana zu beruhigen.
Schließlich hielt der Aufzug an, und sie stiegen aus. Eine der Türen, die von dem dunklen Gang abgingen, stand offen. Pam rollte darauf zu. Aus der Wohnung drang der heisere Ruf eines Vogels zu ihnen.
»Das ist eine Uhr«, warf Pam Diana über die Schulter zu. »Eine Idee meiner Schwester. Sie hat sie mir zu Weihnachten geschenkt. Steht auf Uhren. Sie hat mir noch eine andere geschenkt, die hat die Form eines Huhns, das zu jeder vollen Stunde gackert und ein Ei legt. Habe ich aber noch nicht ausgepackt.«
»Meine Schwester steht auf alle Arten von Nahrungsergänzungsmitteln«, sagte Diana, die dicht hinter ihr geblieben war. »Und auf Bodylotion.«
»Ist bestimmt genauso nützlich, aber nicht so hübsch anzusehen.«
Die Vogelstimmenuhr hing in ihrem Apartment an einer nackten, unverputzten Steinwand. Die Schiebefenster sahen aus, als stammten sie noch von der Jahrhundertwende, als hier Fabriketagen eingerichtet worden waren. Diana verfügte über ausreichende Kenntnisse in Heimatkunde, um zu wissen, dass das Gebäude einmal direkt am Ufer gestanden hatte, bevor Bostons Küstenlinie durch die Landgewinnung weiter nach Osten verschoben worden war.
Halbhohe Bücherregale teilten den Raum. Diana warf einen kurzen Blick darauf und erkannte Medizin- und Reisebücher, darunter auch ein Trekkingreiseführer für Tibet und das Buch von Bill Bryson über den »Appalachian Trail«. Dazwischen eine offensichtlich sehr häufig gelesene Ausgabe von Heidi . Oben auf den Regalen standen Topfblumen – darunter Usambaraveilchen in Farben und Formen, die Diana noch nie zuvor gesehen hatte – und gerahmte Fotos. Eines der Bilder zeigte ein dunkelhaariges Mädchen von etwa acht Jahren im Rollstuhl, das mit seinen großen Augen in die Kamera lächelte. Die beiden Erwachsenen, ein Mann und eine Frau, standen strahlend daneben, vermutlich Pams Eltern.
Hinten, vor der fensterlosen Wand, standen ein Bett und ein etwa drei Meter breiter Einbauschrank mit einer Stange in Brusthöhe, weiter vorne in der Ecke mehrere Computer, die Dianas eigenen in nichts nachstanden. Pams Rollstuhl mit dem schwarzen Sitzpolster und den Armlehnen aus Leder war der ideale Schreibtischsessel.
In ihrer Wohnung glitt Pam mühelos über den unebenen Dielenboden. Der Rollstuhl musste über eine ausgezeichnete Federung verfügen und hatte vielleicht sogar eine Gyroskopsteuerung, mit der er so gleichmäßig dahinfuhr.
Diana saß auf einem gemütlichen, weißen Sofa, das mit knallpinken und dunkelvioletten Seidenkissen dekoriert war, und trank eine Tasse dunklen, leicht rauchigen Oolong-Tee, den ihr Pam zubereitet hatte. Sie erzählte Pam von Ashleys Verschwinden und ihrem scheinbaren Wiederauftauchen. Diese hörte zu und registrierte jedes einzelne Detail, wie die Informationen in einem Wetterbericht.
»Du glaubst also nicht, dass deine Schwester wieder nach Hause gekommen ist«, sagte Pam, »sondern dass irgendjemand die Klamotten dort hingelegt und die Post geholt hat, damit es so aussieht, als ob.«
Diana wusste selbst nicht mehr, was sie glaubte. »Ich habe ihr unzählige Nachrichten hinterlassen. Auf ihrem Telefon, dem Handy, in ihrem Büro. Sie hat die Nummer des Handys, das ich bei mir habe.« Diana zog es aus der Tasche, um sich zu vergewissern, dass sie keinen Anruf verpasst hatte. »Wenn sie zurückgekommen ist, warum hat sie mich dann nicht angerufen?«
»Und du bist überzeugt davon, dass sich jemand an deiner Überwachungsanlage zu schaffen gemacht hat?« Pam hielt einen Moment inne und überlegte, als wäre das eine durchaus plausible Möglichkeit. Diana spürte, wie die Anspannung allmählich von ihr abfiel. »Das könnte eine Verbindung sein. Versuch mal, dich zu erinnern. Hat sich etwas Ungewöhnliches ereignet, bevor deine Schwester verschwunden ist?«
»Ashley hat sich von dem Typen getrennt, mit dem sie zusammen war. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Für Ashley jedenfalls. Und ihn schien das nicht einmal sonderlich aufzuregen.« Diana erzählte Pam von der Szene, die Aaron ihr in der Bar gemacht hatte. Wie er ihr zum Copley Square gefolgt war, um sich zu entschuldigen, sich dann aber verdrückt hatte.
»Du glaubst, dass er der Mann sein könnte, den der Nachbar deiner Schwester im
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