Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
Jake und Daniel wechselten Blicke, die sie nicht zu deuten vermochte. »Ich übernehme meinen Part, versprochen.«
»Aber ja doch«, sagte Jake.
»Habe ich je ein Versprechen nicht gehalten?«, schoss Diana zurück.
»Und danach?«, warf Daniel ein.
Misstrauisch warteten sie auf ihre Antwort. »Ich … ich kann nicht lügen«, sagte sie. »Ich weiß es nicht. Das müssen wir abwarten.«
»Wenigstens ist sie ehrlich«, bemerkte Daniel zu Jake gewandt.
»Ich trau der Sache trotzdem nicht«, stellte Jake fest.
»Nimm’s ihm nicht übel. Er hatte noch nie eine besonders schnelle Auffassungsgabe«, sagte Daniel zu Diana. »Wir sind uns also einig?«
Diana nahm einen Schluck von dem inzwischen kalten Zichorienkaffee, den sie auf dem Tisch hatte stehen lassen. »Im Augenblick ja.«
Über den Rand ihres Bechers behielt sie Daniel im Auge. Wie aus dem Nichts war er plötzlich wieder da. Wie war das möglich? Irgendwo jenseits ihrer Erschütterung und ihrer Fassungslosigkeit suchte sie nach Gefühlen. Sie spürte Misstrauen. Hilflosigkeit. Und tief darunter Angst. Sie wusste, dass das nicht alles war.
Schlagartig wurde Diana bewusst, wie allein sie inzwischen war. Gefangen, sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt. Ashley, irgendwo da draußen, würde krank sein vor Sorge darüber, was ihr passiert war.
»Jungs, wenn ihr nicht wollt, dass meine Schwester Alarm schlägt, dann sollte ich sie besser mal anrufen.« Sie zog ihr Handy aus der Jackentasche. »Es ist abgemacht, dass ich sie von diesem Telefon aus anrufe, aber es gibt hier kein Netz.«
Jake musterte sie argwöhnisch.
»Bitte«, sagte sie und reichte Jake das Handy. »Ruf du sie an, um ihr zu sagen, dass alles in Ordnung ist.«
»Wirklich lustig«, bemerkte er. »Ruf sie an, aber mach’s kurz.« Er deutete auf die Tür zum Außengang.
Vier Piepstöne später hatte Jake die Tür entsichert. Er hielt sie auf, sodass sie an ihm vorbei, über die unebenen Betonstufen in den Gang hinaustreten konnte, der das Silo mit dem Fabrikgebäude verband.
Sie war erst ein paar Meter den Gang entlanggegangen, als sie Jakes Stimme hörte: »Halt, nicht weiter.«
Diana ging zu einem der kleinen Fenster und sah hinaus. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen, der Wind hatte sich gelegt, und der See lag spiegelglatt da.
»Übrigens«, sagte Jake, »damit du es weißt. Hier sind überall Überwachungskameras installiert.« Er deutete auf eine Kamera über der Tür zum Silo, die in den Gang gerichtet war. »Denen entgeht nichts, im Hellen wie im Dunklen.«
Diana kehrte ihm den Rücken zu. Erst als sie anfing, etwas ins Handy zu tippen, fiel ihr auf, dass ihre Hände zitterten. Sie ließ sich die letzten Anrufe anzeigen, fand die Nummer von Pam und drückte Wählen. Sie wartete eine Meldung ab, der sie entnahm, dass sie auf dem Prepaid-Konto noch dreiundfünfzig Minuten Guthaben hatte.
Pam meldete sich beim zweiten Läuten. »Diana!« Ihr fiel ein Stein vom Herzen, dass Pam sie schon an der Nummer erkannt hatte. »Wo um Himmels willen …«
»Hallo, Ashley «, fiel sie ihr ins Wort. »Ich bin’s.«
Am anderen Ende war es still. Diana gab vor zuzuhören. Als würde sie auf eine Frage antworten, sagte sie: »Ja, doch. Als ich in Mill Village ankam, dachte ich erst, er sei nicht da. Aber er war es doch.«
»Mill Village? Wo zum Teufel ist das?«, flüsterte Pam. »Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Natürlich nicht«, verkündete sie mit gespielt erfreuter Stimme, in der Hoffnung, Pam würde ihre Vorstellung durchschauen. »Richtig. Ich bin bei ein paar alten Freunden.«
»Online-Freunde?«
Diana lachte. »Ja und nein.« Sie machte eine kleine Pause. »Nein, du musst diese Woche nicht für mich einkaufen. Ich werde vermutlich noch eine Weile hier bleiben.« Sie lachte wieder. »Ja, ja. Ich schreibe alles auf und mache Fotos, rund um die Uhr, als Beweis, dass ich das Haus verlassen habe.«
»Soll ich etwas für dich tun?«, fragte Pam. »Soll ich versuchen, herauszubekommen, wo du steckst?«
»Ich gebe dir Bescheid.«
Jake gab ihr von der Tür aus Zeichen, dass sie sich beeilen sollte.
Diana erhob ihren Zeigefinger, sagte noch ein paar Mal »ja« ins Telefon und dann: »Morgen Vormittag. Ich melde mich. Und, Ashley: Pam hat gesagt, dass sie anrufen würde. Könntet ihr beide euch miteinander in Verbindung setzen, dann muss ich sie nicht auch noch anrufen? Ich muss gehen. Bis bald.«
»Morgen«, sagte Pam. »Ich ruf Ashley an.«
Diana verbarg ein
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