Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
hinauf. Er wusste, dass Sal gerne jagen ging und zumindest ein Gewehr besaß. Also rief er erneut.
»Sal! Maggie! Ich bin es, Josh von der Feuerwehr!«
Oben hielt er inne und wartete. Wo waren die beiden? Und warum stand die Tür offen? Wer hatte geschrien?
Josh spürte einen Luftzug auf der Wange und drehte sich blitzschnell mit der Taschenlampe um. Der Lichtstrahl fiel in ein Schlafzimmer, wo das Fenster zertrümmert war und die weißen Gardinen im Wind flatterten. Dann vernahm er aus dem gegenüberliegenden Zimmer ein Geräusch. Ein Husten.
Josh eilte hinüber. Doch den Anblick, der sich ihm bot, vermochte er nicht zu verarbeiten. Das Bett war über und über mit Blut besudelt. In der Mitte saß Sal Morton mit offenem Mund und starrte vor sich hin. Mit der linken Hand hielt er sich den rechten Arm, der so fürchterlich gebrochen aussah, wie Josh es nie zuvor gesehen hatte. Der Knochen stach etwa fünfzehn Zentimeter aus dem Fleisch des Arms heraus.
»Mr. Morton. Ich bin es. Wir fordern sofort Hilfe an«, versicherte er dem älteren Mann.
Josh versuchte sich die Anweisungen, die er im Sanitäterkurs gelernt hatte, zu vergegenwärtigen. Zuerst suchte er nach dem Puls in Sals Halsschlagader und fand ihn auch. Er war überraschend deutlich spürbar, wenn man die Menge Blut auf dem Bett in Erwägung zog. Sals Haut fühlte sich kühl und feucht an, und seine Augen starrten auf einen Punkt in der Ferne. Er stand unter Schock und musste unbedingt zu einem Arzt, was nicht so leicht sein würde angesichts der Tatsache, dass der
Tanklaster gestohlen worden war. Aber Sal besaß wahrscheinlich ein Auto. Außerdem musste Sheriff Streng jede Sekunde hier auftauchen. Josh holte sein Handy heraus und drückte auf die Wahlwiederholung, ehe er sich auf die Suche nach dem Badezimmer machte.
So schlimm der Bruch auch aussah, er schien kaum zu bluten. Joshs erste Sorge galt einer möglichen Infektion. Also nahm er einen Waschlappen und tränkte ihn mit Sauerstoffperoxyd, das er in dem Schränkchen unter dem Waschbecken gefunden hatte. Er legte ihn auf Sals Arm, als am anderen Ende der Leitung abgehoben wurde.
»Hallo?«, ertönte eine fremde Stimme. Wer auch immer da antwortete, Sheriff Streng war es jedenfalls nicht.
»Kann ich mit dem Sheriff sprechen?«
»Er ist im Augenblick indisponiert.«
»Mit wem spreche ich?«
»Ich heiße Santiago.« Der Mann lispelte und hatte einen spanischen Akzent. Josh hatte den Eindruck, dass er lächelte, während er mit ihm sprach.
»Ist der Sheriff bei Ihnen?«
»Ja, aber Sie können nicht mit ihm reden.«
Josh hatte keine Zeit für solche Spielchen. Warum hatte der Sheriff sein Handy überhaupt einem anderen gegeben? Da gab es doch sicherlich Regeln für so etwas, insbesondere für Polizisten.
»Ich muss unbedingt mit dem Sheriff sprechen. Es handelt sich um einen Notfall.«
»Ich glaube nicht, dass er zu sprechen in der Lage ist. Ich glaube, ich habe gerade seine Niere zerquetscht.«
»Was?«
Was zum Teufel ging hier vor sich?
»Sind Sie der Mann, der gerade das Haus der Mortons betreten
hat? Wie geht es Sal? Trauert er noch immer um seine arme tote Frau?«
»Seine Frau? Wo ist Maggie?«
»Liegt sie nicht mehr auf dem Bett? Hm. Interessant. Dann wird wohl Ajax sie sich geholt haben.«
Josh starrte auf den riesigen Blutfleck auf dem Bett und ließ seinen Blick dann zu Sal wandern, der noch immer mit offenem Mund vor sich hin starrte. Josh folgte seinem Blick über den Gang zum gegenüberliegenden Schlafzimmer. Er richtete den Strahl der Taschenlampe in das Zimmer.
Der Lichtkegel traf schließlich einen riesigen Mann, der neben dem Fenster stand und langsam mit den nackten, verstümmelten Überresten Maggie Mortons tanzte.
Frans Oberkörper hing aus dem kaputten Küchenfenster des Diners. Der Killer hatte ihre rechte Fessel ergriffen und hielt sie fest, so dass sie nicht flüchten konnte. Glassplitter bohrten sich in ihre Brust, und der Gestank verrottender Lebensmittel aus der Mülltonne in der Gasse trieb ihr Tränen in die Augen. Fran trat mit ihrem freien Fuß wie wild nach hinten und traf den Killer mehr als einmal, aber ihre Gummisohlen schienen keinen Effekt auf ihn zu haben.
Verzweifelt suchte sie nach etwas, woran sie sich festhalten konnte, um sich ganz herauszuziehen. Der Müllcontainer, keinen halben Meter vor ihr, schien meilenweit entfernt zu sein. Ihre Handflächen boten keinen Halt auf den nackten Ziegeln. Das Einzige, was ihr übrig blieb, war,
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