Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
Mann schrie. Er ließ langsam die Theke los und sank in die Knie, aber sprach mit ungerührter Bestimmtheit weiter: »Dies ist ein magischer Augenblick in der Geschichte des Sports! So was kommt vielleicht nie wieder!« Dann schien ihn die Stimme zu verlassen. »Ich hab einmal das Triple Crown gemacht«, stammelte er. »Aber das war gar nichts hiergegen.«
Die froschäugige Frau klaubte fieberhaft nach seinem Gürtel. »Steh auf!« flehte sie. »Bitte steh doch auf! Du könntest ein sehr gutaussehender Mann sein, wenn du nur aufstehen wolltest!«
Er lachte geistesabwesend. »Hören Sie, Madam«, fauchte er, »ich bin schon verdammt gutaussehend, unerträglich gutaussehend fast, wenn ich hier unten bin. Sie würden überschnappen, wenn ich aufstehe!«
Die Frau zog immer weiter an ihm. Sie hatte schon seit zwei Stunden an ihm herumgehangen, und jetzt wollte sie es wissen. Aber der Mann von Life mochte nicht mitmachen; er ließ sich noch mehr zusammensinken.
Ich wandte mich ab. Es war zu grauenhaft. Schließlich waren wir doch die absolute Elite der nationalen
Sportpresse. Und wir waren hier in Las Vegas versammelt, um eine ganz spezielle Aufgabe zu erfüllen: wir sollten doch über das Vierte Jährliche »Mint 400« berichten. . . und wenn es um so was geht, dann reißt man sich am Riemen.
Aber jetzt – noch bevor das Spektakel überhaupt angegangen war – häuften sich die Zeichen, daß wir vielleicht die Sache aus dem Griff verloren. Hier standen wir an diesem schönen Nevada-Morgen, hielten uns fest an einer schmierigen Bar in einem Beton/Blockhaus und Spielkasino namens »Mint Gun Club« zehn Meilen außerhalb von Vegas . . . und während das Rennen jeden Moment beginnen konnte, waren wir gefährlich desorganisiert.
Draußen spielten die Wahnwitzigen an ihren Motorrädern herum, fummelten an den Scheinwerfern, prüften überall noch mal das Öl und zogen die letzten Schrauben fest (am Vergaser und die Kombinationsmuttern usw.) . . . und die ersten zehn Maschinen donnerten Schlag neun los. Es war äußerst aufregend, und wir gingen alle raus, um zuzusehen. Die Flagge senkte sich und diese zehn armen Scheißer ließen die Kupplung hochfliegen und düsten in die erste Kurve, alle gleichzeitig, dann übernahm jemand die Führung (eine 405 Husquavarna, erinnere ich mich), und Beifall rauschte auf, als der Fahrer loslegte und in einer Staubwolke verschwand.
»Also, das wär’s«, sagte jemand. »Die sind in ’ner Stunde oder so wieder da. Gehn wir zurück in die Bar.«
Aber noch nicht. Nein. Da waren noch ungefähr hundertneunzig Maschinen, die auf den Start warteten. Jeweils zehn auf einmal fuhren sie los, alle zwei Minuten.
Zuerst konnte man sie noch bis in eine Entfernung von vielleicht zweihundert Metern von der Startlinie verfolgen, aber die Sicht hielt nicht lange an. Die dritte Zehnergruppe verschwand schon gut hundert Meter von unserem Standpunkt im Staub . . . und als sie die ersten hundert auf den Weg geschickt hatten (und noch hundert weitere starten mußten), da konnten wir kaum weiter sehen als zwanzig Meter. Wir konnten gerade noch die Strohballen am Ende der Boxen erkennen . . .
Jenseits davon war die unglaubliche Staubwolke, die während der nächsten beiden Tage über diesem Teil der Wüste hängen sollte, schon undurchdringlich. Keiner von uns ahnte jedoch zu dem Zeitpunkt, daß wir mehr vom »Fabulous Mint 400« nicht zu sehen kriegen sollten –
Gegen Mittag war es schwierig, vom Bar/Kasino aus den Boxenbereich zu erkennen, dreißig Meter entfernt in der gleißenden Sonne. Der Versuch, dieses Rennen auf konventionelle journalistische Weise zu beschreiben, war absurd: Genauso hätte man sich vornehmen können, einen Schwimmwettkampf zu verfolgen, der in einem mit Talkum-Puder statt mit Wasser gefüllten Becken von olympischen Ausmaßen stattfindet. Die Ford Motor Company hatte wie versprochen einen »Presse-Bronco« mit Fahrer bereitgestellt, aber nach ein paar wilden Fahrten durch die Wüste – auf der Suche nach Motorrädern, von denen man gelegentlich eines fand – überließ ich das Gefährt den Fotografen und ging zurück in die Bar.
Ich hatte das Gefühl, es sei Zeit, die ganze Sache neu zu überdenken, so schwer es auch fiel. Das Rennen war definitiv im Gange. Ich hatte den Start mit eigenen Augen gesehen; soviel war auf jeden Fall sicher. Aber was
jetzt? Einen Hubschrauber mieten? Wieder in diesen stinkenden Bronco steigen? Hinaus in diese gottverdammte Wüste
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