Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
massenweise Leute, noch immer dichtgedrängt an den Spieltischen. Wer sind diese Menschen? Diese Gesichter! Woher kommen die alle? Sie sehen aus wie die Karikaturen von Gebrauchtwagenhändlern aus Dallas. Aber sie sind wirklich. Und, Duliebergott, es sind höllisch viele – lauthals kreischend an diesen Spieltischen der Wüstenstadt am Sonntag um vier Uhr morgens. Klammern sich noch immer an den Amerikanischen Traum, diese Vision, sie würden den Großen Gewinn noch in diesen letzten chaotischen Minuten vor Sonnenaufgang im schalen Vegas-Casino machen.
Der Große Coup in Silver City. Tricks den Dealer aus und geh als gemachter Mann nach Haus. Warum nicht? Ich blieb am Geldrad stehen und setzte auf Thomas Jefferson – eine 2-$-Note, die wahre Freak-Fahrkarte, und dachte dabei, daß vielleicht ganz instinktiv damit die große Sache ins Laufen gebracht sein könnte.
Aber nein. Wieder zwei Dollar mehr zum Fenster rausgeworfen. Ihr Schweinehunde!
Nein. Ganz ruhig jetzt! Lern, das Verlieren zu genießen. Das Wichtigste ist, diese Geschichte nach ihren eigenen Gesetzen zu schreiben; das andere Zeug mag Life und Look überlassen bleiben – wenigstens erst mal. Von der Treppe aus sah ich den hektischen Mann von Life, in eine Telefonzelle gequetscht, und er sang seine Weisheiten irgendeinem geilen Roboter ins Ohr, der an der anderen Küste in ebensolchem Kabäuschen steckte. Wohlan: »LAS VEGAS IM MORGENGRAUEN – Die Rennfahrer schlafen noch, Staubwolken liegen über der Wüste, 50000 $ schlummern im Bürosafe von Dell Webbs fabelhaftem Mint Hotel im pulsierenden Herzen von Casino Center. Sie warten auf ihren Gewinner.
Äußerste Spannung. Und unser Life Team ist wieder dabei (wie immer begleitet von einer starken Polizei-Eskorte. . . )« Pause. »Ja, Sie haben richtig verstanden, das Wort lautete Polizei. Was sonst? Schließlich handelt es sich ja um ein Life-Special . . .«
Der Rote Hai stand draußen auf der Fremont, wo ich ihn verlassen hatte. Ich fuhr herum in die Garage und gab ihn ab – Dr. Gonzos Wagen, kein Problem, und wenn einer von Ihren Leuten nichts Besseres zu tun hat, wir können bis nachher eine Generalwäsche mit Einwachsen gebrauchen. Ja, natürlich – die Rechnung auf Zimmernummer.
Mein Anwalt saß in der Badewanne, als ich wiederkam. Untergetaucht in grünem Wasser – das ölige Ergebnis irgendeines japanischen Badesalzes, das er im Geschenkartikel-Laden des Hotels aufgetan hatte zusammen mit einem neuen AM/FM-Radio, das in die Steckdose für den Elektrorasierer eingestöpselt war. Höchste Lautstärke. Irgendeine Grütze von einer Gruppe namens Three Dog Night, über einen Frosch, der Jeremiah hieß und »Joy To The World« wünschte.
Zuerst Lennon, jetzt das, dachte ich. Als nächstes fängt noch Glenn Campbell an zu grölen: »Where Have All The Flowers Gone?«
Ja, wo eigentlich? Keine Blumen in dieser Stadt. Nur fleischfressende Pflanzen. Ich drehte das Radio leiser und bemerkte dabei einen Klumpen durchgekautes weißes Papier neben dem Gerät. Mein Anwalt schien die Klangveränderung gar nicht zu bemerken. Er war verloren in einem Nebel grünen Dampfes; nur sein halber Kopf ragte aus dem Wasser hervor.
»Du hast das hier gegessen?« fragte ich und hielt den weißen Klumpen hoch.
Er ignorierte mich. Aber ich wußte Bescheid. Es würde während der nächsten sechs Stunden sehr schwer sein, an ihn heranzukommen. Das gesamte Löschblatt war ausgekaut.
»Du gemeiner Hundesohn«, sagte ich. »Du kannst nur hoffen, daß in dem Beutel Thorazin ist, denn sonst hast du morgen nichts zu lachen.«
»Musik«, knurrte er mich an. »Dreh lauter. Mach die Kassette an.«
»Welche Kassette?«
»Die neue. Steckt doch schon drin.«
Ich nahm das Radio in die Hand und sah, daß es gleichzeitig ein Kassettengerät war. Und die Kassette – Surrealistic Pillow – brauchte nur umgedreht zu werden. Seite eins hatte er schon gehört – in einer Lautstärke, daß ganz gewiß die Leute in allen Zimmern im Umkreis von hundert Metern davon gutgehabt hatten.
»›White Rabbit‹«, kommandierte er. »Ich will einen Sound, der mich hochbringt!«
»Du bist geliefert«, sagte ich. »Ich verschwinde hier in zwei Stunden – und dann werden sie raufkommen und mit ihren großen Knüppeln die Scheiße aus dir rausprügeln. Direkt da in der Wanne.«
»Ich grabe meine eigenen Gräber«, sagte er. »Grünes Wasser und das »Weiße Kaninchen« . . . leg schon auf, zwing mich nicht, dies hier zu benutzen.«
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