Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
wollte, aber aus irgendeinem idiotischen Grund schüttelte ich den Kopf. »Ein Schläfchen hilft nicht«, sagte ich. »Ich bin schon zu lange wach – drei oder vier Nächte; ich weiß schon gar nicht mehr. Wenn ich mich jetzt hinhaue, dann bin ich zwanzig Stunden wie tot.«
Guter Gott, dachte ich. Was hab ich da gesagt? Dieser Bastard versucht menschlich zu sein; er könnte mich auf der Stelle hinter Gitter bringen, aber statt dessen rät er mir zu einem kleinen Nickerchen. Um Himmels willen, stimm ihm zu: Ja, Officer, natürlich werde ich vom nächsten Rastplatz Gebrauch machen. Und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich bin, daß Sie mir diese Chance geben wollen . . .
Aber nein . . . ich bestand darauf, direkt nach LA weiterzurasen, wenn er mich losließ, und das stimmte, aber warum mußte ich es zugeben? Warum gegen ihn angehen? Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für ein Showdown. Dies hier ist Death Valley . . . reiß dich doch zusammen.
Natürlich. Reiß dich zusammen. »Hören Sie«, sagte ich, »ich bin in Las Vegas gewesen, um über das Mint 400 zu berichten.« Ich zeigte ihm den »VIP Parking«-Aufkleber, der an der Windschutzscheibe war. »Ungeheuerlich«, sagte ich. »All diese Motorräder und die Dünen-Buggies, die zwei Tage lang durch die Wüste rasen. Sind Sie schon mal dagewesen?«
Er lächelte, schüttelte den Kopf, betrübt und verständnisvoll zugleich. Ich konnte sehen, wie er überlegte. War ich gefährlich? War er bereit für die scheußliche und zeitraubende Szene, die es geben würde, wenn er mich verhaftete? Wie viele dienstfreie Stunden würde er im Gerichtsgebäude herumhängen müssen und darauf warten, gegen mich auszusagen? Und was für einen Super-Anwalt würde ich aufbieten, um ihn fertigzumachen?
Ich wußte es, aber woher sollte er es wissen?
»O. K.«, sagte er. »Jetzt hören Sie mal zu. Hier in meinen Bericht werde ich schreiben, daß ich Sie angehalten habe, weil Sie zu schnell gefahren sind, und daß ich Ihnen diese schriftliche Aufforderung« – er händigte sie mir aus – »gegeben habe, nicht weiter als bis zum nächsten Rastplatz zu fahren . . . Ihr Ziel, wie Sie behauptet haben, nicht wahr? Wo Sie sich eine längere Ruhepause gönnen . . .« Er hängte seinen Strafzettelblock wieder an den Gürtel. »Habe ich mich verständlich ausgedrückt?« fragte er, als er sich umwandte.
Ich zuckte mit den Achseln. »Wie weit ist es nach Baker? Ich wollte da anhalten, um zu Mittag zu essen.«
»Das liegt nicht mehr in meinem Zuständigkeitsbereich«, sagte er. »Die Stadtgrenze ist 2,2 Meilen jenseits des Rastplatzes. Können Sie’s bis dahin schaffen?« Er grinste.
»Ich werd’s versuchen«, sagte ich. »Ich wollte schon lange mal nach Baker. Ich habe viel davon gehört.«
»Ausgezeichnete Fischspezialitäten«, sagte er. »In Ihrem Zustand wäre das Beste wohl Landkrabbe. Versuchen Sie das ›Majestic Diner‹.«
Ich schüttelte den Kopf und stieg wieder in den Wagen. Ich fühlte mich vergewaltigt. Das Schwein hatte mich nach Strich und Faden reingelegt, und jetzt lachte er sich ins Fäustchen und fuhr los – auf die Westseite der Stadt, wo er mich erwarten würde, wenn ich nach LA abhauen wollte.
Ich fuhr zurück auf die Autobahn und an dem Rastplatz vorbei bis zu dem Abzweig, wo ich rechts nach Baker fahren mußte. Als ich mich der Ausfahrt näherte, sah ich . . . gütiger Himmel, ihn, den Anhalter, dasselbe Bürschchen, das wir auf dem Weg nach Vegas aufgesammelt und zu Tode erschreckt hatten. Unsere Blicke trafen sich, als ich Gas wegnahm, um die Kurve zu kriegen. Ich war versucht zu winken, aber als ich sah, daß er den Daumen sinken ließ, dachte ich, nein, das ist nicht die Zeit . . . Gott weiß, was der Bursche über uns erzählt hat, als er schließlich zurückgekommen war.
Beschleunigung. Sofort außer Sichtweite. Wie konnte ich wissen, daß er mich erkannt hatte? Aber das Auto war wohl kaum zu übersehen. Und warum wäre er sonst von der Straße zurückgetreten?
Plötzlich hatte ich zwei persönliche Feinde in dieser
gottverlassenen Stadt. Der CHP-Bulle würde mich garantiert hochnehmen, wenn ich versuchte, nach LA weiterzufahren, und dieser gottverdammte bescheuerte Anhalter-Bengel würde mich wie ein wildes Tier jagen lassen, wenn ich dablieb. (Heiliger Jesus, Sam! Da ist er! Der Bursche, von dem uns der Junge erzählt hat! Er ist zurückgekommen!)
Beide Aussichten waren furchtbar – und wenn diese rechtschaffenen Spießer erst mal
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