Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
den Auftrag, einen Liter Wild Turkey sowie zwei Flaschen Bacardi Anejo mit einem Berg Eiswürfel aufzutreiben, der die Nacht reichen würde.
Unser Zimmer war im entferntesten Flügel des Flamingo. Dieser Schuppen ist weit mehr als nur ein Hotel: eine Art gigantischer unterfinanzierter Playboy-Club mitten in der Wüste. So was wie neun separate Flügel, durch Fußgängerrampen und Pools miteinander verbunden – ein riesiger Komplex, zerteilt durch ein Labyrinth von Garageneinfahrten und Auto-Auffahrten. Ich brauchte ungefähr zwanzig Minuten, bis ich von der Rezeption zum entfernten Flügel, wo man uns einquartiert hatte, gewandert war.
Ich hatte mir gedacht, erst mal ins Zimmer zu gehen, die Schnaps- und Gepäcklieferung abzuwarten, dann meinen letzten Rest Singapur-Grau zu rauchen und dabei Walter Cronkite in der Glotze anzusehen. Und auf die Ankunft meines Anwalts zu warten. Ich brauchte diese Pause, diesen Augenblick Frieden und Besinnung, bevor wir die Drogen-Konferenz mitmachten. Das
würde nämlich eine verdammt andere Chose werden als das Mint 400. Da war’s ein Beobachter-Job gewesen, aber dies Ding hier verlangte Teilnahme – und das unter ganz speziellen Bedingungen: Beim Mint 400 hatten wir es mit einer grundsätzlich verständnisvollen Meute zu tun gehabt, und wenn unser Benehmen auch obszön und empörend war . . . nun, das war nur eine Frage des Auffälligkeitsgrades.
Aber diesmal war schon unsere Anwesenheit allein eine Herausforderung, eine Freveltat. Wir würden uns unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei der Konferenz einschleichen und es von Anbeginn mit Leuten zu tun haben, deren Lebenszweck darin bestand, Typen wie uns hinter schwedische Gardinen zu bringen. Wir waren die Bedrohung – bemäntelten nichts, sondern waren offen drauf aus, Drogenmißbrauch zu treiben, und wir hatten eine schamlos ausgeflippte Tour drauf, die wir bis ins Extreme treiben wollten . . . nicht um irgendeinen endgültigen soziologischen Beweis zu führen, und auch nicht, um etwa bewußt die Narcs zu verarschen: Es war hauptsächlich eine Frage des Lebensstils, ein Gefühl, daß wir es unserer Sache schuldig waren, ja Pflichtbewußtsein. Wenn die Pigs sich in Vegas versammelten, um eine Super-Drogen-Konferenz abzuhalten, dann sollte nach unserer Meinung die Drogen-Kultur ihre Repräsentanten dabeihaben.
Außerdem war ich jetzt schon so lange bedröhnt, daß ein Job wie dieser absolut logisch erschien. Wenn ich die Umstände bedachte, fühlte ich mich total im Einklang mit meinem Karma.
Wenigstens hatte ich dies Gefühl, bis ich an die große graue Tür kam, die zur Mini-Suite 1150 im äußersten
Flügel gehörte. Ich rammte meinen Schlüssel in das Schloß und stieß die Tür auf, dachte: »Gott sei Dank, endlich zu Hause!« . . . aber die Tür schlug gegen etwas, das ich sofort als eine menschliche Gestalt identifizierte: ein Mädchen unbestimmbaren Alters mit dem Gesicht und der Körperform eines Kampfstieres. Sie trug einen blauen Kittel, und ihre Augen waren zornig. . .
Irgendwie wußte ich, daß ich im richtigen Zimmer war. Ich hätte gern ein anderes Gefühl gehabt, aber die Vibes waren hoffnungslos richtig . . . und sie schien’s auch zu wissen, denn sie machte keine Anstalten, mich zu hindern, als ich mich an ihr vorbei ins Zimmer schob. Ich warf meinen Lederbeutel auf eines der Betten und sah mich um nach dem, was ich erwartete . . . meinen Anwalt . . . splitternackt stand er in der Badezimmertür und grinste das beknackte Grinsen des Drogenfreaks.
»Du degeneriertes Schwein«, murmelte ich.
»Kann man nichts machen«, sagte er und nickte in Richtung des Bulldoggen-Mädchens. »Das ist Lucy.« Er lachte geistesabwesend. »Du weißt schon – wie ›Lucy in the sky with diamonds‹ . . .«
Ich nickte Lucy zu, die mich mit unverhohlener Boshaftigkeit ansah. Ich war ganz offensichtlich ein Feind, ein häßlicher Eindringling in ihre Szene . . . und man konnte deutlich an der Art, wie sie sich durch das Zimmer bewegte, sehr schnell und angespannt, ablesen, daß sie mich als Gegner abschätzte. Sie war bereit zur Gewaltanwendung, daran bestand kein Zweifel. Selbst mein Anwalt schnallte das.
»Lucy«, fauchte er. »Lucy! Ganz cool, gottverdammt! Denk daran, was am Flughafen passiert ist . . . genug davon,
okay?« Er lächelte sie nervös an. Sie sah aus wie das Untier, das gerade in die Arena gelassen wurde, damit es um sein Leben kämpfte . . .
»Lucy . . . das ist mein Klient; das ist Mr.
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