Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
Duke, der berühmte Journalist. Er bezahlt diese Suite, Lucy. Er ist auf unserer Seite.«
Sie sagte nichts. Ich erkannte, daß sie sich nicht ganz unter Kontrolle hatte. Gewaltige Schultern für eine Frau, und ein Kinn wie Oscar Bonavena. Ich setzte mich aufs Bett und fingerte verstohlen in meinem Beutel nach der »Chemischen Keule« . . . und als ich mit dem Daumen den Auslöseknopf fand, war ich drauf und dran, das Ding rauszureißen und sie schon aus Prinzip damit einzuweichen, denn ich hatte das verzweifelte Bedürfnis nach Frieden, Ruhe, Geborgenheit. Das Schlimmste, was ich mir vorstellen konnte, war ein Kampf auf Leben und Tod mit einem drogenwahnwitzigen Hormonmonster in meinem eigenen Hotelzimmer.
Mein Anwalt schien das zu verstehen; er wußte, warum meine Hand in dem Beutel steckte.
»Nein!« schrie er. »Nicht hier! Dann müssen wir ausziehen!«
Ich zuckte mit den Achseln. Er war weggetreten. Das sah ich. Und Lucy ebenfalls. In ihren Augen lauerte fiebriger Irrsinn. Sie starrte mich an, als sei ich eine Bedrohung, die ausgeschaltet werden mußte, bevor das Leben wieder so sein konnte, wie sie es für normal hielt.
Mein Anwalt schlenderte zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schulter. »Mr. Duke ist mein Freund«, sagte er besänftigend. »Er liebt Künstler. Zeigen wir ihm doch ein paar von deinen Bildern.«
Jetzt erst bemerkte ich, daß das ganze Zimmer voller Bilder war – ungefähr vierzig bis fünfzig Porträts, manche
in Öl, manche in Kohle, alle mehr oder weniger in derselben Größe und alle von demselben Gesicht. Sie waren auf jeder ebenen Fläche aufgebaut. Das Gesicht kam mir vage bekannt vor, aber genau konnte ich es nicht identifizieren. Es war ein Mädchen mit breitem Mund, einer großen Nase und ungeheuer funkelnden Augen – ein dämonisch sinnliches Gesicht; die Art übertriebener peinlich dramatischer Darstellung, die man in den Schlafzimmern junger Kunststudentinnen findet, die einen Pferde-Tick haben.
»Lucy malt Porträts von Barbra Streisand«, erklärte mein Anwalt. »Sie ist eine Künstlerin aus Montana . . .« Er wandte sich dem Mädchen zu. »Wie heißt die Stadt, wo du wohnst?«
Sie starrte ihn an, dann mich, dann wieder meinen Anwalt. Schließlich sagte sie: »Kalispel. Ganz oben im Norden. Ich hab diese Sachen vom Fernsehschirm abgezeichnet.«
Mein Anwalt nickte zustimmend. »Fantastisch«, sagte er. »Sie ist nur hierhergekommen, um all diese Porträts Barbra Streisand persönlich zu überreichen. Wir gehen heute abend ins Americana Hotel und treffen sie hinter der Bühne.«
Lucy lächelte schüchtern. Alle Feindseligkeit war verschwunden. Ich ließ die »Chemische Keule« los und stand auf. Da hatten wir einen ernsten Fall aufgegabelt, kein Zweifel. Und damit hatte ich nicht gerechnet: Meinen Anwalt auf einem Acid-Trip zu finden und überdies in den Klauen einer paranatürlichen Liebesaffäre.
»Gut«, sagte ich, »ich schätze, inzwischen ist das Kabrio da. Holen wir das Zeug aus dem Kofferraum.«
Er nickte voller Zustimmung. »Absolut richtig, holen wir das Zeug.« Er lächelte zu Lucy hinüber. »Wir sind
gleich wieder da. Nicht den Telefonhörer abnehmen, wenn es klingelt.«
Sie grinste und machte das Ein-Finger-Zeichen der Jesus-Freaks. »Gott segne euch«, sagte sie.
Mein Anwalt zog sich ein Paar Elefantenbein-Hosen an und ein schwarzes Glanzhemd, dann machten wir, daß wir aus dem Zimmer kamen. Ich sah, daß er Orientierungsschwierigkeiten hatte, war aber nicht bereit, ihm zu helfen.
»Nun . . .«, sagte ich. »Was hast du für Pläne?«
»Pläne?«
Wir warteten auf den Fahrstuhl.
»Lucy«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf, verzweifelt bemüht, sich auf die Frage zu konzentrieren. »Scheiße«, sagte er schließlich. »Ich hab sie im Flugzeug kennengelernt, und ich hatte all dies Acid bei mir.« Er zog die Schultern hoch. »Du weißt schon, diese kleinen blauen Hülsen. Jesus, sie ist ein religiöser Freak. Sie ist schon ungefähr das fünfte Mal innerhalb von einem halben Jahr von zu Hause weggelaufen. Es ist schrecklich. Ich hab ihr die Kapsel gegeben, bevor mir klar wurde . . . Scheiße, sie hat in ihrem Leben noch nicht mal einen Drink angerührt!«
»Wenn schon«, sagte ich, »wird schon alles gutgehen. Wir können sie ja randvoll halten und ihren Arsch bei der Drogenkonferenz verhökern.«
Er starrte mich an.
»Sie ist perfekt für diesen Job«, sagte ich. »Die Bullen reißen bestimmt fünfzig Dollar pro Nase raus, wenn sie sie
Weitere Kostenlose Bücher