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Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)

Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)

Titel: Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I. Albrecht
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konnte. Mit beiden Händen hielt sie sich an der Plattform fest und zog sich mit aller Kraft, die ihr noch verblieben war, in das Baumhaus hoch. Das harte Holz schmerzte an ihren bloßen Beinen, als sie bewegungslos auf dem Boden lag und darauf wartete, dass die Benommenheit verging. Innerlich beschimpfte sie sich wegen ihrer Dummheit. Sie war nicht höher als im zweiten Stock ihres Hauses, und da bekam sie schließlich auch keine Panik. Gelegentlich stieg sie sogar auf den Dachboden, und das ging wunderbar, solange sie nicht aus dem Fenster sah. Warum sollte das bei Jonas Baumhaus anders sein?
    Sanna schloss die Augen und spürte das kühle Holz unter Händen und Beinen. Sie war in Sicherheit.
    „Geht es dir gut, Sanna?“
    Sie stöhnte unhörbar und hielt die Augen geschlossen. Sie hätte sich denken können, dass Johannes ihr Auftauchen hier oben bemerkte. Innerlich hatte sie darum gefleht, dass er der Öffnung den Rücken zuwandte, während sie einstieg. Jetzt, wo das Dröhnen in ihren Ohren und das Hämmern ihres Herzens etwas nachgelassen hatten, fiel ihr auf, dass er aufgehört hatte zu arbeiten, als sie einstieg. Sie schluckte und flüsterte: „Mir geht es gut.“
    Johannes legte den Hammer hin und rückte näher zu ihr. „Du siehst aber nicht so aus.“
    Sie öffnete die Augen und sah ihn an. „Wie nett von dir, das zu bemerken.“ Sie hielt den Blick unverrückt auf ihn gerichtet, während sie sich aufsetzte, weit weg von der Öffnung im Boden. Den Blick aus den zwei Fensteröffnungen vermied sie tunlichst.
    Johannes sah sie besorgt an. „Jonas hat mir erzählt, dass du nie hier hochkommst.“
    „Hat er dir auch gesagt, warum?“
    „Nein, und daraus schließe ich, dass er von deiner Höhenangst nichts weiß.“
    „Ist es so offensichtlich?“
    „Nur, wenn man gesehen hat, wie du hier angekommen bist.“ Er lächelte leicht. „Was ist denn so wichtig, dass du den ganzen Weg hier hochgekommen bist, um mir etwas zu sagen, statt es nach oben zu rufen? Ich hätte dich gut hören können.“
    „Meine Nachbarn auch, Johannes. Du hast mir gar keine Wahl gelassen. Wenn ich noch lauter gerufen hätte, wäre Mona angerannt gekommen, um zu sehen, ob ich Hilfe dabei brauche, dich aus dem Baum zu holen.“
    „Keine Sorge, Sanna, bei den Schuhen, die sie trägt, hätte sie es nie geschafft, die Leiter hochzuklettern.“
    „Ihre Schuhe sind dir aufgefallen?“ Sanna hatte gedacht, dass Johannes völlig unempfänglich für Monas Charme war.
    „Jede Frau, die zehn Zentimeter hohe spitze Absätze trägt, will, dass man ihre Schuhe bemerkt, Sanna..“ Johannes lächelte sein umwerfendes Lächeln. „Ich habe ihr nur den Gefallen getan.“
    Sanna setzte sich gerade hin und sah ihn verächtlich an.
    „Männer!“
    Er lachte leise und rückte näher an sie heran. „Gut, du hast wieder eine normale Gesichtsfarbe.“ Er streckte die Hand aus und umfasste zärtlich ihre Wange. „Jag mir nie wieder solche Angst ein, Sanna. Für einen Moment habe ich mir große Sorgen gemacht.“
    Sie spürte die Hitze, als sie errötete. Sie hatte Mona nur erwähnt, um Johannes zu einer Reaktion zu bewegen, und es hatte gewirkt. Sie senkte den Blick und betrachtete seine bloße Brust. Sie war so mit ihrer Höhenangst beschäftigt gewesen, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass er für die Arbeit sein T-Shirt ausgezogen hatte. Sein Körper war so umwerfend, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    Himmel, wie gut sie sich daran erinnerte!
    „Sanna?“
    Schnell wandte sie den Blick ab. „Ich kann nicht zulassen, Johannes, dass du Jonas Baumhaus erneuerst, umbaust oder was auch immer. Es ist zu viel.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist zu viel für einen Kindergeburtstag. Und für ein Kind, das du gar nicht kennst.“
    Johannes machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Vielleicht tue ich es gar nicht für Jonas allein, Sanna.“
    „Für wen dann?“ Doch sicher nicht für sie? Ihr wäre es eh lieber, wenn er das Baumhaus abbaute, statt dass er es verbesserte. Sie litt unter der üblichen Angst aller Mütter, Jonas könnte runterfallen und sich das Genick brechen.
    „Für mich, Sanna. Ich tue es auch für mich. Ich habe ein schlechtes Gewissen, das ich auf Jonas Party aufgekreuzt bin, ohne ihm ein Geschenk mitzubringen.“
    „Du wusstest doch gar nicht, dass er eine Party feiert.“
    Johannes spielte mit dem Holzgriff des Hammers. „Als ich klein war, habe ich mir immer ein Baumhaus gewünscht. Es gab jede Menge Bäume in unserem

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