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Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)

Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)

Titel: Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I. Albrecht
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gebracht.“ Jonas durchsuchte die Küche und sah unter jeden Schrank.
    „Warum hast du das getan?“ Sanna legte die Kartoffel weg und wusch sich schnell die Hände.
    „Ich wollte ihn Johannes zeigen, wenn er kommt.“ Jonas eilte durch das Esszimmer auf die Veranda. „Er hatte gestern gar keine Zeit, ihn kennenzulernen.“
    Sanna folgte ihrem Sohn und durchforschte dabei jeden Raum. Egon war eine Experte im Verstecken spielen.
    „Johannes ist doch gar nicht da, Jonas. Er hat nur gesagt, dass er nach dem Essen mal.vorbeischauen will.“ Sie wusste nicht mehr genau, wie es dazu hatte kommen können.
    Letzte Nacht hatten sie bis nach Mitternacht telefoniert. Eine Stunde lang hatten sie über alte Häuser gesprochen und darüber, wie ihr Haus früher ausgesehen hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war, und darüber, wie es in Zukunft aussehen sollte. Johannes war eine Quelle an Informationen und hatte genau gewusst, was sie meinte. Er hatte erwähnt, dass er ein paar Bücher und Versandhauskataloge habe, die sie interessieren könnten. Als nächstes hatte er erwähnt, dass er die Bücher vorbeibringen würde, und dann hatte er sich verabschiedet. Sie hatte danach noch lange Zeit nicht einschlafen können.
    Vielleicht hätte sie den Kindern gar nicht sagen sollen, dass Johannes vorbeikommen wollte. Sie würden nur furchtbar enttäuscht sein, wenn er dann nicht kam. Und über ihre eigenen Gefühle wollte sie gar nicht erst nachdenken.
    In seiner fieberhaften Suche nach dem vierbeinigen Egon sauste Jonas hinaus in den Flur. Sanna beschloss, die Sache logischer anzugehen. Sie sank vor der Couch auf die Knie und begann Egon zu rufen. Sanna bückte sich und sah unter das Sofa. Nichts war da außer zwei Barbie-Puppen und einem staubigen Tennisball.
    Sanna blieb auf allen vieren und durchsuchte die Umgebung. Unter dem Stuhl fand sie das fehlende Stück eines Spiels und einen weiteren Ball, aber keinen Leguan. Sie krabbelte zu dem Sekretär in der Ecke, der einmal ihrer Großmutter gehört hatte. Letzte Woche hatte Egon es geschafft, sich hinter das schwere Möbelstück zu verdrücken, und sie hatte ihren Vater rufen müssen, damit er ihr half, das Möbelstück wegzurücken. „Jonas!“, rief sie über die Schulter, „achte darauf, dass alle Türen zu sind.“ Sie wollte nicht jedes Zimmer im Haus durchsuchen müssen, zumal Egon ausgezeichnet klettern konnte. Wenn er nach draußen entwischte, würden sie ihn wahrscheinlich nie wiederbekommen.
    Sanna hörte Aufruhr im Flur und dachte sich, dass Jonas sicher seine Schwester zu Hilfe geholt hatte. Die Vordertür schloss sich, und Sanna rief noch lauter: „Geh nicht raus, sonst läuft er weg!“ Sie lag gerade auf dem Fußboden und versuchte, hinter den Sekretär zu spähen, als sie hörte, dass jemand, Anna-Maria oder Jonas, ins Zimmer kam. „Hier ist keine Spur von Egon“, sagte sie. Sie ging wieder auf alle viere und fragte, ohne sich umzudrehen: „Ist er irgendwo draußen?“

 
 
    „Ich habe gehört, dass man ihn letzte Woche in München gesehen haben will.“ In Johannes Stimme schwang ein Lachen mit. Sanna fuhr herum, und er streckte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
    „Du bist da.“ Sie versuchte, das verräterische Erröten zu unterdrücken. Es gab absolut nichts, dessen sie sich schämen müsste. Es war Erklärung genug, warum sie auf Händen und Füßen vor ihm lag, dass sie nach Egon suchen musste. Falls Johannes jemals aufhören sollte, so dämlich zu grinsen, würde sie ihm das sagen.
    „Ja, ich bin da“, bestätigte er, „und Egon nicht.“ Er erstickte fast vor Lachen.
    Sanna warf noch einen letzten Blick durch den Raum. „Du hast recht, Egon ist nicht hier drin.“
    „Jonas hat mich rein gelassen, und dann ist er davon gestürmt. Es sah so aus, als würde er jemanden suchen.“
    „Wirklich? Ich kann mir nicht vorstellen, wer das sein sollte.“ Sie führte Johannes zurück in den Flur. Hier gab es keinen Ort, wo Egon sich verstecken könnte. Das Sofa war modisch und elegant. Sie sah, dass ein Stapel Bücher und Kataloge darauf lag. Die Hutablage und der große Spiegel waren mit ein paar Kleinigkeiten verziert, die sie vom Flohmarkt geholt hatte. Nur zwei Pflanzen, die die Sonne nicht vertrugen, waren im Flur geblieben. Egon liebte den Flur im Winter, wenn überall die großen Pflanzen standen. Wenn Sanna die Topfpflanzen hereinholte, sah es hier jedes Mal wie im Dschungel aus, für Egon war es wahrscheinlich der tropische Regenwald in

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