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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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sofort die Verbindung zu VIXAL her. Doch als er den Blick vom Bildschirm abwandte und die flackernden Lämpchen der Prozessoren sah, als er das phänomenale Volumen und die Geschwindigkeit, mit der die Orders abgewickelt wurden, fast physisch spürte, als er sich an die gewaltige ungesicherte Wette auf den Zusammenbruch des Marktes erinnerte, da wusste er, was der Algorithmus tat.
    Er suchte auf dem Steuerpult nach den Fernbedienungen für die Fernsehschirme. Die Finanzkanäle flackerten alle gleichzeitig auf. Sie zeigten Live-Bilder von Demonstranten und Polizisten, die sich auf einem im Halbdunkel liegenden Platz in einer großen Stadt prügelten. Müllhaufen brannten, Explosionen im Off untermalten die Stimmen der Kommentatoren. Der durchs Bild laufende Text auf CNBC lautete: Eilmeldung – nach Verabschiedung des Sparprogramms Massendemonstrationen in Athen.
    Die weibliche Moderatorenstimme sagte: »Die Polizei geht mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor …«
    Der Ticker am unteren Bildrand zeigte, dass der Dow auf 260 Punkte gefallen war.
    Die Prozessoren arbeiteten unerbittlich weiter. Hoffmann machte sich auf den Rückweg zur Ladezone.

    Zur gleichen Zeit raste eine Kolonne aus acht Streifenwagen der Genfer Polizei über die verlassene Route de Clerval. Entlang dem hohen Schutzzaun kamen die Wagen schlitternd zum Stehen. Die Türen flogen auf. Leclerc saß mit Quarry im ersten, Genoud im zweiten und Gabrielle im sechsten Wagen.
    Als Leclerc aus dem Fond des Wagens stieg, war sein erster Gedanke: Das war eine Festung – der hohe, massive Stahlzaun, der Stacheldraht, die Überwachungskameras, das Niemandsland des Parkplatzes und dann die blanken Stahlwände des Gebäudes selbst, das wie ein silbrig glänzendes Burgverlies in der Dämmerung aufragte. Es war mindestens fünfzehn Meter hoch. Hinter Leclerc stiegen bewaffnete Polizisten aus den Streifenwagen. Einige trugen kugelsichere Westen und Sturmschilde, sie standen unter Adrenalin und waren einsatzbereit. Wenn er nicht sehr vorsichtig war, dachte Leclerc, dann könnte die Aktion übel ausgehen.
    »Er ist unbewaffnet«, sagte er, während er mit einem Walkie-Talkie in der Hand die Männer passierte, die in Stellung gingen. »Vergesst das nicht, er trägt keine Waffe.«
    »Hundert Liter Benzin«, sagte einer der Gendarmen. »Ist das keine Waffe?«
    »Nein«, sagte Leclerc. »Ihr vier postiert euch auf der Rückseite des Grundstücks. Keiner geht rein, bevor ich nicht den Befehl dazu gebe. Und keiner schießt, ist das klar?«
    Leclerc ging zu dem Wagen, in dem Gabrielle saß. Die Tür stand offen. Sie saß auf dem Rücksitz und stand sichtlich unter Schock. Dabei ging es jetzt erst richtig los, dachte Leclerc. Während sie durch Genf gerast waren, hatte er weiter die Gespräche auf dem Laptop des toten Deutschen gelesen. Er versuchte, sich ihre Reaktion vorzustellen, wenn sie erfuhr, dass Hoffmann den Mann, der in ihr Haus eingebrochen war, erst dazu aufgefordert hatte. »Madame Hoffmann«, sagte er. »Ich weiß, das ist eine Qual für Sie, aber dürfte ich Sie bitten …« Er hielt ihr die Hand hin. Sie schaute ihn einen Augenblick lang ausdruckslos an. Dann nahm sie seine Hand und umklammerte sie so fest, als sollte er ihr nicht aus dem Wagen helfen, sondern sie aus einem Ozean ziehen, der sie zu verschlucken drohte.
    Die kühle Abendluft schien sie aus ihrer Trance zu reißen, denn beim Anblick der versammelten Staatsmacht blinzelte sie verwundert mit den Augen. »Ist das alles nur wegen Alex?«, sagte sie.
    »Tut mir leid. Aber in solchen Fällen sind wir an gewisse Vorgaben gebunden. Sorgen wir einfach dafür, dass alles friedlich ausgeht. Wollen Sie mir dabei helfen?«
    »Ja, natürlich, was Sie wollen …«
    Er führte sie nach vorn, dorthin, wo Quarry und Genoud standen. Der Chef der Sicherheitsfirma ging förmlich in Habtachtstellung, als Leclerc sich ihnen näherte. Was für eine Ratte, dachte Leclerc. Trotzdem bemühte er sich um einen höflichen Ton. Das war einfach seine Art.
    »Maurice«, sagte er. »Ich nehme an, Sie kennen sich hier aus. Also erzählen Sie mal.«
    »Drei Stockwerke, unterteilt durch Holztrennwände.« Genouds Beflissenheit war fast zum Lachen. Am Morgen hatte er noch abgestritten, dass er Hoffmann überhaupt kannte. »Zwischenböden, Zwischendecken. Modulare Struktur, jedes Modul vollgestopft mit Computerausrüstung, außer im zentralen Kontrollbereich. Als ich das letzte Mal drin war, war es knapp halb voll.«
    »Die

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