Angst
noch selten vor. Die Bestellungen kommen alle per E-Mail.«
Hoffmann klemmte das Telefon zwischen Schulter und Kinn. Er tippte auf die Tastatur, holte sein E-Mail-Fach auf den Bildschirm und scrollte dann durch den Postausgang. »Wann soll ich Ihnen die E-Mail geschickt haben?«
»Am dritten Mai.«
»Tja, ich habe jetzt die E-Mails vom Dritten vor mir, und ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihnen an diesem Tag keine E-Mail geschickt habe. Wie lautet die Adresse auf der Bestellung?«
»A Punkt Hoffmann c /o Hoffmann Investment Technologies Punkt com.«
»Ja, das ist meine Adresse. Aber ich habe hier keine Nachricht an einen Buchhändler.«
»Vielleicht haben Sie sie von einem anderen Computer geschickt?«
»Nein, das habe ich bestimmt nicht.« Noch während er das aussprach, spürte er, wie das Selbstvertrauen aus seiner Stimme schwand. Ihm wurde fast übel vor Panik, so als täte sich vor ihm ein Abgrund auf. Die Radiologin hatte Demenz als eine mögliche Erklärung für die weißen Pünktchen auf seiner Kopf- CT genannt. Vielleicht hatte er die Nachricht von seinem Mobiltelefon, seinem Laptop oder seinem Computer zu Hause verschickt und es einfach vergessen. Aber selbst wenn, so musste es doch irgendeinen Beleg dafür geben. »Was genau stand in der Nachricht, die ich Ihnen geschickt habe?«, fragte er. »Würden Sie sie mir bitte vorlesen?«
»Es gab keine Nachricht. Das läuft automatisch ab. Der Kunde klickt auf den Titel in unserem Online-Katalog und füllt ein elektronisches Bestellformular aus – Name, Adresse, Zahlungsweise.« Sie musste die Unsicherheit in seiner Stimme gespürt haben und begann sich zu sorgen. »Ich hoffe, Sie möchten die Bestellung nicht stornieren.«
»Nein, nein, ich will nur Klarheit haben. Sie sagen, ich habe per Banküberweisung bezahlt. Wie lautet die Nummer des Kontos, von dem das Geld kam?«
»Diese Information darf ich Ihnen nicht geben.«
Hoffmann nahm all seine Kraft zusammen. »Jetzt hören Sie mal gut zu. Ich bin ganz offensichtlich das Opfer eines Betrugs geworden. Das ist Identitätsdiebstahl. Sollten Sie mir nicht auf der Stelle die Kontonummer nennen, damit ich herausfinden kann, was zum Teufel hier vorgeht, dann werde ich die Bestellung stornieren und die ganze gottverdammte Geschichte der Polizei und meinen Anwälten übergeben.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Schließlich sagte die Frau kühl: »Ich darf diese Informa tion per Telefon nicht weitergeben, aber ich kann die Num mer an die auf der Bestellung angegebene E-Mail-Adresse schicken. Das kann ich sofort erledigen. Sind Sie damit einverstanden?«
»Ja, einverstanden. Danke.«
Hoffmann legte auf und atmete tief durch. Er stützte die Ellbogen auf die Tischplatte, legte die Fingerspitzen an die Schläfen und starrte auf seinen Monitor. Die Zeit kam ihm ewig vor, aber tatsächlich dauerte es nur zwanzig Sekunden, bis ihm sein Postfach den Eingang einer neuen Nachricht meldete. Er öffnete sie. Sie kam von dem Buchladen. Sie enthielt keine Grußformel, nur eine einzige Zeile aus zwanzig Ziffern und Buchstaben und den Namen des Kontoinhabers: A . J. Hoffmann. Er starrte auf den Namen, drückte dann auf einen Knopf der Sprechanlage und sagte zu seiner Sekretärin: »Marie-Claude, könnten Sie mir bitte eine Liste meiner privaten Bankverbindungen rübermailen. Sofort, bitte.«
»Natürlich.«
»Ach, noch was. Sie bewahren doch die Sicherheits codes für mein Haus auf, oder?«
»Ja, Doktor Hoffmann.« Marie-Claude Durade war eine forsche Schweizerin Mitte fünfzig und arbeitete seit fünf Jahren für Hoffmann. Sie war die einzige Person im ganzen Gebäude, die ihn nicht mit seinem Vornamen ansprach. Er hielt es für undenkbar, dass sie in irgendwelche illegalen Aktivitäten verwickelt sein konnte.
»Wo bewahren Sie die auf?«
»In Ihrer privaten Datei auf meinem Computer.«
»Hat schon mal irgendwer nach den Codes gefragt?«
»Nein.«
»Und Sie haben auch nie mit jemandem darüber gesprochen?«
»Natürlich nicht.«
»Auch nicht mit Ihrem Mann?«
»Mein Mann ist im letzten Jahr gestorben.«
»O ja, natürlich. Entschuldigen Sie bitte. Die Sache ist die: Letzte Nacht ist bei mir eingebrochen worden. Möglich, dass die Polizei ein paar Fragen an Sie hat. Nur damit Sie Bescheid wissen.«
»Ja, Doktor Hoffmann.«
Während er darauf wartete, dass sie ihm die Einzelheiten der Konten auf seinen Bildschirm schickte, blätterte er in seinem Darwin. Er schaute im Register unter
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